Grds. kann der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall die Erstattung der Sachverständigenkosten auch zur Feststellung der Schadenshöhe verlangen (vgl. BGH NJW 1974, 34; BGH NJW-RR 1989, 953, 956; AG Nürnberg zfs 2009, 149, 150; Wortmann, zfs 1999, 1 f.).
1) Lediglich in Ausnahmefällen kann die Beauftragung eines Sachverständigen nicht erforderlicher Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 BGB sein, wenn ein anderer preiswerterer Weg zur Bestimmung der Schadenshöhe zur Verfügung steht. Das kann ein Kostenvoranschlag einer Werkstatt sein, dessen Kosten der Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung zu tragen haben (vgl. AG Mainz zfs 1998, 132; AG Traunstein zfs 1998, 111; AG Aachen DAR 1995, 295; Müller, in: Halm/Himmelreich, Fachanwalts-Handbuch Verkehrsrecht, 3. Aufl., Kapitel 6 Rn 152; vgl. auch Notthoff, DAR 1994, 417; Meinel, VersR 2005, 201). Die Kosten zur Erstellung eines Kostenvoranschlags sind notwendige Aufwendungen i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB (vgl. AG Dortmund zfs 2002, 178 f.). Für den Fall der fiktiven Abrechnung ist die Ersatzfähigkeit der Kosten eines Kostenvoranschlags umstritten (ablehnend AG Prüm zfs 1993, 337; AG Augsburg zfs 1990, 227; AG Euskirchen zfs 1983, 293; für Erstattungsfähigkeit AG Berlin-Mitte SP 2004, 281). Dass der Geschädigte bei fiktiver Abrechnung und Erstattung der Kosten des Kostenvoranschlags mehr erhält als bei durchgeführter Reparatur – bei der die Kosten des Kostenvoranschlags angerechnet werden – spricht zwar gegen die Erstattungsfähigkeit, indessen darf es nicht zum Nachteil des Geschädigten ausschlagen, dass er den Nachweis der Schadenshöhe auch bei der fiktiven Abrechnung zu führen hat (vgl. AG Berlin-Mitte a.a.O.; Müller, in: Halm/Himmelreich a.a.O., Kapitel 6 Rn 152 und 153 zur Empfehlung das Procedere mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung abzusprechen (vgl. auch Meinel, VersR 2005, 201, 204).
2) Der Geschädigte darf nur dann auf die Einholung eines Kostenvoranschlags verwiesen werden, wenn ein Bagatellschaden vorliegt.
a) Grenzziehungen
Die Grenzziehung für das Vorliegen eines Bagatellschadens ist umstritten.
Die Bagatellschadensgrenze wird zwischen 500 und 1.000 EUR angesetzt (vgl. AG Frankfurt zfs 1997, 333; AG Nürnberg zfs 1999, 517; AG Mainz zfs 2002, 74; vgl. auch die Nachweise bei Fleischmann/Hillmann/Schneider, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 2 Verkehrszivilrecht, 5. Aufl., § 7 Rn 17).
Nach einer bisher nicht umgesetzten Empfehlung des 34. Verkehrsgerichtstages 1996 soll die Bagatellschadensgrenze auf 1.500 EUR (umgerechnet) erhöht werden.
b) Offenkundigkeit des Bagatellschadens
Eine Unterschreitung der wie auch immer definierten Bagatellschadensgrenze rechtfertigt nicht die Annahme, dass mit der Beauftragung eines Sachverständigen nicht erforderlicher Schadensbehebungsaufwand betrieben worden ist. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob der Geschädigte, der über durchschnittliche Kenntnisse eines Laien bezüglich der Einschätzung der Schadenshöhe verfügt, offensichtlich einschätzen konnte, dass die Bagatellschadensgrenze bei der später durchgeführten Reparatur nicht überschritten werde (vgl. AG Mainz zfs 2002, 74; AG Nürnberg zfs 2002, 581; AG Nürnberg zfs 1999, 517; AG Bad Homburg NZV 2007, 426; AG Hadamar zfs 1998, 291). Für die Frage der Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen (vgl. BGH NJW 2005, 356 f.; AG Nürnberg zfs 2009, 149).
Gerade in den Fällen, in denen sich der Geschädigte der notwendigen Bewertung von Auffahrunfallschäden oder Schäden in der Form von Stauchungen oder Verformung des Kofferraums gegenüber sieht, er auch die Einzelheiten der Kalkulation des Schadensbehebungsaufwandes nicht einschätzen kann, wird es an der erforderlichen Evidenz eines Bagatellschadens fehlen (vgl. Anmerkung zu AG Mainz zfs 2002, 74; AG Nürnberg zfs 2002, 581; AG Rostock zfs 1999, 422). Der Geschädigte darf bei solchen Konstellationen mit dem Schlimmsten rechnen und einen Sachverständigen beauftragen, da er mit nicht erkennbaren und von ihm nicht bewertbaren Schäden rechnen muss (vgl. Müller, in: Halm/Himmelreich a.a.O. Rn 146).
c) Verweigerte Erstattung des Kostenvoranschlags
Lehnt die Werkstatt wegen eines befürchteten Haftungsrisikos die Erstattung eines Kostenvoranschlages ab, ist für den Geschädigten der Weg frei, trotz möglichen Vorliegens eines Bagatellschadens ein Gutachten einzuholen, da er ansonsten beweisfällig bliebe (vgl. AG Dortmund zfs 2002, 178).
Das Gleiche gilt bei der Ablehnung der Feststellungen des Kostenvoranschlags durch die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners (vgl. AG Nürnberg zfs 1999, 517).
RiOLG a D. Heinz Diehl, Neu-Isenburg