VVG § 23 § 26 § 81
Leitsatz
Mangelhafte Einbauten in ein Kfz stellen im Rahmen der Kraftfahrtversicherung nur dann eine subjektive Gefahrerhöhung dar, wenn der VN die Mangelhaftigkeit kennt.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.9.2013 – 12 U 43/13
Sachverhalt
Die Kl. macht wegen eines Brandschadens an ihrem bei der Bekl. versicherten Kfz eine Vollkaskoentschädigung geltend. Der Sohn der Kl. hatte nachträglich in das versicherte Kfz verschiedene elektronische Geräte eingebaut, deren Mangelfreiheit streitig war. Ein SV hatte als Ursache des Brandes einen Kurzschluss benannt, der durch das Liegenlassen einer Spraydose in der Nähe der nicht weiter geschützten Batterie des Kfz entstanden sein konnte.
2 Aus den Gründen:
" … 1. Der Senat teilt nach Überprüfung die Ausführungen des LG, dass die Bekl. nicht gem. § 23 i.V.m. § 26 VVG von ihrer Pflicht zur Leistung frei geworden ist."
a) Es erscheint dem Senat sehr zweifelhaft, ob die nachträglichen Einbauten eines Musikverstärkers, eines Navigationsgerätes, eines Subwoofers und eines Steuergerätes für geänderte Rücklichter eine nachhaltige Erhöhung der Möglichkeit der Risikoverwirklichung darstellen. Dass die genannten Gegenstände zu einer Erhöhung des Risikos, gegen dessen Eintritt der VR Versicherungsschutz versprochen hat, führen, ist eher fern liegend, zumal der Einbau solchen Zubehörs nicht unüblich ist und die VR vor Vertragsschluss auch regelmäßig nicht anfragen, ob solche Einbauten vorhanden sind (vgl. dazu: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 23 Rn 10).
Anderes kann lediglich angenommen werden, wenn derartige Einbauten mangelhaft durchgeführt werden, und sich hieraus ein erhöhtes Risiko für den Eintritt des Versicherungsfalls ergibt. Hierauf will die Bekl. wohl auch abstellen.
Eine Leistungsfreiheit nach § 26 VVG ergibt sich jedoch selbst dann nicht, wenn hier tatsächlich mangelhafte Leistungen vorliegen und diese für den Eintritt des Versicherungsfalls ursächlich gewesen sein können. Denn die Bekl. hätte auch dann nicht nachgewiesen, dass die Kl. oder ihr Repräsentant eine Gefahrerhöhung vorgenommen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestattet haben. § 26 Abs. 1 VVG setzt voraus, dass der Tatbestand des § 23 Abs. 1 VVG erfüllt ist. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 VVG erschöpfen sich allerdings nicht in der objektiven nachhaltigen Erhöhung der Möglichkeit der Risikoverwirklichung. Eine gewollte Gefahrerhöhung setzt notwendig das Bewusstsein der vorgenommenen oder gestatteten Änderung der Gefahrenlage voraus. Der Handlungswille des VN beschränkt sich dabei nicht bloß auf die weitere Benutzung des versicherten Fahrzeugs schlechthin, sondern muss sich notwendig auch auf den nicht verkehrs- oder gebrauchssicheren Zustand erstrecken, in dem das Fahrzeug zu weiteren Fahrten benutzt wird. Das ist aber ohne Kenntnis des mangelhaften Zustandes des Fahrzeugs unmöglich (BGHZ 50, 385 … ). Dagegen muss der im Verhältnis zum VR gefahrerhöhende Charakter zur Annahme einer subjektiven Gefahrerhöhung i.S.v. § 23 VVG vom VN nicht erkannt worden sein (BGH VersR 1982, 793).
Den VR trifft im Rechtstreit die Darlegungs- und Beweislast nicht nur für das Vorliegen der objektiven Umstände, sondern auch für die Kenntnis des VN von diesen Umständen (Senat VersR 2003, 1124 … ). Dies bedeutet, dass die Bekl. auch darzulegen und nachzuweisen hat, dass die Kl. oder ihr Repräsentant bei Durchführung der Arbeiten oder zu einem späteren Zeitpunkt vor dem Versicherungsfall wusste, dass die vorgenommenen Einbauten zu einem die Sicherheit des Fahrzeugs gefährdenden, mangelhaften Zustand geführt hatten. Dies ist ihr nicht gelungen, zumal auch fern liegt, dass derartige, subjektiv der Aufwertung eines Fahrzeugs dienende Arbeiten in dem Bewusstsein einer unsorgfältigen und die Verkehrssicherheit herabsetzenden Ausführung abgeschlossen werden. Hinreichenden Vortrag dazu, dass sich die Kl. oder ihr Repräsentant der Kenntnis der Mangelhaftigkeit arglistig entzogen haben (BGH VersR 1982, 793), hat die Bekl. nicht gehalten.
Auf das vom LG herangezogene Argument, eine Leistungsfreiheit scheitere am Fehlen eines groben Verschuldens, kommt es daher nicht mehr an.
b) Hinzu kommt, dass die Kl. auch den Kausalitätsgegenbeweis geführt hat (§ 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG) und die Bekl. auch deshalb nicht in Bezug auf die Einbauten leistungsfrei ist. Sie ist deshalb auch nicht zur Kürzung berechtigt (wird ausgeführt).
2. Im Ergebnis nicht zu folgen ist dem LG insoweit, als es gem. § 81 Abs. 2 VVG eine quotale Leistungskürzung vornimmt. Dies würde voraussetzen, dass der Kl. oder ihrem Repräsentanten eine grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls zur Last gelegt werden kann. Das LG geht davon aus, dass belegt sei, dass der Sohn der Kl. die Spraydose in unmittelbarer Nähe der Fahrzeugbatterie, die mit einer beschädigten Pluspolabdeckung versehen gewesen sei, habe liegen lassen. Die Erwägungen des LG tragen aber nur, wenn die Spraydose bewusst auf der Batterie belassen worden ist. Dies lässt sich aber nicht nachweisen. Insoweit trifft die Beweislast den VR …
Grob fahr...