BGB § 438 Abs. 2 S. 1
Leitsatz
1. Eine vorbeugende Untersuchungspflicht des Gebrauchtwagenhändlers hinsichtlich der "Reparaturhistorie" des zu verkaufenden Pkw besteht grds. nicht. Vielmehr trifft den Kraftfahrzeughändler nur die Verpflichtung zu einer fachmännischen äußeren Besichtigung in Bezug auf etwaige Unfallschäden ("Sichtprüfung").
2. Auf Marderbisse ist das zu verkaufende Fahrzeug nicht zu untersuchen, da sie schon nach allgemeiner Auffassung aufgrund ihrer punktuellen Begrenzung und fehlender Einwirkung auf tragende Teile Unfallschäden nicht gleichgestellt werden können.
(Leitsätze der Schriftleitung)
LG Aschaffenburg, Urt. v. 27.2.2015 – 32 O 216/14
Sachverhalt
Der Kl. hat nach dem Kauf eines Gebrauchtwagens von der beklagten gewerblichen Kfz-Handelsfirma die Rückabwicklung des Kaufvertrags durch Rückzahlung des um die gezogenen Nutzungen verminderten Kaufpreises sowie die Erstattungen von Aufwendungen, die Feststellung des Annahmeverzuges der Verkäuferin mit der Rücknahme des Pkw, die Feststellung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und die Verpflichtung zur Tragung der Kosten des durchgeführten selbstständigen Beweisverfahrens verfolgt. Der Kl. führt zur Begründung seines Rücktritts an, der Bekl. habe den ihm bekannten Marderschaden an dem verkauften Fahrzeug gegenüber dem Kl. verschwiegen. Die Bekl. habe aufgrund des erkennbaren Austauschs zweier Schläuche, des Einbaus einer Matte unter der Motorhaube und der Montage einer Marderabwehranlage aufgrund ihrer Fachkenntnisse erkennen können, dass an dem Fahrzeug höchstwahrscheinlich ein Marderschaden vorgelegen habe. Die Bekl. bestreitet, dass ihr bzw. ihren Mitarbeitern das Vorliegen eines Marderschadens bekannt gewesen sei. Der Austausch der Schläuche und der Dämmmatte lasse nicht zwingend den alleinigen Schluss auf die Behebung eines Marderschadens zu, sondern könne auch andere Ursachen gehabt haben. Auch der Einbau der Marderabwehranlage erlaube nicht den Schluss auf einen zuvor eingetretenen Marderschaden, sondern könne zur Verhinderung des Eintritts eines solchen Schadens erfolgt sein. Im Übrigen sei ein Marderschaden nicht mit einem beim Verkauf zu offenbarenden Unfallschaden vergleichbar, da dessen Behebung durch den Austausch der beschädigten Teile vollständig habe behoben werden können.
Das LG wies die Klage ab.
2 Aus den Gründen:
" … Die zulässige Klage ist unbegründet."
Der Kl. hat gegenüber der Bekl. keine Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises und Erstattung weiterer Aufwendungen im Zusammenhang mit dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Gebrauchtwagen-Kaufvertrag.
Die vorgenannten Ansprüche sind nicht begründet, weil dem Kl. kein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag gem. den §§ 434, 437 Nr. 2 BGB i.V.m. den §§ 323, 346 BGB zur Seite steht, bzw. derartige Ansprüche jedenfalls gem. § 438 i.V.m. § 476 Abs. 2 BGB verjährt sind.
1. Unter Bezugnahme auf § 476 BGB findet eine Beweislastumkehr zugunsten des Kl. im Rahmen des Gewährleistungsrechtes innerhalb von 6 Monaten nach Gefahrübergang, der Kaufsache dahingehend statt, dass innerhalb dieses Zeitraumes auftretende Mängel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges vorhanden waren.
Die Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs fand unstreitig am 23.9.2011. statt, so dass der vorgenannte 6-Monats-Zeitraum am 23.3.2012 endete.
a) Sämtliche klägerseits vorgelegten Reparaturrechnungen weisen als Reparaturannahmezeitpunkte Daten auf, welche zeitlich deutlich nach dem oben genannten Zeitraum liegen, so dass dem Kl. die oben genannte Beweislastumkehr nicht zu Gute kommt, sondern ihm vielmehr die Beweislast obliegt, dass die den Reparaturrechnungen zugrunde liegenden Defekte auf einem zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs (23.9.2011) tatsächlich zuvor stattgefundenen Marderschaden (Marderbiss) zurückzuführen sind, bzw. waren.
b) Der gerichtliche Sachverständige hat im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens im vorgenannten Zusammenhang in schlüssiger und von Fachkompetenz getragener Weise festgestellt, dass ein Marderschaden – sofern ein solcher tatsächlich vorgelegen haben mag – aa) jedenfalls ordnungsgemäß repariert wurde
und
bb) dass die den Reparaturrechnungen zugrunde liegenden Reparaturen von Defekten nicht ohne weiteres einem Marderschaden – so er tatsächlich vorgelegen hatte – zuzuordnen seien.
Im Ergebnis ist somit bereits nicht zur Überzeugung des Gerichts mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit vom Kl. nachgewiesen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug zum Zeitpunkt der Übergabe noch einen – ggf. nicht ordnungsgemäß reparierten – Marderschaden aufwies.
c) Darüber hinaus wären derartige Ansprüche auch verjährt, weil die Parteien unstreitig die gesetzliche Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche von 2 Jahren (vgl. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB) unstreitig in einer bei Gebrauchtfahrzeugen – auch im Rahmen eines sog. Verbrauchsgüterkaufs rechtlich zulässigen Weise (§ 475 Abs. 2 BGB) unter Hinweis auf Ziffer VI der vorgelegen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bekl. auf 1 Jahr vereinbarungsgemäß verkürzt hatten.
Di...