1. Nachdem der EuGH es bei Auslandsverkehrsunfällen entbehrlich machte, dass die Schadensersatzklage des deutschen Geschädigten gegen die Haftpflichtversicherung des ausländischen Schädigers (und nur gegen diese) vor dem ausländischen Gericht geltend gemacht werden musste, ist die Rolle des Regulierungsbeauftragten durch die vorliegende Entscheidung geklärt worden. Auf einen Vorlagebeschluss des BGH (zfs 2007, 143) hatte der EuGH festgestellt, dass der Geschädigte, der seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, vor dem Gericht seines Wohnsitzes bei einem Auslandsverkehrsunfall eine Klage unmittelbar gegen den Haftpflichtversicherer des ausländischen Schädigers erheben kann (vgl. EuGH zfs 2008, 139; umgesetzt vom BGH zfs 2008, 572). Damit rückte der Schadensregulierungsbeauftragte in den Mittelpunkt der Diskussion. Ausländische Versicherungsunternehmen wurden verpflichtet, Schadensregulierungsbeauftragte zu benennen. In der Richtlinie 2009/103/EG wurde unter Art. 21 Abs. 1 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, das jedes Versicherungsunternehmen einen Schadensregulierungsbeauftragten benennt, wobei die Aufgabe des Schadensregulierungsbeauftragten dahin umschrieben wurde, dass dessen Aufgabe in der Bearbeitung und Regulierung von Auslandsunfällen bestehe. In den Abs. 4 und 5 von Art. 21 wurde die Aufgabe des Schadensregulierungsbeauftragten dahin umschrieben, dass er die zur Regulierung erforderlichen Informationen zusammen zu tragen habe und die notwendigen Maßnahmen ergreife, um eine Schadensregulierung auszuhandeln. Er müsse über ausreichende Befugnisse verfügen, um das ausländische Versicherungsunternehmen gegenüber Geschädigten zu vertreten und um deren Schadensersatzansprüche in vollem Umfang zu regulieren. Diese Richtlinienbestimmung wurde in Deutschland durch die Einführung des § 7b VAG umgesetzt.
2. In den zugehörigen Erwägungsgründen wurde als Ziel der Einführung des Regulierungsverfahrens angeführt, dass dem Geschädigten unabhängig davon, in welchem Land sich der Unfall ereignet habe, eine (seinem Heimatland) vergleichbare Behandlung garantiert werde (Nr. 20). Schadensregulierungsbeauftragte sollten über ausreichende Befugnisse verfügen, um das Versicherungsunternehmen gegenüber den Geschädigten zu vertreten und es auch gegenüber den Gerichten zu vertreten, soweit dies mit den Regelungen des internationalen Privat- und Zivilprozessrechts über die Festlegung der gerichtlichen Zuständigkeiten vereinbar ist (Nr. 37).
3. Die Rolle des Schadensregulierungsbeauftragten wurde dadurch aufgewertet, dass er binnen drei Monaten nach der Anmeldung des Schadensersatzanspruchs ein mit Gründen versehenes Schadensersatzangebot vorlegte oder schriftlich den Antrag des Geschädigten ablehnte (§ 4 Abs. 6 der 4. KH-Richtlinie).
Glückte die Regulierung nicht und machte der Geschädigte vor seinem deutschen Wohnsitzgericht die Schadensersatzansprüche geltend, musste die Frage beantwortet werden, ob der Schadensregulierungsbeauftragte passiv zustellungsbevollmächtigt ist. Der heftige Streit zu dieser Frage in der deutschen Rspr. und dem Schrifttum ist in dem Vorlagebeschluss des LG Saarbücken (zfs 2012, 625 Rn 18 und 19) dargestellt. Die Auseinandersetzung hierüber ist mit der Stellungnahme des EuGH beendet. Die Entscheidung des EuGH ermöglicht es damit dem Unfallopfer, seine Ansprüche in seiner eigenen Sprache – ohne Verzögerung und Kostenauslösung durch eine ansonsten erforderliche Übersetzung der Klageschrift nebst Anlagen – gerichtlich zu verfolgen.
4. Ist mit der Annahme einer passiven Zustellungsvollmacht des Schadensregulierungsbeauftragten ein "wesentliches Erschwernis" (LG Saarbrücken zfs 2012, 625) für die gerichtliche Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs ausgeräumt, überrascht es nicht, dass der EuGH die zweite Vorlagefrage bejaht. Bei "isolierter" Anwendung deutschen Rechts müsste die Frage verneint werden, ob der Einzelne (= Geschädigte) sich gegenüber dem Staat darauf berufen kann, dass im gerichtlichen Verfahren eine nach dem nationalen Prozessrecht wirksame Zustellung an den Schadensregulierungsbeauftragten erfolgt ist. Nach § 171 ZPO kann an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter mit gleicher Wirkung wie an den Vertretenen zugestellt werden. Der EuGH bewegt sich auf bereits früher eingeschlagenen Lösungswegen und gelangt durch Heranziehung der unionsrechtskonformen Auslegung des § 7b Abs. 2 VAG zu dem Ergebnis, dass sich der Einzelne auf die wirksame Zustellung im Rechtsstreit berufen kann. Mit der durchgeführten Auslegung vermeidet der EuGH eine Stellungnahme zu der im Vorlagebeschluss des LG Saarbrücken (Rn 24 und 25) gestellten Frage der horizontal unmittelbaren Wirkung von Richtlinien und deren Abgrenzung zu negativen Auswirkung von Richtlinien auf die Rechte Dritter (hier: des ausländischen Haftpflichtversicherungsunternehmens). Da die Auslegung in richtlinienkonformer Rechtsfortbildung nationalen Rechts sowohl eine Verwerfung nationalen Re...