4. KH-Richtlinie
Leitsatz
Der Regulierungsbeauftragte einer ausländischen Versicherung ist für eine Schadensersatzklage nicht passivlegitimiert.
AG München, Urt. v. 15.6.2011 – 322 C 34652/09
Sachverhalt
Die Kl. hat die Bekl. aus einem Verkehrsunfall in Spanien aus dem Jahre 2006 auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Bekl. ist Regulierungsbeauftragte der spanischen Haftpflichtversicherung des Unfallgegners. Das AG wies die Klage wegen fehlender Passivlegitimation der Bekl. ab.
2 Aus den Gründen:
“Die Kl. hat gegen die Bekl. keinen Schadensersatzanspruch aus dem streitgegenständlichen Unfall. Die Kl. hat nicht nachgewiesen, dass die Bekl. im vorliegenden Fall tatsächlich passivlegitimiert ist. Die Bekl. hat vorgetragen, lediglich Regulierungsbeauftragte der spanischen Versicherung zu sein. Das wurde der Kl. auch bereits mit Schreiben der Bekl. … mitgeteilt. Ein solcher Regulierungsbeauftragter ist jedoch nicht passivlegitimiert für eine entsprechende Schadensersatzklage (vgl. z.B. AG Gelsenkirchen, Urt. v. 5.2.2009, 32 C 92/08). Die Kl. hat nicht zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass und ggf. warum im vorliegenden Fall die Bekl. passivlegitimiert sein sollte. Allein der Umstand, dass die Bekl. gegenüber der Kl. nach außen aufgetreten ist, führt nicht zur Passivlegitimation; dies ist für einen Regulierungsbeauftragten gerade typisch. Auch dass möglicherweise im Rahmen eines Konzerns Verbindungen zwischen der Bekl. und dem eigentlichen spanischen Kfz-VR bestehen mögen, genügt nicht, um eine Passivlegitimation der Bekl. zu begründen; maßgeblich ist, welche konkrete juristische Person im Unfallzeitpunkt VR des Unfallfahrzeugs war. Es ist nicht nachgewiesen, dass dies die Bekl. war.
Mit Verfügung v. 22.2.2011 wurde die Klägerseite auf die bislang fehlende Passivlegitimation hingewiesen. Für entsprechenden Sachvortrag und Beweisantritt wurde eine Frist von zwei Wochen gesetzt. Mit Verfügung v. 31.3.2011 wurde noch einmal eine Frist von vier Wochen für entsprechenden Sachvortrag gesetzt. Diese Verfügung wurde am 5.2.2011 zugestellt. Innerhalb der Frist ging kein Nachweis bzw. ein taugliches Beweisangebot für die Passivlegitimation der Bekl. bei Gericht ein. Die Gewährung einer längeren Frist beziehungsweise eine Verlängerung der Frist durch das Gericht war nicht veranlasst.
Die Klägerseite hätte bereits vor Einreichung der Klage ausreichend Zeit gehabt, zu prüfen, wer in einem derartigen Auslandsfall der richtige Passivlegitimierte ist, zumal die Bekl. die Kl. mit Schreiben v. 24.11.2006 bereits auf die fehlende Passivlegitimation hingewiesen hat. Zudem hat die Bekl. mit Schreiben v. 27.1.2011 noch einmal darauf hingewiesen, dass sie nicht passivlegitimiert sei sondern lediglich Regulierungsbeauftragte. In der Folge hatte die Klägerseite mehrere Monate Zeit, diesen Einwand zu entkräften und entsprechende Nachforschungen anzustellen. Ein weiteres Zuwarten oder die Gewährung einer weiteren Frist war zuletzt nicht mehr geboten. Hierbei hat das Gericht auch das Gebot der Verfahrensbeschleunigung und der Rücksichtnahme auf Interessen der anderen Prozesspartei an einer zeitnahen Beendigung des Verfahrens zu berücksichtigen. Es besteht auch kein Anspruch darauf, dass Fristen generell in einer bestimmten Länge (z.B. vier Wochen) gewährt werden. Der Kl. hätte es freigestanden, die Klage selbst zu vertreten, einen Rechtsanwalt oder eine andere Person mit der Wahrnehmung ihrer Rechte zu beauftragen, der die Einhaltung der bei Gericht üblichen Fristen möglich ist.
Insgesamt ist der Nachweis nicht erbracht, dass die Bekl. im vorliegenden Fall tatsächlich passivlegitimiert ist.“
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Oskar Riedmeyer, München
3 Anmerkung:
Die 4. KH-Richtlinie v. 16.5.2000 bezweckt die Verbesserung des Verkehrsopferschutzes bei Unfällen im Ausland (Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates, ABl Nr. L 181 v. 20.7.2000, S. 65 ff.). Neben der Errichtung von Auskunftsstellen zur Ermittlung des verantwortlichen VR und der Einrichtung einer Entschädigungsstelle, die bei unterbliebener Regulierung tätig wird, steht im Mittelpunkt der Regelung die Verpflichtung der VR zur Benennung von Schadensregulierungsbeauftragten in jedem EU-EWR-Mitgliedsstaat (Art. 4 der 4. KH-Richtlinie) und die Einführung von Schadensregulierungsverfahren und -fristen. Nach § 4 Abs. 6 der 4. KH-Richtlinie sehen die Mitgliedsstaaten die durch angemessene, wirksame und systematische finanzielle oder gleichwertige Sanktionen bewehrten Verpflichtungen vor, dass innerhalb von drei Monaten nach dem Tag, an dem der Geschädigte seinen Schadensersatzanspruch entweder unmittelbar beim Versicherungsunternehmen des Unfallverursachers oder bei dessen Schadensregulierungsbeauftragten angemeldet hat, dass entweder vom Versicherungsunternehmen des Unfallverursachers oder von dessen Schadensregulierungsbeauftragten ein mit Gründen versehenes Schadensersatzangebot vorgelegt wird, sofern die Eintrittspflicht unstreitig ist oder der Schaden beziffert wurde. Dem steht es gleich, dass das Versicherungsunt...