BGB § 315 Abs. 3; AVBGasV § 4
Leitsatz
Eine Beweiserhebung (hier: durch Zeugenvernehmung) ist nicht deshalb entbehrlich, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen durch ein Privatgutachten belegt sind, dessen Richtigkeit der Gegner bestreitet, ohne die Unzulänglichkeit des Gutachtens substantiiert darzulegen.
BGH, Urt. v. 8.7.2009 – VIII ZR 314/07
Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Gaspreiserhöhungen, die von der Beklagten einseitig vorgenommen wurden. Die in D wohnenden Kläger bezogen als Tarifkunden Erdgas von der Beklagten, einem kommunalen Versorgungsunternehmen, das zum Zeitpunkt der streitigen Preiserhöhungen als einziges Unternehmen Privathaushalten im Stadtgebiet D die leitungsgebundene Lieferung von Erdgas anbot.
Die Beklagte erhöhte den Arbeitspreis für Erdgas im Heizgastarif zum 1.10.2004 von 3,18 Cent/kWh auf 3,58 Cent/kWh, zum 1.10.2005 auf 4,16 Cent/kWh und zum 1.1.2006 auf 4,52 Cent/kWh (jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer). Die Kläger widersprachen der Preiserhöhung.
Mit ihrer Klage haben die Kläger die Feststellung begehrt, dass die von der Beklagten im dem zwischen den Parteien geschlossenen Gaslieferungsvertrag zum 1.10.2004, 1.10.2005 und 1.1.2006 vorgenommenen Erhöhungen des Arbeitspreises Erdgas unbillig und unwirksam seien. Die Beklagte hat Klageabweisung, hilfsweise die Bestimmung des zwischen den Parteien geltenden Arbeitspreises Erdgas zum 1.10.2004 und 1.10.2005 beantragt. Das AG hat der Klage stattgegeben und ausgeführt, mangels Darlegung der Preiskalkulation der Beklagten könne es auch deren Hilfsantrag nicht entsprechen. Auf die vom AG zugelassene Berufung der Beklagten hat das LG die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: [4] „Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[5] I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
[6] Das Feststellungsbegehren der Kläger sei zulässig, aber unbegründet. Die von der Beklagten festgesetzten Gaspreise unterlägen in – zumindest entsprechender – Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB der gerichtlichen Billigkeitskontrolle, die stattfinde, wenn einer Vertragspartei ein Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt sei; ein solches Leistungsbestimmungsrecht ergebe sich aus § 4 AVBGasV. Die streitigen Preiserhöhungen hätten noch unter den in den fraglichen Zeiträumen liegenden Bezugskostensteigerungen gelegen und hätten sich im Preisvergleich mit anderen Gasversorgern im Bundesgebiet als durchaus marktüblich erwiesen, sodass die erfolgten Erhöhungen im Entscheidungsrahmen der Beklagten noch den Billigkeitsgrundsätzen des § 315 Abs. 3 BGB entsprochen hätten.
[7] Im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 315 Abs. 3 BGB sei anerkannt, dass jedenfalls die Weitergabe von gestiegenen Bezugskosten an die Tarifkunden im Grundsatz der Billigkeit entspreche. Vorliegend habe die Beklagte zu den Bezugskostensteigerungen, die den Preiserhöhungen zum 1.10.2004, 1.10.2005 und 1.1.2006 zu Grunde lägen, dezidiert vorgetragen und ihre Bezugskostensteigerungen durch Vorlage eines entsprechenden Wirtschaftsprüfungsberichts unabhängiger Wirtschaftsprüfer nachgewiesen. Die Bescheinigung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über die Preisentwicklung in der Zeit vom 1.1.2004 bis 1.10.2007 vermöge durchaus darzulegen und zu beweisen, dass eine entsprechende Bezugskostensteigerung stattgefunden habe. Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen habe klargestellt, auf der Basis welcher vorgelegten Verträge, insbesondere der Erdgaslieferverträge, und Buchungsbelege die Prüfung erfolgt sei. Warum diese Unterlagen nicht aussagekräftig sein sollten beziehungsweise welche weiteren Unterlagen sie für erforderlich gehalten hätten, sei von den Klägern nicht substantiiert dargelegt worden. Das pauschale Bestreiten der ermittelten Ergebnisse sei in diesem Zusammenhang daher nicht beachtlich. Es bestehe keine Verpflichtung der Beklagten, ihre gesamten betriebswirtschaftlichen Unterlagen, insbesondere die Kalkulation des Gesamtpreises, offen zu legen.
[8] Aus den vorgelegten Preisvergleichen zum 1.1.2005, 1.1.2006 und 1.1.2007 ergebe sich für die Beklagte, dass sie im Vergleich zwischen rund 600 Gasversorgungsunternehmen im Bundesgebiet mit dem für sie ermittelten Gaspreisindex jeweils auch im Landesdurchschnitt im Mittelfeld der Anbieter angesiedelt sei. Insoweit habe die Beklagte durch die Vorlage dieser unbestrittenen Preisvergleiche zudem nachgewiesen, dass ihr Preis als marktüblich anzusehen sei. Damit entspreche der von der Beklagten verlangte Gaspreis dem regelmäßig für vergleichbare Leistungen auf dem Markt verlangten Entgelt. Die verlangten Preiserhöhungen lägen also im Rahmen des Marktüblichen. Auch unter diesem Gesichtspunkt bewege sich die Beklagte mit den von ihr verlangten Erhöhungen im Rahmen des ihr durch § 315 BGB eingeräumten Entscheidungsspielraumes.
[9] Auch d...