ARB 2000 § 2 ff. § 3 (3)f
Leitsatz
In Ausschlusstatbeständen verwendete Begriffe sind ungeachtet späterer gesetzgeberischer Änderungen so auszulegen, wie sie zur Zeit des Vertragsabschlusses von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer verstanden wurden.
(Leitsatz der Schriftleitung)
BGH, Beschl. v. 24.6.2009 – IV ZR 110/07
Sachverhalt
Der Kläger begehrt Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung, die er seit Mai 2004 bei der Beklagten hält. Nach § 2f der dem Vertragsverhältnis zu Grunde liegenden ARB 2000 umfasst der Versicherungsschutz "Sozialgerichts-Rechtsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen vor deutschen Sozialgerichten". Der Kläger führte vor dem Sozialgericht einen Prozess wegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Erstattung der hierfür angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 379,09 EUR verweigert die Beklagte unter Berufung auf § 3 (3)f ARB 2000. Danach besteht Rechtsschutz nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen "in Verfahren aus dem Bereich des Asyl-, Ausländer- und Sozialhilferechts".
Aus den Gründen
Aus den Gründen: [5] „… Das Berufungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
[6] a) Es hat, ohne dies allerdings auszuführen, den von dem Kläger vor dem Sozialgericht geführten Prozess wegen Leistungen nach dem SGB II zutreffend dem Sozialgerichts-Rechtsschutz nach § 2f ARB 2000 zugeordnet. Dem steht nicht entgegen, dass das SGB II nach Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrages am 1.1.2005 in Kraft trat und erst seitdem die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gem. § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG über Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeit Suchende zu entscheiden haben. … Die Klausel des § 2f ARB 2000 ist so zu verstehen, dass auch erst nach Beginn des Versicherungsverhältnisses den Sozialgerichten zugewiesene Streitigkeiten grundsätzlich vom Versicherungsschutz umfasst sein sollen.
[7] aa) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGHZ 153, 182, 185 f.; 123, 83, 85, jeweils m.w.N.).
[8] bb) Ein verständiger Versicherungsnehmer geht vom Wortlaut der Klausel aus. Die Formulierung “Sozialgerichts-Rechtsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen vor deutschen Sozialgerichten’ versteht er so, dass ihm die Beklagte Versicherungsschutz grundsätzlich für alle in die Zuständigkeit der Sozialgerichte fallenden Streitigkeiten gewährt, sofern sie nicht ausdrücklich ausgenommen sind. Dabei stellt er nicht darauf ab, ob die Sozialgerichte für Streitigkeiten der in Rede stehenden Art schon bei Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrages zuständig waren. Eine derartige Einschränkung ist dem Versicherungsnehmer nicht erkennbar und wird im Übrigen von der Beklagten selbst nicht geltend gemacht. Der Versicherungsnehmer darf daher annehmen, dass es darauf ankommt, ob der Rechtsweg zu den Sozialgerichten bei Prozessbeginn eröffnet ist.
[9] b) Entgegen der Ansicht der Revision greift der Leistungsausschluss in § 3 (3)f ARB 2000 zu Gunsten der Beklagten nicht ein. Denn für den Kläger war bei Abschluss des Versicherungsvertrages nicht erkennbar, dass ein sozialgerichtlicher Prozess, wie der später von ihm geführte, vom Versicherungsschutz nicht umfasst sein sollte.
[10] aa) Risikoausschlussklauseln sind eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht (BGHZ 153, 182, 187 f. … ). Mit Rücksicht darauf ist jedenfalls bei der Auslegung von Risikoausschlussklauseln auf die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen.
[11] bb) Ausgehend davon kommt es hier nicht darauf an, ob – wie die Revision meint – Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II im weiteren Sinne dem von dem Ausschlusstatbestand in § 3 (3)f ARB 2000 erfassten Sozialhilferecht zuzurechnen sind. Da der Kläger den Rechtsschutzversicherungsvertrag mit der Beklagten im Jahre 2004 abschloss, ist maßgeblich, wie der Begriff des “Sozialhilferechts’ zu diesem Zeitpunkt von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer verstanden wurde. Seinerzeit galten noch das Arbeitsförderungsgesetz und das Bundessozialhilfegesetz. Letzteres beinhaltete aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers das Sozialhilferecht, das jedenfalls im engeren Sinne seit dem 1.1.2005 in dem mit “Sozialhilfe’ überschriebenen SGB XII geregelt ist. Dass auch die in dem am 1.1.2005 in Kraft getretenen SGB II geregelte Grundsicherung für Arbeit Suchende als S...