"… Die zulässige Klage ist begründet. Die Anordnung in Ziffer 1.a) des Bescheids (I.) und die Anordnungen in Ziffer 1.b) und c) (II.) sind rechtswidrig und verletzen den Kl. in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). Gleiches gilt für die Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 2 und die Nebenentscheidungen in Ziffer 3 des Bescheids (III.)."
I. Die Anordnung des Bekl. in Ziffer 1.a) des Bescheids, mit der dem Kl. untersagt wurde, mit der im Fahrzeug des Kl. eingebauten On-Board-Kamera während der Autofahrt permanente Aufnahmen des von ihm befahrenen öffentlichen Bereichs zu machen, ist rechtswidrig und verletzt den Kl. in seinen Rechten. Zwar ist § 38 Abs. 5 BDSG vorliegend anwendbar (1)), die Anordnung ist aber rechtsfehlerhaft ergangen (2)).
1) Der Bekl. stützt diese Anordnung auf § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG.
An der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 38 Abs. 5 BDSG bestehen im vorliegenden Fall gem. § 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, Abs. 2 BDSG keine Bedenken. Danach findet § 38 Abs. 5 BDSG Anwendung, soweit personenbezogene Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen durch nicht-öffentliche Stellen verarbeitet, genutzt oder dafür erhoben werden oder die Daten in oder aus nicht automatisierten Dateien verarbeitet, genutzt oder dafür erhoben werden. Die Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
a) Die Aufnahmen mit der klägerischen On-Board-Kamera in der vom Kl. gewählten Betriebsform enthalten personenbezogene Daten i.S.d § 3 Abs. 1 BDSG. Danach sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Grds. ist die Bestimmbarkeit einer Person dann zu bejahen, wenn deren Gesicht auf den Aufnahmen erkennbar wird. Allerdings können auch zusätzliche Kriterien zu einer Bestimmbarkeit führen. Dies gilt vor allem für das sonstige Körperbild einer Person, wie die Körperhaltung, die Kleidung oder die mitgeführten Gegenstände. Darüber hinaus sind auch Zeitpunkt und Ort der Aufnahme geeignet, um Rückschlüsse auf eine Person ziehen zu können. Eine Identifizierung muss zumindest mit weiteren Hilfsmitteln mit noch verhältnismäßigem Aufwand möglich sein (vgl. dazu auch Scholz, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 6b Rn 67). Dies ist vorliegend der Fall. Die Aufnahmen des Kl. mit seiner On-Board-Kamera enthalten personenbezogene Daten. Durch die im behördlichen und gerichtlichen Verfahren vorgelegten Aufzeichnungen der On-Board-Kamera wurde für das Gericht ersichtlich, dass jedenfalls Aufschriften auf Autos und Lastwägen lesbar sind und Personen zumindest bestimmbar waren.
b) Die personenbezogenen Daten wurden zwar vorliegend nicht unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen verarbeitet, genutzt oder dafür erhoben, da die On-Board-Kamera des Kl. nicht als Datenverarbeitungsanlage einzustufen ist. Datenverarbeitungsanlagen sind Anlagen zur automatisierten Verarbeitung von personenbezogenen Daten (Art. 3 Abs. 1 Alt. 1 Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutzrichtlinie) (ABl EG Nr. L 281 S. 39). Dies wird auch aus § 3 Abs. 2 S. 1 BDSG deutlich, wonach automatisierte Verarbeitung die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen ist. Daher ist das bloße Aufzeichnen und Abspielen von Videosequenzen keine automatisierte Verarbeitung, solange dies nicht im Rahmen eines automatischen Verarbeitungssystems erfolgt, das zwischen den Daten verschiedener Personen unterscheiden und darauf aufbauend die Verarbeitung steuern kann (Scholz, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 6b Rn 18). Vorliegend stellt die On-Board-Kamera des Kl. keine Datenverarbeitungsanlage dar, da diese nicht zwischen den Daten verschiedener Personen unterscheiden und darauf aufbauend die Verarbeitung steuern kann.
c) Die personenbezogenen Daten werden aber durch die klägerische On-Board-Kamera in nicht automatisierten Dateien verarbeitet, genutzt und dafür erhoben.
Vorliegend sind die Aufnahmen nicht automatisierte Dateien gem. § 3 Abs. 2 S. 2 BDSG. Danach ist eine nicht automatisierte Datei jede nicht automatisierte Sammlung personenbezogener Daten, die gleichartig aufgebaut und nach bestimmten Merkmalen zugänglich ist und ausgewertet werden kann. Bei reinen Videoaufzeichnungen ohne ergänzende Informationen wird es wohl an einer Zugänglichkeit nach bestimmten Merkmalen fehlen. Werden allerdings den Bildaufzeichnungen weitere Informationen, wie Uhrzeit, Datum oder eventuell Standort, beigefügt, hat man von einer Zugänglichkeit i.S.d. § 3 Abs. 2 S. 2 BDSG auszugehen. Dies ist vorliegend der Fall. Die verschiedenen klägerischen Aufzeichnungen stellen eine Sammlung personenbezogener Daten dar. Auf den im behördlichen und gerichtlichen Verfahren vorgelegten Videoaufzeichnungen mit der On-Board-Kamera des Kl. sind den Bildaufnahmen Datum und Uhrzeit beigefüg...