ZPO § 91 § 98 § 103 § 104
Leitsatz
1. Zwischen Streitgenossen findet eine Kostenfestsetzung ausnahmsweise nur dann statt, wenn deren Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis eindeutig tituliert worden sind.
2. Ein solcher Ausnahmefall liegt dann nicht vor, wenn die Parteien in dem zwischen einem Kl. und zwei Bekl. geschlossenen Vergleich die Kosten des Rechtsstreits nach Quoten verteilt haben.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Hamburg, Beschl. v. 8.9.2016 – 8 W 87/16
Sachverhalt
Die Kl. und die beiden Bekl. hatten ihren vor dem LG Hamburg geführten Rechtsstreit durch Prozessvergleich beendet. Dieser enthielt unter Ziff. 4 folgende Kostenregelung:
"4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Bekl. zu 1) 79 % und die Bekl. zu 2) 4 % und die Kl. restliche 17 %."
Hieraufhin hat die Bekl. zu 2) die Festsetzung ihrer außergerichtlichen Kosten gegen den Bekl. zu 1) in Höhe von 2.283,07 EUR beantragt. Die Rechtspflegerin des LG hat die Festsetzung mit der Begründung abgelehnt, in dem Vergleich sei keine das Verhältnis der beiden Bekl. untereinander betreffende Kostenregelung enthalten. Gegen die Ablehnung der Festsetzung hat die Bekl. zu 2) sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, die Kostenregelung enthalte eine exakte quotale Beteiligung sämtlicher Parteien an den Kosten des Rechtsstreits. Zu diesen Kosten gehörten alle Gerichts- und alle Anwaltskosten sämtlicher Beteiligter. Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG Hamburg zur Entscheidung vorgelegt. Das OLG hat die sofortige Beschwerde der Bekl. zu 2) zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen:
" … Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtspflegerin hat die Kostenfestsetzung zugunsten der Bekl. zu 2) gegen den Bekl. zu 1), ihren Streitgenossen, zu Recht abgelehnt."
Zwischen Streitgenossen findet grds. keine gerichtliche Kostenfestsetzung statt, es sei denn, dass Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis eindeutig mittituliert worden sind (OLG Bremen AGS 2003, 367 = MDR 2003, 1080; OLG Koblenz JurBüro 1990, 1468; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 104 Rn 21 “Streitgenossen' und § 91 Rn 13 “Streitgenossen'; OLG Köln FamRz 1993, 724; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 15.1.2003 – 4 W 88/02, juris Rn 3).
Hieran fehlt es vorliegend.
Für die Kostenfestsetzung erforderlich ist ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel. Bei zweifelhafter Verteilung der Kosten kann eine Auslegung des Titels notwendig sein, namentlich im Falle der Streitgenossenschaft. Die Auslegung darf aber nicht zu einer verdeckten Korrektur der Kostengrundentscheidung führen. Richter und Rechtspfleger sind an die Kostengrundentscheidung selbst dann gebunden, wenn sie unrichtig oder unzulässig ist. Dies schließt allerdings die Auslegung einer Kostengrundentscheidung nicht aus, solange der sachliche Titelgehalt nicht verändert wird (zu allem Zöller/Herget, a.a.O., § 104 Rn 21 “Auslegung' m.w.N.).
Vorliegend hat die Rechtspflegerin zu Recht festgestellt, dass sich aus der im Vergleich gefundenen Kostenregelung eine Kostenerstattung zwischen den Bekl. nicht ergibt. Allein aus der Verteilung von Kosten zwischen einem Kl. und zwei Bekl. nach Quoten kann nicht auf eine Ausgleichspflicht der Bekl. untereinander geschlossen werden (vgl. für eine mit Ausnahme der Quoten nahezu identische Kostenregelung OLG Zweibrücken a.a.O., Rn 2, 3). Auch der sonstige Inhalt des Vergleichs und die Aktenlage geben dem Beschwerdegericht keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür an die Hand, der Kostenregelung im Vergleich im Wege der Auslegung eine derartige Ausgleichspflicht zwischen den Bekl. beizumessen. … “
3 Anmerkung:
Die Konstellation, dass auf Klägerseite und/oder auf Beklagtenseite mehrere Streitgenossen stehen, kommt gerade im Schadensersatzrecht relativ häufig vor. Bei der Kostenregelung in einem – gerichtlichen – Vergleich sollte dieser Umstand von den Prozessbevollmächtigten berücksichtigt werden.
I. Grundsatz: Keine Kostenfestsetzung zwischen Streitgenossen
Aus der Kostenregelung in dem gerichtlichen Vergleich ergibt sich lediglich ein Maßstab für die Verteilung der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Parteien. Danach haben die Parteien die Kostentragungspflicht betreffend die gesamten Kosten des Rechtsstreits geregelt. Nach Ziff. 4 des Vergleichs der Parteien in dem vom OLG Hamburg entschiedenen Fall sollen von den Kosten des Rechtsstreits, zu denen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten sämtlicher Parteien gehören, der Bekl. zu 1) 79 %, die Bekl. zu 2) 4 % und die Kl. 17 % tragen. Eine Erstattungsregelung zwischen den auf Beklagtenseite vorhandenen beiden Streitgenossen war damit nicht getroffen worden.
Soweit das OLG Zweibrücken (OLGR Zweibrücken 2013, 198) für eine vergleichbare Kostenregelung, nach der von den Kosten des Rechtsstreits der Kl. 33 %, die Bekl. zu 1) 52 % und die Bekl. zu 2) 15 % zu tragen haben, gefolgert hat, damit sei lediglich die Verteilung der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Kl., nicht hingegen die außergerichtlichen Kosten der Bekl., ge...