FeV § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 3; FeV Anlage 4 Nr. 9.1 und 9.2.2
1. Unmittelbar aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgt, dass es – trotz formaler Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 3 FeV – nicht zulässig ist, in den Fällen, in denen sich ein gelegentlicher Cannabiskonsument dem Verdacht der Einnahme auch harter Drogen ausgesetzt sieht, gestützt auf diese Vorschrift (sogleich) ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzufordern.
2. Begründen Tatsachen die Annahme, dass ein Betroffener "harte" Drogen einnimmt, kann gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV zur Abklärung dieses Verdachts lediglich die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens angeordnet werden.
3. Soweit der beschließende Senat es in der Vergangenheit als zulässig angesehen hat, gelegentliche Cannabiskonsumenten auch dann gem. § 14 Abs. 1 S. 4 FeV damaliger Fassung (heute: § 14 Abs. 1 S. 3 FeV) zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens aufzufordern, wenn die nach dieser Bestimmung erforderlichen weiteren, Eignungszweifel begründenden Tatsachen ausschließlich in dem Verdacht bestehen, "harte" Betäubungsmittel konsumiert zu haben (vgl. BayVGH v. 14.3.2007 – 11 CS 06.2043, juris Rn 13; v. 20.8.2007 – 11 ZB 07.1271, juris Rn 10 ff.), kann hieran nicht festgehalten werden.
4. Geht es um die Frage, ob eine Fahrerlaubnis erstmalig oder erneut erteilt werden darf, so ist es Sache des Bewerbers, seine bestehende oder wiedergewonnene Fahreignung nachzuweisen; nicht ausräumbare Zweifel gehen zu seinen Lasten. Anders verhält es sich, wenn eine Fahrerlaubnis entzogen wird: Da die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts, der in die immateriellen oder materiellen Rechte ("in Freiheit oder Eigentum") einer Person eingreift, davon abhängt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen der einschlägigen Befugnisnorm nachweislich erfüllt sind, liegt die materielle Beweislast insoweit bei der Behörde.
(Leitsätze der Schriftleitung)
BayVGH, Beschl. v. 27.9.2010 – 11 CS 10.1104
[1] Der am 18.3.1984 geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Entzugs seiner Fahrerlaubnis.
[2] 1. Im Rahmen eines gegen einen Dritten geführten betäubungsmittelrechtlichen Ermittlungsverfahrens durchsuchte die Polizei am 3.6.2009 die Wohnung des Antragstellers, da dieser an den Beschuldigten eine SMS gerichtet hatte. Hierbei wurden ein Spiegel mit Anhaftungen, die bei einem Drogenschnelltest positiv auf Kokain und Amphetamin reagierten, sowie einige Jointstummel vorgefunden. Ein beim Antragsteller damals durchgeführter freiwilliger Drogenschnelltest reagierte nach polizeilicher Darstellung positiv auf THC, Kokain und Amphetamin. In einer ihm am gleichen Tag entnommenen Blutprobe wurden 10,2 ng/ml THC-COOH, jedoch keine Opiate, kein Amphetamin, keine Amphetaminderivate und keine Kokainmetaboliten vorgefunden.
[3] Auf Verlangen des Landratsamts O. legte der Antragsteller ein am 24.11.2009 versandtes medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten vor, das der Klärung der Frage dienen sollte, ob er "trotz der Hinweise auf gelegentlichen Cannabiskonsum sowie zusätzlicher Zweifel an der Eignung (Gründe für Eignungszweifel analog Anlage 4 FeV)" ein Kraftfahrzeug der Klassen A und CE sicher führen könne, ob insb. nicht zu erwarten sei, dass er ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln oder deren Nachwirkungen führen werde (Fähigkeit zum Trennen von Konsum und Verkehrsteilnahme). Nach der Darstellung in diesem Gutachten gab der Antragsteller bei seiner Untersuchung durch die Begutachtungsstelle für Fahreignung am 16.11.2009 an, er habe noch nie andere illegale Drogen als Cannabis konsumiert. Der Cannabisgebrauch durch ihn habe etwa im Jahr 2000 begonnen; von 2001 bis Februar oder März 2009 habe er drei- bis fünfmal jährlich Cannabis-Joints geraucht. Eine Cannabiseinnahme nach diesem Zeitraum stellte er auch auf Rückfrage hin zunächst in Abrede. Nachdem ihm das Ergebnis der Analyse der am 3.6.2009 gewonnenen Blutprobe vorgehalten worden war, gab er an, von Ende 2008 bis Juni 2009 vielleicht einmal oder zweimal am Joint gezogen zu haben; "wirklich mitgeraucht" habe er nie. Auf den weiteren Vorhalt hin, dass die Angaben zu seinem Konsumverhalten angesichts des Nachweises von THC-Carbonsäure in seinem Blut wenig wahrscheinlich seien, erklärte er, anlässlich einer Geburtstagsfeier habe er "ein paar Mal mitgezogen". Andere Drogen habe er noch nie eingenommen. Den Umstand, dass der bei ihm am 3.6.2009 durchgeführte Drogenschnelltest positiv auf Kokain und Amphetamin reagiert habe, erklärte er damit, dass die Polizei bei ihm etwas habe finden wollen. Die Anhaftungen an dem Spiegel könne er sich nur so erklären, "dass jemand etwas darauf gezogen" habe. Zu seiner Einstellung gegenüber Drogen befragt, gab er an, er habe kein Problem damit, wenn jemand hin und wieder Cannabis rauche; bei härteren Drogen "habe er Abstand".
[4] Die begutachtenden Sachverständigen merkten zusammenfassend an, der Antragsteller sei bei der medizinisch-p...