StPO § 81a Abs. 2
Leitsatz
Grundsätzliche Ausführungen zur Verletzung des Richtervorbehaltes für die Anordnung der Entnahme der Blutprobe.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Frankfurt am Main, Beschl. v. 15.9.2009 – 5/9a Qs 67/09
Sachverhalt
Dem polizeilichen Ermittlungsergebnis zufolge wurde der Beschuldigte am 24.7.2009 um 00.30 Uhr durch eine Polizeistreife, nachdem er mit dem auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeug vor dem Polizeifahrzeug die B. Landstraße in Frankfurt am Main in westliche Richtung befahren hatte – offensichtlich verdachtsunabhängig – kontrolliert.
Die Wahrnehmungen der Polizeibeamten ergaben auf Grund eines laut Akte festgestellten starken Alkoholgeruches einen Verdacht auf einen Verstoß gegen § 316 StGB wegen Trunkenheit.
Aus diesem Grunde ordneten die eingesetzten Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft ohne sonstige vorherige weitere Maßnahmen oder Veranlassungen die Entnahme einer Blutprobe an, da ein vorheriger freiwilliger Atemalkoholtest (AAK) des Beschuldigten um 0.35 Uhr einen Wert von 1,15 ‰ ergeben hatte.
Der Führerschein des Beschuldigten wurde sichergestellt.
Gegen die auf Grund dieses Ermittlungsergebnisses nachfolgende vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis durch Beschluss des AG Frankfurt am Main vom 28.8.2009 auf Grund des nachträglich durch Gutachten des Zentrums der Rechtsmedizin vom 27.7.2009 ermittelten Entnahmewertes von 1,19 ‰ richtet sich die Beschwerde des Beschuldigten durch anwaltlichen Schriftsatz vom 1.9.2009.
Das LG weist die Beschwerde als unbegründet zurück.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „Die Begründung der Beschwerde stützt sich auf eine Verletzung des Richtervorbehaltes gem. § 81a II StPO für die Anordnung der Entnahme der Blutprobe.
Vor diesem Hintergrund sieht sich die mit Beschwerden gegen Beschlüsse gem. § 111a StPO im Landgerichtsbezirk Frankfurt am Main allein befasste 9. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zu folgenden grundsätzlichen Ausführungen veranlasst, die über den vorliegenden Einzelfall hinausgehen:
Die Anordnung der Entnahme einer Blutprobe gern. § 81a Abs. 1 S. 2 StPO steht laut gesetzlicher Regelung gem. § 81a Abs. 2 StPO primär dem Richter (sog. Anordnungskompetenz) und – nur bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung – auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen (§ 152 GVG) (sog. Eilkompetenz) zu.
Auf Grund einer höchstrichterlichen Entscheidung der 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG vom 10.12.2003 (hier zu einer Durchsuchung, vgl. BVerfG in NJW 2004, 1442), begegnet das Fehlen eines richterlichen Bereitschaftsdienstes zur Nachtzeit grundlegend keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Allerdings folge aus der Regelzuständigkeit des Richters gem. Art. 13 II Halbs. 1 GG die verfassungsrechtliche Verpflichtung, die Erreichbarkeit eines Ermittlungsrichters gegebenenfalls auch durch die Einrichtung eines Eil- oder Notdienstes zu sichern (unter Hinweis auf BVerfGE 103, 142 (146).
Aus diesem Grunde – so die Entscheidungsgründe, a.a.O., weiter – sei ein nächtlicher Bereitschaftsdienst von Verfassung wegen erst dann gefordert, wenn hierfür ein praktischer Bedarf bestehe, der über den Ausnahmefall hinausgehe, wobei bei Tage die Regelzuständigkeit des Ermittlungsrichters allerdings gewährleistet sein müsse.
In einer weiteren Entscheidung aus dem Jahre 2007 wurde darauf hingewiesen, dass auf Grund des Richtervorbehaltes des § 81a StPO die Strafverfolgungsbehörden regelmäßig versuchen müssen, eine Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen, bevor sie selbst eine Blutentnahme anordnen (BVerfG NJW 2007, 1345 (1346).
Ein auf dieser höchstrichterlichen Entscheidung beruhendes Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm vom 18.8.2009, Az. 3 Ss 293/08 [= NJW 2009, 3109], führt auf Grund einer in Porta Westfalica polizeilich ohne richterliche Anordnung durchgeführten nächtlichen Wohnungsdurchsuchung nach entsprechenden Recherchen im Gerichtsbezirk Bielefeld über die jährliche Häufigkeit von dem Richtervorbehalt allgemein unterliegenden polizeilichen Zwangsmaßnahmen aus, die Notwendigkeit eines umfassenden nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienstes in diesem Bezirk sei gegeben, da es sich offenbar um keine Ausnahmefälle mehr handele.
Aus diesem Grunde – so die Entscheidung weiter – beruhe das Fehlen eines 24-stündigen Bereitschaftsdienstes auf einem Organisationsverschulden der Justizverwaltung und führe zu einer Unverwertbarkeit des so gewonnenen Untersuchungsergebnisses.
Andererseits wird auch nach der oben zitierten Entscheidung des BVerfG in der Rspr. z.T. weiterhin die Auffassung vertreten, dass bei der Entnahme einer Blutprobe zum Nachweis einer Trunkenheitsfahrt die Einholung einer richterlichen Entscheidung stets entbehrlich sei, weil wegen des raschen Abbaus von Alkohol und Drogen im Körper stets eine Gefährdung des Untersuchungserfolges bestehe und damit Gefahr im Verzug vorliege (LG Hamburg, Beschl. v. 12.11.2007, 603 Qs 470/07, juris = Blutalkohol 45, 77 f.).
Dieser Rechtsansicht schließt sich die Kammer indes nicht an, sondern vertritt nachfolgende differen...