StVG § 7 § 17
Leitsatz
Bei der Haftungsabwägung nach einer Kollision eines Quads mit einem Kleinwagen, bei der lediglich die Betriebsgefahr beider Fahrzeuge zu berücksichtigen ist, überwiegt die Betriebsgefahr des stark abgebremsten Quads aufgrund seiner instabilen, auf das Verhältnis von Spurstand zum Radstand zurückzuführenden Fahrweise die des Kleinwagens derart, dass dessen Betriebsgefahr vollständig gegenüber der Betriebsgefahr des Quads zurücktritt.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG München, Beschl. v. 17.9.2013 – 10 U 2166/13
Sachverhalt
Bei einem Verkehrsunfall, dessen genauer Hergang nicht aufklärbar ist, so dass auch Feststellungen zum Verschulden der beteiligten Fahrzeugführer nicht getroffen werden konnten, kam es zu einer Kollision eines Quads mit einem Kleinwagen des Bekl. zu 3), der von dem Bekl. zu 2) gesteuert wurde und bei der Bekl. zu 1) haftpflichtversichert ist. Das LG wies die Klage des Eigentümers des bei der Kollision beschädigten Quads unter Hinweis auf die unfallursächliche Instabilität eines Quads ab, die dazu führe, dass die einfache Betriebsgefahr des unfallbeteiligten Kleinwagens vollständig gegenüber der Betriebsgefahr bei der Haftungsabwägung zurücktrete.
Nach Hinweis des Senats, das die mit dem Ziel einer Verurteilung der Bekl. zu dem Ersatz des hälftigen Schadens des Quads aufgrund des Unfalls eingelegte Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe, wies der Senat die Berufung nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurück.
2 Aus den Gründen:
" … a) Der Berufungsführer trägt zutreffend vor, dass in Fällen, in denen keinem der beteiligten Fahrzeugführer ein Verschulden nachzuweisen ist, die reine Betriebsgefahr der Kfz zum Haftungsgrund werden kann. Die von ihm hieraus gezogenen tatsächlichen und rechtlichen Schlussfolgerungen sind jedoch unzutreffend:"
aa) Der Berufungsführer ist offenbar der Auffassung, dass in solchen Fällen die Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge grds. gleich hoch ist.
Die ist jedoch fehlsam. Es Kommt vielmehr auf die spezifischen Besonderheiten der beteiligten Fahrzeuge an (vgl. für Lkw Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 17 StVG Rn 6 ff.; für Schneepflüge OLG Bamberg VersR 1083, 968; Senat, Hinweis v. 21.2.2007 – 10 U 5607/06; für Geländewagen OLG Hamm NZV 1997, 230; für Motorräder KG NZV 2002, 34 – DAR 2002, 122, 123; OLG Düsseldorf DAR 2005, 217, 219; Senat, Beschl. v. 24.2.2009 – 10 U 5620/08; Hinweis v. 7.5.2009 – 10 U 5684/08; Beschl. v. 27.7.2009 – 10 U 3125/09).
In die Bewertung der spezifischen Besonderheiten des klägerischen Quads ist zunächst und entscheidend dessen Instabilität einzustellen:
Der Sachverständige hat anlässlich seiner Einvernahme vor dem Erstgericht am 31.8.2011 insoweit folgendes ausgeführt:
“Ich möchte die Fahrweise dieser Quads, wie es hier unfallgegenständlich ist, zumindest bei starker Bremsung als sehr instabil betrachten aufgrund des Verhältnisses von Spurweite zum Radstand. Das Fahrzeug neigt in diesen Fällen dazu, die Vorderachse zu belasten und die Hinterachse zu entlasten, was zu Schleudervorgängen führen kann. Das unfallgegenständliche Quad zumindest hatte kein ABS. Eine Verlagerung des Gewichts des Fahrers kann auch die Fahrlinie beeinflussen, wenn man sich insb. das Verhältnis des Fahrergewichts zum Fahrzeuggewicht anschaut, das gilt insb. beim Bremsen.’
Diese Feststellungen entsprechen den allgemein zugänglichen Quellen (vgl. etwa Wikipedia, “Quad’ Bearbeitungsstand: 24.7.2013, http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Quad/&oldid=120836082 [abgerufen: 17.9.2013]).
Diese Feststellungen entsprechen auch, worauf bereits in der Verfügung des Vorsitzenden hingewiesen wurde, den Erfahrungen des Senats (die Instabilität eines Quads war bereits Gegenstand eines beim Senat anhängig gewesenen Verfahren [Az. 10 U 1656/08]).
Der Senat bleibt deshalb bei seiner Auffassung, dass die Betriebsgefahr eines Quads stets wesentlich höher anzusetzen ist als die eines normalen Pkw. Im Hinblick auf die vorstehend aufgeführten Erkenntnisse gibt das vom Berufungsführer angeführte Urteil des OLG Brandenburg vom 10.9.2009 (12 U 49/09, Juris), das – nicht sachverständig beraten und ohne Ausweis seiner besonderen Sachkunde sowie ohne Auseinandersetzung mit dem technischen Schrifttum – von einer im Verhältnis zum Motorrad geringeren Instabilität ausging, zu keiner anderen Beurteilung Anlass.
bb) Auch wenn einem unfallbeteiligten Fahrer kein Verkehrsverstoß vorzuwerfen ist, kann letztlich allein das erhöhte Risiko seines – erlaubten – Fahrmanövers (z.B. hohes Tempo auf der Autobahn, Überholen) zu einer Erhöhung der konkreten Betriebsgefahr führen (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn 375; Burmann/Heß/Jahnke/Janker/Heß, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl. 2012, § 17 StVG Rn 15).
Soweit sich der Berufungsführer gegen die Berücksichtigung seiner Fahrweise wendet, kann nur nochmals an die bereits in der Hinweisverfügung zitierte Aussage des Zeugen M erinnert werden, wo es u.a. sehr plastisch und unmissverständlich heißt:
“Es fiel mir auf, dass von der Innenstadt her ein...