" … II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache einen jedenfalls vorläufigen Erfolg. Die lückenhaften Feststellungen lassen nicht erkennen, ob das von Gericht und Sachverständigem zur Identifizierung des Betr. herangezogene Lichtbild des Fahrers als Beweisfoto überhaupt geeignet war."
Die Generalstaatsanwaltschaft hat sich in ihrer Antragsschrift v. 6.9.2012 dazu auszugsweise wie folgt geäußert:
“Die Feststellungen im Urt. v. 13.3.2012 sind lückenhaft und entsprechen nicht den Anforderungen der §§ 261, 267 Abs. 1 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG. Die Urteilsgründe lassen nicht in rechtlich überprüfbarer Weise erkennen, ob die vom Sachverständigen oder vom Bußgeldrichter selbst durch Vergleich des Tatfotos mit dem Gesicht des Betr. vorgenommene Identifizierung eine tragfähige Grundlage für die richterliche Überzeugungsbildung ist (vgl. Senat, Beschl. v. 2.10.2009 – 2 SsBs 100/09, zit. n. juris). Hat der Tatrichter den Betr. anhand eines bei einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme gefertigten Lichtbildes als Fahrer identifiziert, müssen die Urteilsgründe so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Beweisfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen (Senat a.a.O.; Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 71 Rn 47a m.w.N.). Die Urteilsfeststellungen enthalten insoweit keinerlei Ausführungen zur Bildqualität des Messfotos und beschreiben die abgebildete Person oder mehrere charakteristische ldentifizierungsmerkmale nicht so präzise, dass dem Rechtsbeschwerdegericht anhand der Beschreibung in gleicher Weise wie bei der Betrachtung des Fotos die Prüfung ermöglicht wurde, ob dieses zur Identifizierung generell geeignet ist (vgl. Göhler a.a.O.).
Den Urteilsgründen ist zu entnehmen, dass das Messfoto nur Teile des Gesichts des Fahrers wiedergibt. Anhand der weiteren Beschreibung erschließt sich nicht, welche Teile des Gesichts durch Hand- und Wageninnenspiegel verdeckt werden und welche Gesichtspartien noch erkennbar sind (UA S. 3). Angaben zur Bildqualität im Übrigen enthält das Urt. nicht.
Eine Bezugnahme gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG liegt hinsichtlich des Messfotos ebenfalls nicht vor. Die Verweisung i.S.v. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO muss grds. prozessordnungsgemäß sein, Zweifel am Vorliegen einer Verweisung müssen ausgeschlossen sein; die bloße Mitteilung der Fundstelle und die Mitteilung, das Lichtbild sei in Augenschein genommen worden, genügen hierzu nicht (Göhler a.a.O., § 71 Rn 47b m.w.N.).
Die Urteilsausführungen enthalten keine über die reine Mitteilung der Fundstelle und der Inaugenscheinnahme hinausgehenden Feststellungen (UA S. 3 oben). Eine prozessordnungsgemäße Bezugnahme liegt nicht vor; eine eigene Würdigung durch das Rechtsbeschwerdegericht scheidet insoweit aus.
Ob und inwieweit das vom Bußgeldrichter zum Vergleich herangezogene Lichtbild bzw. Lichtbilder zur Identifizierung geeignet sind, kann somit anhand der Urteilsfeststellungen durch das Rechtsbeschwerdegericht im vorliegenden Fall nicht geprüft werden. Das gilt auch, soweit der Bußgeldrichter seine Überzeugung überdies auf das Gutachten eines Sachverständigen gestützt hat. Hat der Sachverständige im Rahmen seiner Gutachtenerstattung auch Lichtbilder ausgewertet, muss dem Rechtsbeschwerdegericht in der oben beschriebenen Weise – prozessordnungsgemäße Verweisung auf ein Lichtbild oder Beschreibung – die Nachprüfung ermöglicht werden, ob die Lichtbilder für eine Überzeugungsbildung überhaupt geeignet sind (OLG Bamberg, NZV 2008, 211 m.w.N.). Daran fehlt es hier.’
Den zutreffenden Ausführungen (vgl. hierzu auch Beschl. des Senats v. 7.12.2010 – 2 SsBs 76/10, v. 14.7.2004 – 2 Ss 40/04 und v. 5.7.2012 – 2 SsBs 64/12; OLG Hamm SVR 2009, 269; OLG Celle NZV 2002, 472) tritt der Senat bei. … “
Mitgeteilt von RA, RiOLG a.D. Detlef Burhoff, Münster