[7] "… II. 1. Bei der Fahrt der Kl. von H nach B handelte es sich um eine Gefälligkeit, die keinen Aufwendungsersatzanspruch für den erlittenen Schaden begründet."

[8] a) Im Bereich der rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisse wird zwischen einem Auftrags- und einem Gefälligkeitsverhältnis unterschieden. Ob jemand für einen anderen ein Geschäft i.S.d. § 662 BGB besorgt oder jemandem nur eine (außerrechtliche) Gefälligkeit erweist, hängt vom Rechtsbindungswillen ab. Maßgeblich ist insoweit, wie sich dem objektiven Beobachter – nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrssitte – das Handeln des Leistenden darstellt. Eine vertragliche Bindung wird insb. dann zu bejahen sein, wenn erkennbar ist, dass für den Leistungsempfänger wesentliche Interessen wirtschaftlicher Art auf dem Spiel stehen und er sich auf die Leistungszusage verlässt oder wenn der Leistende an der Angelegenheit ein eigenes rechtliches oder wirtschaftliches Interesse hat. Ist dies hingegen nicht der Fall, kann dem Handeln der Beteiligten nur unter besonderen Umständen ein rechtlicher Bindungswillen zugrunde gelegt werden. Ein Bindungswille wird deshalb i.d.R. beim sog. Gefälligkeitshandeln des täglichen Lebens, bei Zusagen im gesellschaftlichen Bereich oder bei Vorgängen, die diesen ähnlich sind, zu verneinen sein (vgl. Senat NJW 1992, 498 zur Gefälligkeitsfahrt; s. auch Senat BGHZ 88, 373, 382 = NJW 1984, 1533 und NJW 2012, 3366 Rn 14 f.; BGHZ 21, 102, 106 f. = NJW 1956, 103; NJW 1968, 1874 = JZ 1969, 232, 233; BGHZ 56, 204, 210 = NJW 1971, 1404 und NJW 2009, 1141 Rn 7 f).

[9] b) Genauso muss, um Wertungswidersprüche zu vermeiden, im Bereich der gesetzlichen Schuldverhältnisse zwischen der Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff. BGB und der (außerrechtlichen) Gefälligkeit ohne Auftrag unterschieden werden. Maßgeblich ist insoweit ebenfalls, wie sich dem objektiven Beobachter – nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrssitte – das Handeln des Leistenden darstellt. Die Abgrenzung erfolgt unter Berücksichtigung unter anderem der Art der Tätigkeit, ihrem Grund und Zweck, ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Bedeutung für den Geschäftsherrn, der Umstände, unter denen sie erbracht wird, und der dabei entstehenden Interessenlage der Parteien. Gefälligkeiten des täglichen Lebens oder vergleichbare Vorgänge können insoweit regelmäßig den Tatbestand der §§ 677 ff. BGB nicht erfüllen. Hierbei kann dahinstehen, ob die Wertungen, die über das Vorliegen des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag oder des Nichtschuldverhältnisses der “Geschäftsführung aus Gefälligkeit‘ bestimmen, im Rahmen eines normativen Verständnisses des Begriffs des “Geschäfts‘ i.S.d. § 677 BGB (so Staudinger/Bergmann, BGB, Neubearb. 2015, Vorb. zu §§ 677 ff. Rn 111; s. auch Erman/Dornis, BGB, 14. Aufl., § 677 Rn 3; Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, Rn 1145 ff.) oder im Rahmen des “Geschäftsübernahmewillens‘ (so Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., Einf v § 677 Rn 2; Gehrlein, in: Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl. 2013, § 677 Rn 1; Beuthien, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2012, § 677 Rn 4 i.V.m. Fn 20) berücksichtigt werden.

[10] c) Die Abgrenzung zwischen Geschäftsführung ohne Auftrag und Gefälligkeit ohne Auftrag obliegt grds. dem Tatrichter. Das Revisionsgericht kann jedoch eine – wie hier – unterlassene Abgrenzung selbst vornehmen, wenn der Tatrichter die hierzu notwendigen Feststellungen getroffen hat und keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind (vgl. nur Senat, Urt. v. 17.11.2011 – III ZR 103/10, BGHZ 191, 310 Rn 33 m.w.N. = NJW 2012, 758) oder wenn es keiner weiteren tatrichterlichen Feststellung bedarf, weil das Revisionsgericht diese anhand des unstreitigen Inhalts der Akten selbst treffen kann (vgl. BGH, Urt. v. 14.5.2014 – VIII ZR 266/13, BGHZ 201, 252 Rn 25 m.w.N. = NJW 2014, 3156).

[11] Die Kl. hat ihre Enkelin nach B fahren wollen, um dieser die Teilnahme an der Kreismeisterschaft zu ermöglichen. Dies geschah aus Gefälligkeit gegenüber ihrer Enkelin beziehungsweise deren sorgeberechtigten Eltern. An dem Charakter der Fahrt als Gefälligkeit ändert sich nichts dadurch, dass der Transport nicht ausschließlich im alleinigen Interesse der Enkelin und ihrer Eltern, sondern auch im Interesse der Mannschaft und damit des beklagten Sportvereins lag. Der “Bringdienst‘ der minderjährigen Spielerinnen zu auswärtigen Spielen war nach den tatrichterlichen Feststellungen Sache der Eltern beziehungsweise anderer Angehöriger oder Freunde. Die Kl. hat im Rahmen ihrer Anhörungen vor den Instanzgerichten angegeben, die Kinder seien immer privat gefahren worden. Sie selbst habe viele Fahrten durchgeführt und dafür nie etwas bekommen. Wenn sie nicht gefahren wäre, hätte man den Transport innerhalb der Familie oder der übrigen Vereinsmitglieder so umorganisiert, dass eine andere Person ihre Enkelin gefahren hätte. Dieser übliche Ablauf spricht...

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