Die Frage, ob der geschädigte Rechtsanwalt bei außergerichtlicher Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auch berechtigt ist, Rechtsanwaltskosten als Schadensposition geltend zu machen, ist in Literatur und Rspr. umstritten:
a) Kein Honoraranspruch bei der Selbstregulierung
Über die Fälle der einfach gelagerten Unfälle hinaus könne nur der nicht rechtskundige Geschädigte die Kosten eines Rechtsanwaltes in voller Höhe von dem Schädiger als adäquat kausalen Schaden aus einem Verkehrsunfallereignis ersetzt verlangen. Billigte man auch dem – rechtskundigen – Rechtsanwalt einen Honoraranspruch bei der Selbstregulierung seines Unfalls zu, so würde auch gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, da es eine willkürliche Ungleichbehandlung darstellte, dem Anwalt nur deshalb einen Ersatzanspruch zuzubilligen, da es für Anwälte eine Gebührenordnung gebe.
b) Erstattbarkeit des Anwaltshonorars bei Selbstvertretung
Eine andere Auffassung meint, dass die Anwaltskosten auch an einen Rechtsanwalt zu erstatten seien, der sich bei der außergerichtlichen Abwicklung eines Unfallereignisses gegenüber einem Versicherer selbst vertritt. Übernimmt ein Rechtsanwalt seine eigene Vertretung, könne er vom Ersatzpflichtigen auch die üblichen Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz verlangen. Es sei kein Grund ersichtlich, warum ein Anwalt, der seinen Schadensfall selbst bearbeitet, seine Arbeitskraft, Kenntnisse sowie seinen Bürobetrieb zugunsten des Schädigers unentgeltlich zur Verfügung stellen müsste. Die Berufstätigkeit ist kommerzialisiert. Daher könne ein Rechtsanwalt, der ihm aus einem Verkehrsunfall entstandene Schadensersatzansprüche außergerichtlich geltend macht, auch die Gebühren ersetzt verlangen, die bei einer Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt angefallen wären. Das AG Bonn führte hierzu aus: "Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger zu 2 selbst Anwalt ist. Grds. kann zwar ein Geschädigter keinen Ersatz für seine eigene Mühewaltung bei der Schadensfeststellung und -abwicklung beanspruchen, weil das zu seinem eigenen Pflichtenkreis gehört. Dieser Grundsatz gilt aber dann nicht, wenn der Geschädigte den Schaden durch seine eigene Arbeitsleistung ausgleicht. Diese Voraussetzungen würden bereits dann vorliegen, wenn der Kläger zu 2 seine Schadensersatzansprüche selbst außergerichtlich geltend gemacht hätte. Denn dadurch hätte er unter Verwendung seiner beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten geldwerte Leistungen erbracht, die er ohne das schädigende Ereignis nicht hätte zu erbringen brauchen. Damit hätte er aber eine besondere Leistung erbracht, die für die Berufstätigkeit eines Rechtsanwalts typisch gewesen wäre. Für derartige berufstypische Leistungen, die zur Schadensregulierung besonders erbracht werden, kann aber Schadensersatz gefordert werden." Diese Ansicht deckt sich mit der Rspr., wonach ein unfallgeschädigter Kraftfahrzeughalter, der sein Fahrzeug selbst repariert, Schadensersatz in Höhe der Kosten beanspruchen kann, die eine Reparaturwerkstatt für eine derartige Reparatur verlangen könnte.
c) Stellungnahme
Für die zweite Ansicht spricht die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO, der eine Regelung für Fälle vorsieht, in denen der Anwalt in eigener Sache in einem gerichtlichen Verfahren tätig wird: Hierin heißt es: "In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte". Folgte man der ersten Auffassung, verstieße dieser Paragraf gegen den Gleichheitsgrundsatz. Das aber ist offensichtlich nicht der Fall, zumal die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bislang mit Erfolg noch nicht angezweifelt wurde. Auch durch den Rechtsgedanken des § 1835 Abs. 3 BGB wird diese Ansicht unterstützt. In direkter bzw. analoger Anwendung führt diese Norm zur Vergütung von berufsbezogenen Diensten, bei einer im Grundsatz unentgeltlichen Tätigkeit.
Die erste Auffassung, die Anwaltskosten bei "einfachen Fällen" für nicht erstattbar hält, ist auf Grund der wachsenden Komplexität und unübersichtlich gewordener Rspr. zum Ansatz und zur Angemessenheit einzelner Schadenspositionen als überholt anzusehen. Angesichts der Tatsache, dass der Geschädigte bei der Schadensregulierung hoch spezialisierten Rechtsabteilungen bzw. für Versicherer tätige Spezialkanzleien gegenübersteht, gebietet es die Maxime der Waffengleichheit, dass der Geschädigte einen Rechtsanwalt mit der außergerichtlichen Geltendmachung des Schadenersatzes beauftragen und die Rechtsverfolgungskosten als adäquat kausalen Schaden ersetzt verlangen kann. Wegen der Vielzahl zu bedenkender unterschie...