[1] "Das LG hat den Angekl. unter Freisprechung im Übrigen wegen unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeugs und wegen Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angekl. hat Erfolg."

[2] 1. Nach den Feststellungen mietete der Angekl. zusammen mit seiner damaligen Freundin bei der Firma E. in A. einen Pkw Volvo XC 60. Die Rückgabe des Fahrzeugs war für den 2.3.2013 vereinbart. Nachdem der Angekl. sich am 27.2.2013 von seiner Freundin getrennt hatte und deshalb nicht mehr bei ihr übernachten konnte, behielt er den Pkw fortan, um darin zu schlafen. Am 9.4.2013 wurde er wieder von seiner Ehefrau aufgenommen, weshalb er das Fahrzeug am Morgen des 10.4.2013 zur Autovermietung zurückbrachte. Die Autovermietung stellte Strafantrag.

[3] [ … (weiterer Anklagepunkt Betrug ohne verkehrsrechtlichen Bezug)]

[4] 2. Die Verurteilung des Angekl. wegen unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeugs gem. § 248b StGB wird von den Feststellungen nicht getragen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 248b StGB sind nicht belegt.

[5] a) Das Dauerdelikt des § 248b StGB erfasst das Ingebrauchnehmen eines Kfz gegen den Willen des Berechtigten. Unter dem Gebrauch eines Fahrzeugs ist dessen vorübergehende Nutzung – seinem bestimmungsgemäßen Zweck entsprechend – als Fortbewegungsmittel zu verstehen. Erforderlich ist das Ingangsetzen des Fahrzeugs zur selbstständigen Fahrt. Die bloße Inbetriebnahme durch Anlassen des Motors reicht daher ebenso wenig aus wie die Nutzung eines parkenden Fahrzeugs zum Schlafen (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.1957 – 4 StR 523/57, BGHSt 11, 47, 50; Eser/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 248b Rn 4; Kindhäuser in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 4. Aufl., § 248b Rn 3). Ein Gewahrsamsbruch ist regelmäßig nicht erforderlich, weshalb dem Ingebrauchnehmen das unbefugte Ingebrauchhalten gleichstellt ist (BGH a.a.O.; OLG Schleswig NStZ 1990, 340). Es ist daher ausreichend, wenn – wie bei der Benutzung eines Mietwagens nach Ablauf der Mietzeit – die Berechtigung des Täters nachträglich wegfällt und er die Sache somit als “Nicht-mehr-Berechtigter‘ nutzt (vgl. Kindhäuser a.a.O. Rn 6).

[6] b) Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs war die durch den Angekl. nach Ablauf der vertraglichen Mietzeit bis zum 9.4.2013 erfolgte Weiternutzung des Fahrzeugs als Schlafplatz zwar unberechtigt, d.h. gegen den Willen der Autovermietung; sie stellt jedoch mangels Fortbewegung des Fahrzeugs kein Ingebrauchnehmen i.S.d. § 248b StGB dar.

[7] Ein Ingebrauchnehmen des Fahrzeugs liegt dagegen vor, soweit der Angekl. das Fahrzeug nach Ablauf der Mietzeit am 10.4.2013 auf das Gelände der Autovermietung zurückbrachte und dort abstellte. Doch auch insoweit ist ein tatbestandsmäßiges Handeln des Angekl. nicht belegt, denn die Strafkammer hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass die am 10.4.2013 allein zum Zwecke der Rückführung des Fahrzeugs erfolgte Ingebrauchnahme auch “gegen den Willen‘ der alleinverfügungsberechtigten Autovermietung erfolgte. Dies war hier aber erforderlich:

[8] Ist die Nutzung eines Fahrzeugs als Fortbewegungsmittel – wie hier – gerade nicht auf die Verletzung der uneingeschränkten Verfügungsmöglichkeiten des Berechtigten gerichtet, sondern vielmehr auf deren Wiedereinräumung (vgl. Hohmann in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 248b Rn 12), liegt die Vermutung nahe, dass die Ingebrauchnahme des Fahrzeugs insoweit im Einverständnis des Berechtigten erfolgte. Die Rückführung eines Fahrzeugs durch einen an sich Unberechtigten erfolgt daher regelmäßig nicht “gegen den Willen des Berechtigten‘, sondern ist von dessen mutmaßlichem Interesse gedeckt (OLG Düsseldorf, NStZ 1985, 413; Vogel in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 248b Rn 8; a.A. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 248b Rn 6). Der vom Tatbestand des § 248b StGB vorausgesetzte entgegenstehende Wille des Berechtigten erfordert deshalb im Falle der Rückführung eines Fahrzeugs entsprechende ausdrückliche Feststellungen.

[9] Diese waren hier auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Berechtigte Strafantrag gestellt hat, denn dieser sollte erkennbar den gesamten Zeitraum der über einen Monat verspäteten Rückgabe des Fahrzeugs erfassen, weshalb daraus nicht ohne Weiteres der Schluss gezogen werden kann, dass auch die Ingebrauchnahme des Fahrzeugs zum Zwecke der Rückführung nicht in ihrem Einverständnis lag.

[10] 3. [ … zum o.g. weiteren Anklagepunkt]

[13] 4. Der Senat weist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den örtlich und nach §§ 24, 25 Nr. 2 GVG sachlich zuständigen Strafrichter beim AG zurück (§ 354 Abs. 3 StPO), da dessen Entscheidungsgewalt ausreicht. …“

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