RL 98/6/EG Art. 3 Abs. 1; RL 2005/29/EG Art. 7 Abs. 1 Buchst. c
Leitsatz
Als Endpreis eines Kfz-Kaufvertrags muss der anzugebende Verkaufspreis die unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteile des Preises enthalten, die obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sind und die Gegenleistung in Geld für den Erwerb des betreffenden Erzeugnisses bilden. Dazu gehören die obligatorischen Überführungskosten.
EuGH (4. Kammer), Urt. v. 7.7.2016 – C-476/14
Sachverhalt
Die Vertriebsfirma eines Autoherstellers ließ in den Werbenachrichten einer Zeitung eine Werbeanzeige mit folgenden Angaben abdrucken: "z.B. C C 4 VTI 120 Exclusive 21.800 EUR". Eine hochgestellte 1 verwies auf einen Text im unteren Teil der Anzeige: "Preis zzgl. Überführung i.H.v. 790 EUR." Der insgesamt zu zahlende Endpreis war in der Anzeige nicht angegeben. Die Zentralvereinigung des Kraftfahrzeuggewerbes zur Aufrechterhaltung lauteren Wettbewerbes e.V. erhob beim LG Köln Klage auf Unterlassung dieser Werbung, da diese nicht den Endpreis einschließlich der Überführungskosten enthalte. Der Klage wurde stattgegeben. Die Berufung der Bekl. hatte keinen Erfolg. Die Bekl. legte gegen das Urt. des OLG Revision ein. Der BGH ging in seinem Beschl. zur Vorlage an den EuGH davon aus, dass der Verkäufer die Kosten der Überführung als Bestandteil des Endpreises auffasse, wobei deren Einbeziehung bei einem Wahlrecht des Käufers, den Wagen selbst abzuholen, entbehrlich sei, wenn die Höhe der Kosten nicht im Voraus angegeben werden könne.
Der EuGH bejahte eine Verpflichtung des Verkäufers zur Einbeziehung der Überführungskosten in den offen zu legenden Verkaufsendpreis.
2 Aus den Gründen:
[25] "… Mit seinen Fragen, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht vom EuGH wissen, ob Art. 1 und Art. 3 Abs. 1 der RL 98/6 sowie Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der RL 2005/29 dahin auszulegen sind, dass die vom Verbraucher zu tragenden Kosten der Überführung eines Kfz vom Hersteller zum Händler in dem in einer Werbung eines Gewerbetreibenden angegebenen Verkaufspreis dieses Fahrzeugs enthalten sein müssen."
[26] Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die RL 98/6 nach ihrem Art. 1 die Angabe des Verkaufspreises und des Preises je Maßeinheit bei Erzeugnissen, die Verbrauchern von Händlern angeboten werden, regelt und dass dadurch für eine bessere Unterrichtung der Verbraucher gesorgt und ein Preisvergleich erleichtert werden soll.
[27] Wie aus ihrem zwölften Erwägungsgrund hervorgeht, soll diese Richtlinie insoweit eine einheitliche und transparente Information zugunsten sämtlicher Verbraucher im Rahmen des Binnenmarkts sicherstellen.
[28] Um diese Einheitlichkeit und Transparenz der Preisinformation sicherzustellen, schreibt Art. 3 Abs. 1 der RL 98/6 vor, dass der Verkaufspreis aller Erzeugnisse, die Verbrauchern von Händlern angeboten werden, anzugeben ist, wobei dieser Verkaufspreis nach Art. 2 Buchst. a dieser Richtlinie als Endpreis für eine Produkteinheit oder eine bestimmte Erzeugnismenge, der die Mehrwertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließt, definiert ist.
[29] Die Anwendbarkeit der RL 98/6 hinsichtlich bestimmter Aspekte von Werbung, bei der der Verkaufspreis der Erzeugnisse genannt wird, ergibt sich aus Art. 3 Abs. 4 dieser Richtlinie.
[30] Zwar sieht diese Bestimmung keine allgemeine Verpflichtung zur Angabe des Verkaufspreises vor, jedoch kann eine Werbung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in der sowohl die Besonderheiten des beworbenen Erzeugnisses als auch ein Preis, der aus der Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers dem Verkaufspreis dieses Erzeugnisses gleichkommt, sowie ein Datum, bis zu dem das an Privatkunden gerichtete “Angebot’ gültig bleibt, genannt sind, von einem solchen Verbraucher als Angebot des Gewerbetreibenden, das Erzeugnis zu den in dieser Werbung genannten Konditionen zu verkaufen, aufgefasst werden. In einem solchen Fall muss der so angegebene Preis den Anforderungen der Richtlinie 98/6 genügen.
[31] Insb. muss dieser Preis der Verkaufspreis des betreffenden Erzeugnisses, das heißt sein Endpreis i.S.v. Art. 2 Buchst. a der RL 98/6 sein. Der Endpreis ermöglicht es dem Verbraucher, den in einer Werbung angegebenen Preis zu beurteilen und mit dem Preis anderer ähnlicher Erzeugnisse zu vergleichen und somit, gem. dem 6. Erwägungsgrund der RL 98/6, anhand einfacher Vergleiche fundierte Entscheidungen zu treffen.
[32] Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob alle in Rn 30 des vorliegenden Urt. genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
[33] Zwar hat der EuGH im Urt. Kommission/Belgien (EuGH, ECLI:EU: 2014:2064 = GRUR Int. 2014, 964 Rn 59), darauf hingewiesen, dass Gegenstand der RL 98/6 der Schutz der Verbraucher nicht bei der Angabe der Preise im Allgemeinen oder hinsichtlich der wirtschaftlichen Realität der Ankündigung von Preisermäßigungen ist, sondern bei der Preisangabe von Waren unter Bezugnahme auf unterschiedliche Maßeinheiten.
[34] Mit diesem Hinweis hat der EuGH jedoch lediglich das Vorbringen...