Der Titel ist sicherlich keine überraschende Aussage. Das Dezember-Editorial befasst sich – auch das ist nicht neu – mit Entwicklungen der Zukunft. In diesem Jahr ist das Thema "die Zeit".
Der erste Punkt dazu ist die Bearbeitungsdauer der Verfahren an den Gerichten. Generell ist das kein Thema, an dem – von Einzelausnahmen abgesehen – von Seiten der Anwaltschaft Kritik geübt werden müsste. Die deutsche Justiz arbeitet im internationalen Vergleich absolut schnell. Mich beschleicht jedoch das Gefühl, dass die Justiz die Verfahrensdauern noch weiter beschleunigen will, dies alles vor dem Hintergrund der "Bürgerfreundlichkeit".
So weist der Präsident meines heimischen Landgerichts Hagen in dem kurzen Grußwort der Homepage auf die beeindruckende Prozentzahl von Verfahren hin, die in weniger als sechs Monaten zum Abschluss gebracht werden. Die internen Vorgaben der Justiz an die Richter sind mir nicht bekannt. Mir ist nur aufgefallen, dass meinen Anträgen auf Einholung von Sachverständigengutachten, seien es verkehrsanalytische und/oder medizinische, immer unwilliger nachgegangen wird. Nicht nur beim Landgericht Hagen, sondern auch bei anderen Land- und Oberlandesgerichten wird den Anträgen nur widerwillig stattgegeben. Die Gerichte versuchen zunächst, den Parteien diese Anträge auszureden, z.B. mit dem Hinweis auf die Kosten. Das ist aber nun wirklich nicht das Problem der Justiz. Wenn die Parteien dies nun einmal wünschen und sie es ja auch letztlich sind, die die Kosten aufbringen müssen, ist ihrem Antrag nachzugehen.
Immer häufiger erlebe ich es, dass meine Anträge auf Einholung solcher Gutachten erst positiv berücksichtigt werden, nachdem ich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 9.11.2007 – 2 BvR 1268/03) hinweise. Danach stellt die Ablehnung eines Beweisantrages einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör dar, wenn das Gericht, das sich eigene technische oder ärztliche Sachkunde zutraut, ohne Darlegung der Quelle dieser Fachkenntnisse selbst entscheidet.
Natürlich dauern medizinische und verkehrsanalytische Gutachten in der Regel sechs Monate. Natürlich erhöhen ein – oder noch schlimmer zwei – solcher Gutachten die Statistik über die Bearbeitungsdauer erheblich. Das wichtigste Ziel bei einem Prozess muss aber die größtmögliche Wahrheitsfindung sein. Dieses Ziel darf nicht auf dem Altar der Bearbeitungsstatistiken geopfert werden.
Was also ist zu tun? Parteien und Parteivertreter können und dürfen ihre Prozessaussichten nicht für die Schnelligkeit der Entscheidung aufs Spiel setzen. Beweisanträge müssen – im Zweifel in der Berufungsinstanz – durchgesetzt werden. Aber auch Parteien und Anwälte haben ebenso ein Interesse an einer Verfahrensbeschleunigung. Es ist die Aufgabe der Sachverständigen, ihre Bearbeitungszeiten erheblich zu kürzen. Denn wenn ein verkehrsanalytisches Gutachten sechs Monate dauert, dann doch nicht deshalb, weil der Gutachter solange daran arbeitet, sondern weil er zu viele Aufträge hat und erst am Ende der Zeit überhaupt anfängt, das Gutachten zu bearbeiten. Die Sachverständigen schaden sich aber selbst, wenn sie die Gutachten nicht schnell bearbeiten. Was spricht dann dagegen, wenn ein solches Gutachten schon nach Ablauf von zwei Monaten dem Gericht vorliegt? Im eigenen Interesse der Gutachter liegt deshalb eine Beschleunigung dieser Verfahrenszeiten. Wir Anwälte sollten frühzeitig Anträge nach § 411 ZPO stellen. Nur vordergründig verärgern wir damit die Sachverständigen, auf lange Sicht hilft es auch ihnen.
Der zweite Punkt betrifft unsere Fortbildungsveranstaltungen. Zeit ist auch die Lebenszeit unserer Kollegen. Insbesondere bei jüngeren Kollegen spielt die "Work-Life-Balance" eine immer größere Rolle. Im kommenden Jahr wollen wir – zunächst versuchsweise – gemeinsam mit unserem Fortbildungspartner der Deutschen Anwaltakademie unsere Fortbildungsveranstaltungen am Wochenende freitags mit einer Zeitdauer von 5 Stunden anbieten. So können wir passgenau 10 Stunden Fortbildung für die Fachanwälte bieten. Sie können nun unkompliziert und ohne hohen Zeit- und Kostenaufwand ihr Wissen auf dem aktuellen Stand halten, ihre Fortbildungsverpflichtung nach der Fachanwaltsordnung erfüllen und am Wochenende mehr Zeit für sich und ihre Familie haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte nehmen Sie unser Fortbildungsangebot an und berichten uns oder der Deutschen Anwaltakademie, ob diese Änderung fortgeführt werden soll oder Sie wieder Samstagseminare wünschen.
Allen Lesern der zfs wünsche ich ein frohes und gesundes Jahr 2013.
Autor: Jörg Elsner
Rechtsanwalt Jörg Elsner, Vorsitzender der ARGE Verkehrsrecht