VVG § 81
Leitsatz
Hat ein VN keine Vorkehrungen dagegen getroffen, in alkoholisiertem Zustand ein Kfz zu führen, und verursacht er sodann ein Kfz mit einer BAK von 2,19 ‰ führend einen Verkehrsunfall, so steht ihm wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls kein Anspruch auf eine Kaskoentschädigung zu.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Köln, Beschl. v. 20.7.2017 – 9 U 20/17
1 Aus den Gründen:
" … Die Bekl. ist wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls gem. § 81 Abs. 2 VVG i.V.m. A.2.19.1 der dem Versicherungsverhältnis der Parteien zugrundeliegenden AKB 2013 leistungsfrei. Der Kl. hat den Versicherungsfall infolge des Genusses alkoholischer Getränke herbeigeführt, so dass der in A.2.19.1 AKB 2013 geregelte grds. Verzicht des VR auf eine Kürzung bei grober Fahrlässigkeit nicht eingreift. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Klausel genügt insoweit die bloße Mitursächlichkeit des Alkoholkonsums für den Eintritt des Versicherungsfalls. Dass die unmittelbar nach dem Unfall festgestellte Blutalkoholkonzentration von 2,19 ‰ und die daraus folgende absolute Fahruntüchtigkeit des Kl. zumindest mitursächlich für die von ihm verursachten Verkehrsunfälle war, stellt die Berufung nicht in Abrede."
Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass der Kl. die Schäden objektiv und subjektiv grob fahrlässig verursacht hat, indem er am Nachmittag des 21.8.2016 eine größere Menge alkoholischer Getränke eingenommen hat, ohne geeignete Maßnahmen zu treffen, die ihn vor einer alkoholisierten Rückfahrt in das Uniklinikum mit dem eigenen Fahrzeug sicherten. Dabei kann dahinstehen, ob der Kl. bei Antritt und während der Trunkenheitsfahrt schuldunfähig i.S.d. § 827 BGB war. Da die Leistungsfreiheit des VR nach § 81 Abs. 2 VVG lediglich an einen Erfolg, nämlich die Herbeiführung des Versicherungsfalls, nicht dagegen an ein bestimmtes Verhalten, etwa das Führen des Kfz in alkoholisiertem Zustand, anknüpft, kann nach der Rspr. des BGH auf ein zeitlich vorangehendes Verhalten des VN abgestellt werden, durch das der Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt wird (BGHZ 190, 120–131). Rechnet der VN schon vor Trinkbeginn oder jedenfalls in einem noch schuldfähigen Zustand damit, dass er später unter Alkoholeinfluss mit seinem Kfz fahren und dabei möglicherweise einen Unfall herbeiführen werde, oder musste er damit rechnen und verschließt er sich dem grob fahrlässig, so setzt der Vorwurf der schuldhaften Herbeiführung des Versicherungsfalls bereits zu diesem früheren Zeitpunkt ein. Maßgeblich ist, ob und welche Vorkehrungen ein VN, der mit einem Pkw unterwegs ist und beabsichtigt, Alkohol zu trinken, getroffen hat, um zu verhindern, dass er eine Fahrt in alkoholisiertem Zustand antritt oder fortsetzt, in dessen Verlauf es später zum Eintritt des Versicherungsfalls kommt (BGHZ 190, 120–131).
Vorliegend ist dem Kl. vorzuwerfen, dass er, als er mit dem Alkoholgenuss begonnen hat, keine Vorkehrungen getroffen hat, um zu verhindern, dass er in alkoholisiertem Zustand sein Fahrzeug führen wird. Dem Kl. war schon bei seiner Heimfahrt aus dem Klinikum bewusst und bekannt, dass er am Abend desselben Tages wieder zurück mit seinem Fahrzeug in das Klinikum fahren würde. Dennoch hat er keine Sicherungsmaßnahmen getroffen, um eine Rückkehr am selben Abend mit anderen Verkehrsmitteln oder durch einen anderen Fahrer sicherzustellen.
Die Behauptung des Kl., er sei aufgrund der Medikation bereits schuldunfähig gewesen, bevor er die alkoholischen Getränke zu sich genommen habe, vermag ihn nicht zu entlasten. Wie das LG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausführt, ist § 827 S. 1 BGB im versicherungsrechtlichen Zusammenhang entsprechend anwendbar und führt dazu, dass bei Schuldunfähigkeit grobe Fahrlässigkeit entfällt. Die Darlegungs- und Beweislast für eine behauptete Unzurechnungsfähigkeit im Zeitpunkt der Herbeiführung des Versicherungsfalls trifft den VN (BGHZ 190, 120–131). Dieser Darlegungslast wird der Vortrag des Kl. nicht gerecht. Mangels hinreichender Anknüpfungstatsachen ist der angebotene Sachverständigenbeweis ungeeignet.
Erstmals in seinem nachgelassenen Schriftsatz v. 23.12.2016 behauptet der Kl., dass er in dem Zeitpunkt, als er damit begonnen habe, Alkohol zu konsumieren, aufgrund der eingenommenen Medikamente schuldunfähig gewesen sei. Er behauptet, dass in seinem Blut die Substanzen Methanol, Aceton, 2-Butanon, 2-Propanol, 1-Propanol und Iso-Butanol festgestellt worden seien. Ausweislich des wissenschaftlichen Gutachtens zur chemisch-toxikologischen Untersuchung der dem Kl. am 22.8.2015 abgenommenen Blutprobe wurde indes lediglich das Medikament Telmisartan nachgewiesen. Die von dem Kl. aufgeführten Substanzen werden in den wissenschaftlichen Gutachten nicht genannt. Doch selbst wenn die vom Kl. im einzelnen aufgeführten Substanzen in dem Medikament Telmisartan enthalten sein sollten, wäre der bloße Hinweis auf einen entsprechenden Nachweis nicht geeignet, eine eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit des Kl. aufgrund der Medikation sc...