1. Zahlreiche gesetzliche Vorschriften ordnen gegenüber dem Fahrer von Fahrzeugen im Straßenverkehr auch zur Vermeidung oder Verminderung von Eigenschäden des Fahrers die Einhaltung von Sorgfaltsmaßnahmen an. Das gesetzlich angeordnete Anlegen von Sicherheitsgurten (§ 21a Abs. 1 S. 1 StVO) schützt nicht nur die Interessen der Allgemeinheit an der Geringhaltung des Schadens durch Arbeitsaufwendungen der Rettungsdienste und Ausgleichsleistungen von Sozialleistungsträgern, sondern dient auch dem Schutz des Fahrers durch die Rückhaltewirkung des Gurtes (vgl. Scholten, DAR 2013, 748).
Eine weitere Verpflichtung der Fahrer von Motorrädern, Mopeds, Trikes und Quads zum Tragen eines Schutzhelms auch zur Schadensbewahrung des Fahrers ordnet § 21a Abs. 2 S. 1 StVO an. Bei Nichterfüllung dieser beispielhaft hervorgehobenen Obliegenheiten (zu weiteren Anwendungsbereichen gesetzlich angeordneter Obliegenheiten vgl. Scholten, a.a.O.) greifen Kürzungsmöglichkeiten nach Mithaftungsregeln ein.
Die Nichterfüllung von diesen Obliegenheiten wirkt sich dahin aus, dass für den Fall der Ursächlichkeit der Nichterfüllung der Obliegenheit für Eintritt oder Höhe des Schadens etwaige Ersatzansprüche des Geschädigten gegen den Unfallgegner aus § 7 StVG oder verwandten Haftungsbestimmungen gemindert sein können, wobei das Mitverschulden des Geschädigten, der selbst nicht als Halter oder Fahrzeugführer beteiligt war, nach § 9 StVG i.V.m. § 254 BGB zugerechnet wird. Ansonsten gilt § 17 StVG.
2. Neben den gesetzlich vertypten Mitverschuldenstatbeständen werden Umstände diskutiert, aus denen Mitverschuldensgründe zu Lasten des Geschädigten hergeleitet werden. Ausgangspunkt für diese Auseinandersetzungen ist die Erwägung, dass sich die von dem Geschädigten zu beachtenden Obliegenheiten nicht ausschließlich aus von dem Gesetzgeber positiv formulierten Vorschriften ergeben (vgl. LG Köln DAR 2013, 382; Heß/Burmann, NJW-sp. 2017, 390). Damit würde verkannt werden, dass Grundlage des Mitverschuldenseinwands der dem Geschädigten zu machende Vorwurf ist, der Sorgfalt zuwider gehandelt zu haben, die ein ordentlicher Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (vgl. BGH VersR 1961, 561 (562); BGH NJW 2008, 3778; OLG Nürnberg zfs 2013, 436; Scholten, a.a.O., 748). Damit kann aus der Nichterwähnung bestimmter Umstände in verwandten gesetzlich formulierten Obliegenheiten nicht der Schluss gezogen werden, mit der gesetzlich formulierten Norm sei abschließend der Kreis der zu beachtenden Obliegenheiten umschrieben. Aus diesem Grund ist beispielsweise eine Schutzhelmtragepflicht für Radfahrer nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 21a Abs. 2 S. 1 StVO nur für motorisierte Zweiräder eine Helmpflicht anordnet. Ein abschließender Charakter hinsichtlich der von dem Geschädigten zu tragenden, seiner Sicherheit dienender Ausrüstung (Motorradstiefel, Protektorenschutzkleidung) ist mit der Erwähnung anderer Schutzkleidung nicht verbunden
Die Entscheidung, ob weitere, nicht gesetzlich erwähnte Schutzkleidung aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen Verkehrsteilnehmers einen Einsatz unter Beachtung der Gebote eigener Interessenwahrnehmung zur Schadensminimierung erforderte, hat sich an dem allgemeinen Verkehrsbewußtsein zu orientieren. Nicht tragfähig erscheint es, bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Schutzkleidung darauf abzustellen, ob die unterlassene Schutzmaßnahme zur Schadensverhinderung oder Verringerung des Schadens geeignet war. War dies zu verneinen, griff der Einwand des Mitverschuldens ohnehin nicht ein. Sollte dieser Einwand dahin zu verstehen sein, dass maximale Sicherheitsvorkehrungen zu treffen wären, würde dies als übersetzte Sicherheitsanforderung zu würdigen sein (vgl. LG Heidelberg NZV 2014, 466 (467); Lorenz in Beck-OK-BGB, Stand 1.3.2011, § 254 Rn 9).
Die methodische Entwicklung der Ermittlung des allgemeinen Verkehrsbewußtseins zur Erforderlichkeit von Schutzmaßnahmen ist in der Entscheidung zur Helmtrageobliegenheit von Radfahrern vom BGH entwickelt worden (vgl. BGH zfs 2014, 496). Der BGH stellte fest, dass im Gegensatz zu den Überzeugungen von Verkehrsteilnehmern im Jahre 1974 nunmehr amtliche Statistiken über die tatsächliche Akzeptanz von Fahrradhelmen existieren, die die Bundesanstalt für das Straßenwesen erhebt, die derzeit ein allgemeines Bewusstsein für die Erforderlichkeit des Tragens von Fahrradhelmen nicht ergebe.
Der BGH hat sich mit dieser Weichenstellung Versuchen von Instanzgerichten entgegengestellt, unter Berufung auf Beobachtungen im Staßenbild zur Verbreitung von Fahrradhelmen nicht gesicherte Rückschlüsse auf die angebliche allgemeine Verkehrsauffassung zur Notwendigkeit von Fahrradhelmen zu ziehen (vgl. OLG Schleswig zfs 2014, 258, Rn 37; kritisch dazu Scholten, a.a.O., 749).
Sollte sich allerdings die Ansicht durchsetzen, dass Schutzhelme geeignet sind, Schädel-Hirn-Traumata zu vermeiden (vgl. Pluisch, NZV 1994, 17 (19)), könnte das allgemeine Verkehrsbewusstsein sich dahin entwickeln, dass es nunmehr von d...