Der erste im Verfahren tätige unfallanalytische Sachverständige kam auf Grundlage der Crash-Daten zu dem Schluss, dass der Honda zunächst gar nicht, dann 1 s vor der Kollision leicht und am Ende 0,5 s vor der Kollision verstärkt nach rechts gelenkt hat. Daraus wurde abgeleitet, dass der Unfall für den Honda-Fahrer unvermeidbar war, da das entgegenkommende Fahrzeug innerhalb seiner Reaktions- und Schwellzeit auf seine Fahrbahn geriet. Ein Grund für das Lenkmanöver des Toyota-Fahrers auf die Gegenfahrspur sei aus technischer Sicht nicht zu erklären. Der zweite Sachverständige konnte zwar das Ergebnis des Erstgutachtens nicht ausschließen, stellt jedoch auch eine andere Möglichkeit dar, bei der der Honda zunächst von seiner Spur abkommt und der Toyota-Fahrer daraufhin mit einer Ausweichbewegung nach links reagiert.
Trotz des sehr gut verfügbaren Materials bezüglich des Kollisionsortes, der Geschwindigkeiten und dem Annäherungsverhalten der Fahrzeuge über die gespeicherten Crash-Daten, konnte somit für den vorliegenden Fall im Rahmen von zwei unfallanalytischen Gutachten kein klares Ergebnis gefunden werden. Die Gutachter waren sich uneinig, welche Messdaten relevant oder fehlerhaft waren. Im Rahmen eines Obergutachtens wurden daher die aufgezeichneten Daten detailliert untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass der von dem Honda aufgezeichnete Lenkeinschlag vor der Kollision den entscheidenden Hinweis liefern kann. Diesbezüglich war zu klären, wie genau die dokumentierten Werte zu interpretieren und in der Unfallanalyse zu berücksichtigen sind.
Im Rahmen eines Fahrversuchs wurde daher mit Hilfe eines mit entsprechender Messtechnik ausgestatteten Versuchsfahrzeuges überprüft, welcher zeitliche Zusammenhang zwischen plötzlichem Lenkeinschlag und Fahrzeugbewegung entsteht. Dadurch konnte aufgezeigt werden, dass bei einem plötzlichen Lenkeinschlag die Querbeschleunigung unmittelbar ansteigt, so dass das Fahrzeug deutlich schneller auf die Lenkbewegung reagiert, als dies im 0,5s-Raster der Datenaufzeichnung gespeichert wird. Das Bild wie in der Abbildung ersichtlich zeigt den Messschrieb von Beschleunigungen und Lenkwinkel über die Zeit:
Damit ist bei einem einzelnen gespeicherten Wert einer Lenkwinkeländerung auch mit einer signifikanten Änderung der Querbeschleunigung bzw. Fahrzeugbewegung zu rechnen. Die im Aufzeichnungsintervall von 0,5 s gespei cherten Werte des Lenkwinkels sind somit zwingend für die Unfallanalyse zu berücksichtigen.
Dies führt zu dem Ergebnis, dass der Honda zunächst von seiner Spur auf die Gegenspur geraten sein muss, da unter Berücksichtigung des Lenkmanövers der erarbeitete Kollisionsort ansonsten nicht erreicht werden könnte.
Die Kombination aus einer korrekten Interpretation der Crash-Daten und dessen Berücksichtigung in der Unfallanalyse liefert somit ein schlüssiges Gesamtergebnis, das den Toyota-Fahrer in dem Strafverfahren entlasten konnte. Zu seinen Gunsten war mithin die Variante 2 einschlägig.