I. Grundlagen
Ausgehend von § 4 StVO sind im Bußgeldrecht zunächst zwei Konstellationen zu unterscheiden: der Abstandsverstoß eines Pkw-Fahrers und der Abstandsverstoß eines Lkw-Fahrers. Letzterer ist in § 4 Abs. 3 StVO explizit geregelt.
1. Feststellung des Verstoßes
Typischerweise werden Abstandsverstöße mittels der Brückenabstandsmessanlagen und den dazu auf den Fahrbahnen angebrachten festen Markierungen festgestellt. Ebenso denkbar sind aber auch Messungen durch Nachfahrten. Der entscheidende Unterschied liegt in der Behandlung des Messverfahrens im Rahmen der Urteilsfindung. Während die Brückenabstandsmessverfahren mit geeichtem Charaktergenerator, auch wenn es letzten Endes reine Weg-Zeit-Berechnungen sind, als standardisierte Messverfahren in der Rechtsprechung behandelt werden, gilt diese Darlegungserleichterung nicht für die Nachfahrsysteme, so dass dort die Berechnungsgrundlagen im Einzelnen darzulegen sind. Die vorzunehmenden Abzüge variieren dabei von Messsystem zu Messsystem, wobei diese bei den nicht standardisierten Messungen im Einzelfall divergieren können. Hier kommt es zusätzlich auf Umstände wie eine Schrägfahrt, eine Nachtfahrt oder andere Dinge an. Rückwärtsbeobachtungen allein werden als zulässige Messgrundlage des Abstands abgelehnt.
Ist in den Gründen des Bußgeldurteils eindeutig und zweifelsfrei festgestellt, dass die dem Betroffenen vorgeworfenen Geschwindigkeits- und Abstandswerte mit Hilfe eines als standardisiert anerkannten Abstandsmessverfahrens unter Vornahme des Toleranzabzugs ermittelt wurden, ist die Mitteilung der konkreten Toleranzwerte nicht erforderlich. Denn mit der konkreten Bezeichnung des Messverfahrens ist auch der Wert der von der Innerstaatlichen Bauartzulassung der PTB geforderten systemimmanenten Toleranzen hinreichend dargetan. Es bedarf dann nicht mehr der Wiedergabe der Zeitwerte, die auf den in der Regel in den Akten befindlichen Videoprints eingeblendet sind.
Die Abstandsmessung mit dem Generator und Timer JVC/Piller, Typ CG-P50-E (auch bezeichnet als VAMA-Verfahren) bedarf darüber hinaus keiner zusätzlichen Eichung über die PTB-Zulassung hinaus. Das Gericht ist insbesondere im Wege des Aufklärungsgrundsatzes nicht verpflichtet, bei standardisierten Messverfahren den technischen Details auf den Grund zu gehen und die Notwendigkeit einer zusätzlichen Eichung von Komponenten zu klären.
Die früher problematischen Verstöße gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung durch nicht verdachtsbezogene Daueraufnahmen sind inzwischen nicht mehr anzutreffen.
2. Verstoß mit Lkw
Der Abstand zwischen zwei Lkw auf Autobahnen ist in § 4 Abs. 3 StVO mit 50m vorgegeben. Wird dieser Abstand auch nur geringfügig unterschritten, ist der Tatbestand verwirklicht. Hier wird oft versucht, das Gericht davon zu überzeugen, die Rechtsfolge auf eine nicht eintragungspflichtige Geldbuße abzusenken. Dies kann allerdings nur dann gelingen, wenn tatsächlich eine grenzwertige Messsituation vorliegt, d.h. der Abstand sich in etwa zwischen 40 und 50m befindet, je nachdem ab welchem Grenzwert die Messung vorgenommen wird, oder wenn eine besondere Situation vorliegt, die z.B. die Pflichtwidrigkeit herabsetzt.
3. Verstoß mit Pkw
Wenn es um den Abstandsverstoß eines Pkw-Fahrers geht, gilt zunächst die Bemessungsgröße für die Regelgeldbuße als Rahmenvorgabe für den Richter: Der erforderliche Abstand beträgt die Hälfte der auf dem Tachometer angezeigten Geschwindigkeit. Danach bemisst die BKatV samt Anlage die Schwere des Verstoßes. Der Richter muss aber dennoch den Einzelfall prüfen, denn eine strikte Bindung ist durch die BKatV gerade nicht gegeben, sondern nur eine Orientierung für den als Massenverstoß vorkommenden Regelfall, so dass eine Festlegung auf den "halben Tacho" als allgemeinverbindliche Regelung untunlich wäre.
Ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 StVO durch einen Pkw-Fahrer liegt dann vor, wenn dieser einen zu geringen Abstand einhält. Das Urteil muss nachprüfbar darlegen, warum der Abstand zu gering gewesen ist und welchen Abstand das vom Betroffenen geführte Fahrzeug überhaupt zum vorausfahrenden Pkw einhielt. Auch sind Feststellungen zu den gefahrenen Geschwindigkeiten und den Sichtver...