AERB 87 §§ 1 Nr.1a, 2a, 2, 5 Nr. 2b
Leitsatz
Wird bei Abschluss einer Einbruchdiebstahl-Versicherung (nur) vereinbart "Rollläden mit Hochschiebesicherung", so verlangt das keine vollständige, ein Einbrechen zuverlässig ausschließende Sicherung; Zweifel gehen zu Lasten des Versicherers.
OLG Hamm, Urt. v. 10.6.2009 – 20 U 173/08
Aus den Gründen
Aus den Gründen:„ … Das LG hat dem Kläger die geltend gemachte Versicherungsleistung zu Recht in Höhe von 9.900 EUR nebst Zinsen zugesprochen.
1. Die Anspruchsgrundlage ergibt sich aus §§ 1 Abs. 1 S. 1; 49 VVG (a.F. gem. Art. 1 Abs. 2 EGVVG) i.V.m. §§ 1 Nr. 1a und 2a; 2; 5 Nr. 2b AERB 87 i.V.m. der Pauschaldeklaration zur Feuer-, Einbruch-, Leitungswasser-, Sturm-Versicherung zum Versicherungsschein vom 2.9.2004 (Anlage zur Klage).
2. Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass der Kläger als Versicherungsnehmer die Voraussetzungen des Versicherungsfalles bewiesen hat, Auf die entsprechenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige R hat die dortigen technischen Erklärungen betreffend das Hochschieben des Rollladens und das anschließende Aufhebeln bzw. öffnen des Bürofensters im Senatstermin ein weiteres Mal absolut plausibel und nachvollziehbar erläutert.
3. Das (erstmals) in der Berufungsbegründung von der Beklagten vorgetragene Argument, dass bei diesem Sachverhalt die aufgeschraubten Leisten das Hochschieben des Rollladens nicht verhindert hätten und daher der Kläger eine geeignete und zudem vertraglich geschuldete Hochschiebesicherung an dem Rollladen des Bürofensters nicht installiert habe, überzeugt den Senat nicht. Die Beklagte vermag sich daher nicht auf Leistungsfreiheit wegen der Verletzung einer Obliegenheit zu berufen. Eine Obliegenheitsverletzung auf Seiten des Klägers liegt nicht vor, jedenfalls wäre diese nicht verschuldet:
Zunächst gehen Unklarheiten in der Fassung der Versicherungsbedingungen, die auch durch Auslegung nicht zu beheben sind, nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers. Insbesondere müssen Klauseln, die dem Versicherungsnehmer besondere auf die Verminderung der Gefahr oder Verhütung einer Gefahrerhöhung gerichteten Obliegenheiten auferlegen, das danach Gebotene deutlich erkennen lassen (vgl. BGH VersR 1985, 979). Dies ist hier nicht der Fall gewesen. Durch die Formulierung “Rollläden mit Hochschiebesicherung’ ist nicht erläutert worden, wie die Sicherung beschaffen sein und funktionieren sollte.
Hatte die Beklagte bei der Formulierung der hier in Rede stehenden Klauseln eine andere oder jedenfalls effizientere Sicherung ins Auge gefasst, hätte sie diese dem Kläger präzise aufgeben oder nach Abschluss des Versicherungsvertrages die angebrachte Sicherung überprüfen lassen müssen.
Des Weiteren stellen die am Rollladen des Bürofensters angebrachten Leisten, Kanthölzer oder Dachlatten eine deutliche Erschwernis gegen ein Einsteigen von außen durch das Bürofenster dar. Der so gesicherte Rouladen lässt sich von außen nämlich nur so weit hochschieben, bis die Hölzer an den Deckel des Rollladenkastens stoßen. Dies sind nur ca. 30 cm, womit ein Hochschieben des Rollladens und ein gänzlich uneingeschränkter Zugriff auf das so gesicherte Bürofenster jedenfalls weitgehend verhindert wird.
Eine unüberwindbare Sicherung durfte die Beklagte – unabhängig von der nicht eindeutigen Vertragsklausel – nicht erwarten, da anderenfalls kein Risiko mehr vorgelegen hätte, gegen welche sich der Kläger noch hätte versichern müssen.
Jedenfalls durfte der Kläger davon ausgehen, dass die hier vorhandene Hochschiebesicherung ausreichend und vertragsgemäß war. Der von der Beklagten beauftragte Sachverständige F ist in seinem Gutachten davon ausgegangen, dass der vor dem Bürofenster befindliche Rouladen wegen der innen aufgeschraubten Leisten nur maximal eine Handbreit angehoben werden könne. Damit wäre der Rollladen des Bürofensters gegen ein Hochschieben nahezu perfekt gesichert gewesen. Davon durfte der Kläger bei der Prüfung seiner Obliegenheiten auch ausgehen, da er nicht mehr Sachverstand aufbringen musste, als der Parteigutachter der Beklagten. Der Kläger verletzte daher seine diesbezügliche Obliegenheit jedenfalls nicht schuldhaft.“