1. Nach Hirsch (DAR 2000, 504) ereigneten sich im Jahre 2000 etwa 500.000 Auslandsunfälle in Europa, an denen auf einer Seite oder beiden Seiten nicht allein Inlandsbewohner, sondern Ausländer beteiligt waren. Die rechtliche Behandlung solcher Schadensereignisse ist durch die sog. Odenbreit-Entscheidung übersichtlicher geworden. Der EuGH hatte ausgeführt, dass ein Geschädigter vor dem Gericht seines Wohnortes in seinem Heimatstaat, der Mitgliedsstaat der EU ist, eine Schadensersatzklage unmittelbar gegen den Haftpflichtversicherer seines Unfallgegners erheben kann, soweit ein Direktanspruch besteht – was in der EU aufgrund der Vorgaben der Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie mit der Pflicht zur Einführung des Direktanspruchs gegen die Haftpflichtversicherung anzunehmen ist (vgl. Art. 18 der RL 2009/103/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates v. 16.9.2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht ABl 2009 L 263, 11; Sendmeyer, Handbuch Europarecht, 3. Aufl. 2015, § 34 Rn 17).
Der BGH, der die Frage der Klagemöglichkeit vor dem Wohnsitzgericht des Geschädigten dem EuGH vorgelegt hatte (zfs 2007, 143), übernahm die Entscheidungsgründe des EuGH in einem Zwischenurteil. Seitdem ist es für den deutschen Geschädigten entbehrlich, wegen eines im EU-Ausland erlittenen Verkehrsunfalls dort Klage auf den Ersatz der Schäden zu erheben (vgl. Riedmeyer, zfs 2008, 602). Deutsche Gerichte sind auch international für Direktklagen gegen Schweizer Haftpflichtversicherer wegen eines Straßenverkehrsunfalls in der Schweiz zuständig (vgl. BGH zfs 2013, 208). Die durch die Odenbreit-Entscheidung angestoßene Rechtsentwicklung ist auf das Lugano-Übereinkommen übertragen worden. Art. 1 des Protokolls Nr. 2 zum Lugano Ü 2007 bestimmte u.a., dass für die Auslegung des Abkommens auch die Entscheidungen des EuGH maßgeblich sein sollten. Der weitgehend identische Wortlaut des Lugano Ü und des EuGVÜ (vgl. Art. 10 des Lugano Ü; Art. 8 Abs. 1 Nr. 2 EuGVÜ) sprachen für eine parallel verlaufende Auslegung der Klagemöglichkeiten bei Auslandsunfällen (vgl. eingehend Riedmeyer, in: Stiefel/Maier, AKB, Sonderberichte Rn 117, 118; Nugel, NZV 2013, 179).
2. Ein kosten- und zeitträchtiges Erschwernis für die Durchführung der Klage gegen die ausländische Haftpflichtversicherung lag darin, dass die an das Wohnsitzgericht adressierte Klage nach wie vor vor der Zustellung in das Ausland in dessen Amtssprache übersetzt werden musste. Neben den beträchtlichen Übersetzungskosten führte das zu zeitlichen Verzögerungen bei der Durchführung des Verfahrens.
Der EuGH ist dem Geschädigten entgegengekommen, indem er zur wirksamen Zustellung die an den Regulierungsbeauftragten in Deutschland gerichtete Klage in deutscher Sprache genügen lässt (vgl. EuGH zfs 2013, 689). Dadurch wird der Regulierungsbeauftragte nicht passiv legitimiert, sondern lediglich zustellungsbevollmächtigt (vgl. eingehend Riedmeyer/Bouwmann, NJW 2015, 2614, 2615).
3. Ein weiterer wichtiger Komplex des Auslandsunfalls wird in der vorliegenden Entscheidung des BGH (zu weiteren Fragenkreisen vgl. Riedmeyer/Bouwmann, a.a.O.) erörtert. Das Bestreben eines deutschen Kl. an seinem Wohnsitz gegen eine ausländische Haftpflichtversicherung ging dahin, auch den ausländischen Schädiger, Fahrer und Halter vor seinem Wohnsitzgericht zu verklagen. Da Art. 11 Abs. 2 der seinerzeit noch geltenden EuGWÜ nur erlaubte, dass die Direktklage gegen den Haftpflichtversicherer des ausländischen Schädigers bei einem Auslandsunfall durchgeführt werden kann, was in der Odenbreit-Entscheidung des EuGH festgestellt worden ist, versuchte der Geschädigte, die Zulässigkeit der Mitverklagung des ausländischen Fahrers durch die Heranziehung des damals noch geltenden Art. 6 Nr. 1 EuGVVO zu erreichen. Danach besteht eine Annexzuständigkeit des Wohnsitzgerichts des Geschädigten, wenn mehrere Personen zusammen vor dem Gericht des Ortes klagen, an dem einer der Bekl. seinen Wohnsitz hat – sofern zwischen den Klagen eine so enge Beziehung besteht, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen. Der Bekl., der am Wohnsitzgericht seinen Wohnsitz hat, wird als Ankerbeklagter bezeichnet. Abweichend vom deutschen Recht, das nur für Sonderfälle den gemeinsamen Gerichtsstand der Streitgenossenschaft kennt (vgl. Unterhaltsklage des Kindes gegen die Eltern gem. § 232 Abs. 3 Nr. 2 FamFG; Wechsel- und Scheckklagen gem. §§ 603 Abs. 2, 605a ZPO; Klage aus dem Luftverkehrsgesetz gem. § 56 Abs. 2 Luftverkehrsgesetz), knüpft die Bestimmung an den eher zufälligen Umstand eines Wohnsitzes des Bekl. an dem des Geschädigten an. Da keiner der Bekl. seinen Wohnsitz am Wohnsitz des Kl. hatte, schied eine direkte Anwendung des Art. 6 Nr. 1 EuGVVO aus. Der BGH schloss auch eine Annexzuständigkeit des Wohnsitzgerichts des Geschädigten für die Klage gegen den VN der Haftpflichtversicherung alle...