StPO § 81a
Leitsatz
Es führt zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn Polizeibeamten die generelle Befugnis erteilt worden ist, bei der Entnahme von Blutproben gem. § 81a StPo auf die Einschaltung eines Richters zu verzichten.
(Leitsatz des Gerichts)
OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.10.2009 – 2 SsBs 149/09
Sachverhalt
Das AG hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit gem. §§ 24 StVG, 24 a Abs. 2 und 3 StVO zu einer Geldbuße von 250 EUR und einem Fahrverbot für die Dauer von einem Monat verurteilt.
Das AG hat folgende Feststellungen getroffen:
Der Betroffene fuhr am 19.4.2008 gegen 16.50 Uhr mit einem Pkw. Zu dieser Zeit stand er unter der Wirkung von Cannabinoiden. Nachdem der Betroffene wegen einer allgemeinen Verkehrskontrolle angehalten worden war, stellte der Polizeibeamte G fest, dass der Betroffene wässerige Augen hatte. Der Betroffene räumte – ohne zuvor belehrt worden zu sein – ein, am Vortrage Cannabis konsumiert zu haben. Dem Betroffenen wurde angeboten einen Drogentest auf der Wache durchzuführen. Damit war er einverstanden. Auf der Wache wurde er ordnungsgemäß belehrt. Er räumte ein, täglich Cannabis zu konsumieren. Der durchgeführte Drogenvortest verlief positiv. Daraufhin ordnete der Zeuge G ohne Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft und ohne richterliche Anordnung die Entnahme einer Blutprobe an. Auf die Einholung eines richterlichen Beschlusses verzichtete er, da ihm mitgeteilt worden war, dass der Präsident des AG Osnabrück am 2.4.2008 bekanntgegeben habe, dass bei der Anordnung von Blutproben immer Gefahr im Verzuge bestehe und eine richterliche Anordnung nicht mehr erforderlich sei. Er hatte von dem Leiter der Polizeiinspektion eine Mail nachfolgenden Inhalts erhalten:
„Liebe Kollegen, der Präsident des AG Osnabrück hat in einem Telefongespräch mit dem Polizeipräsidenten der PD am 2.4.2008 eindringlich darauf hingewiesen, dass nach Rechtsauffassung des AG bei der Anordnung von Blutproben immer Gefahr im Verzuge vorliegt und somit eine richterliche Anordnung gem. § 81a StPO nicht mehr erforderlich ist. Somit sind die Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten unter Beachtung der entsprechenden Rechtsvorschriften immer zur Anordnung einer Blutprobe ermächtigt. Dieses gilt am Tage und in der Nacht sowie werktags und an Sonn- und Feiertagen.
Der PP hat in diesem Zusammenhang sowohl auf die bestehende Rechtsauffassung im Lande Niedersachsen (MI und MJ) als auch auf die Verfügungslage der PD hingewiesen, welche ebenfalls bei einschlägigen Sachverhalten immer das Vorliegen von Gefahr im Verzuge bejaht.“
Die entnommene Blutprobe ergab nach dem Befund der Laborarztpraxis nach der Methodik GC/MS F einen THC Wert i.S.v. 6,5 ng/ml. Die mit derselben Messmethodik festgestellte THCCarbonsäure i.S. ergab 150 ng/ml und der Nachweis 11HydroxyThC i.S. betrug 2,3. Der Betroffene hätte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen können und müssen, dass er möglicherweise unter Einfluss berauschender Mittel fuhr, da er nach eigenen Angaben gegenüber dem Polizeibeamten G regelmäßig täglich 1 Köpfchen konsumierte.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hebt das OLG das Urteil des AG auf, spricht den Betroffenen frei und spricht aus, dass die Kosten des Verfahrens sowie die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen die Landeskasse zu tragen hat.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „… Die dem Betroffenen entnommene Blutprobe und das daraus resultierende Gutachten vom 29.4.2008 waren nicht verwertbar.
Die durch den Zeugen G angeordnete Blutentnahme nach § 81a StPO war wegen Verstoßes gegen den Richtervorbehalt rechtswidrig. Dies hatte das AG Osnabrück bereits mit Beschl. v. 1.9.2008 festgestellt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist beim LG Osnabrück ohne Erfolg geblieben.
Der Zeuge G hatte die Blutprobe angeordnet, ohne auch nur versucht zu haben, einen richterlichen Beschluss zu erwirken. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge G im konkreten Fall Gefahr im Verzug angenommen hat, oder davon ausgegangen wäre, dass eine richterliche Entscheidung nicht herbeigeführt werden könne, liegen nach den Feststellungen des AG, die hierzu nichts enthalten, nicht vor. Der Zeuge hatte sich vielmehr auf die o.g. Mitteilung seiner vorgesetzten Dienststelle verlassen. Dieser Verfahrensverstoß führt vorliegend auch zu einem Beweisverwertungsverbot, also zur Unverwertbarkeit des Ergebnisses der Blutuntersuchung.
Zwar führt nicht jeder Verstoß gegen eine Beweiserhebungsvorschrift zu einem Verwertungsverbot. Vielmehr ist diese Frage jeweils nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Verbotes und des Gewichtes des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Dabei bedeutet ein Beweiserhebungsverbot eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind, die nur auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründe...