VV RVG Vorb. 3 Abs. 3 S. 1 und 3 Nr. 2 Nr. 3104
Leitsatz
Die Terminsgebühr für die Mitwirkung an außergerichtlichen Besprechungen (Nr. 3104 i.V.m. Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG) entsteht auch dann, wenn ein Prozessbevollmächtigter einen auf Erledigung des Verfahrens gerichteten fernmündlichen Vorschlag des gegnerischen Prozessbevollmächtigten zur Weiterleitung an seine Partei entgegennimmt.
BVerwG, Beschl. v. 3.9.2018 – 3 KSt 1.18
Sachverhalt
In dem vor dem BVerwG anhängigen Klageverfahren ist der Prozessbevollmächtigte des Kl. am 18.1.2018 in einem Telefonat an den Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen mit einem konkreten Vergleichsvorschlag herangetreten. Dieser äußerte sich zu dem Vorschlag der Klägerseite nicht, sondern erklärte, er werde den Vorschlag an seine Mandanten weiterleiten. So wurde dann verfahren. Die Beigeladenen haben den Vergleichsvorschlag des Kl. abgelehnt. Der Kl. hat sodann die Klage wegen geringer Erfolgsaussichten zurückgenommen.
Im Kostenfestsetzungsverfahren haben die erstattungsberechtigten Beigeladenen u.a. die Festsetzung einer 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG begehrt. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) des BVerwG hat dem Antrag in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.7.2018 stattgegeben.
Mit seiner hiergegen gerichteten Erinnerung hat sich der Kl. gegen die Festsetzung der Terminsgebühr gewandt. Hierzu hat er geltend gemacht, das Telefongespräch vom 18.1.2018 sei nicht von beiden Seiten mit dem Ziel einer vergleichsweisen Erledigung des Klageverfahrens geführt worden. Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen habe sich auf den Vergleichsvorschlag der Klägerseite hin noch nicht einmal zur Vergleichsbereitschaft seiner Mandanten äußern können. Vielmehr habe er lediglich erklärt, er werde den Vorschlag an diese weiterleiten. Der Vorschlag habe auch nicht zur Erledigung des Rechtsstreits geführt, weil die Beigeladenen ihn abgelehnt haben und die Klage ausschließlich wegen geringer Erfolgsaussichten zurückgenommen worden sei.
Das BVerwG – Einzelrichter – hat die Erinnerung des Klägers zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen:
"… [4] 2. Nach dem unstreitigen Inhalt des Telefonats vom 18.1.2018 sind die Voraussetzungen für das Entstehen der Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG erfüllt."
[5] a) Ein Rechtsanwalt verdient die Terminsgebühr gem. Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG für die Mitwirkung an außergerichtlichen Besprechungen, die auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Nach der Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, entsteht die Gebühr auch dann, wenn der gegnerische Anwalt – wie hier – die auf eine Erledigung des Verfahrens gerichteten Vorschläge zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei entgegennimmt (BGH zfs 2010, 286 Rn 7 m. Anm. Hansens = RVGreport 2010, 187 [Hansens] = AGS 2010, 164; BGH RVGreport 2007, 68 [Ders.] = AGS 2007, 129 = NJW-RR 2007, 286 Rn 6 ff. unter Bezugnahme auf den Entwurf des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks 15/1971, S. 209). Das liegt in der Intention des Gesetzgebers, das Kostenrecht zu vereinfachen und an das Merkmal einer Besprechung keine besonderen Anforderungen zu stellen. Dem entspricht es, dass einem Rechtsanwalt außergerichtliche Besprechungen – einer gängigen Praxis folgend – auch fernmündlich möglich sind (ebenso BGH RVGreport 2006, 387 [Ders.] = AGS 2006, 488 = NJW-RR 2006, 1507 Rn 9 und BGH RVGreport 2007, 68 [Ders.] = AGS 2007, 129 = NJW-RR 2007, 286 Rn 7; für Telefonate des Gerichts offengelassen in OVG NRW, Beschl. v. 3.8.2017 – 13 D 136/14, juris Rn 3).
[6] Eine Besprechung setzt daher nur die Bereitschaft der Gegenseite voraus, überhaupt in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten (vgl. OVG Weimar, Beschl. v. 28.3.2018 – 2 VO 350/15, juris Rn 7 und OVG NRW, Beschl. v. 3.8.2017 – 13 D 136/14, juris Rn 5). Dass sie darüber hinaus kausal für die Erledigung des gerichtlichen Verfahrens geworden ist, ist nicht erforderlich. Mit der Regelung über die Terminsgebühr soll das ernsthafte Bemühen eines Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts honoriert und damit zugleich – auch zur Entlastung der Gerichte – die außergerichtliche Streitbeilegung gefördert werden (BT-Drucks 15/1971, S. 209). Die Anreizfunktion der Gebühr würde beeinträchtigt, wäre die Honorierung der unter Umständen aufwändigen Einigungsbemühungen von ihrem Erfolg abhängig. Daher kommt es nicht darauf an, dass die Klage hier letztlich aus anderen Motiven, nämlich wegen geringer Erfolgsaussichten, zurückgenommen worden ist.
[7] b) Seine Bereitschaft zur Einigung hat der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen am 18.1.2018 verlautbart. Anders ist die Entgegennahme des klägerseitigen Vorschlags zur Weiterleitung an die Beigeladenen nicht zu verstehen. Ein Rechtsanwalt kann es in solchen Fällen nicht dabei belassen, seiner Partei den gegnerischen Vorschlag als Bote unkommentiert weiterzuleiten; er ist aufgrund seiner prozessualen Beratungspflicht im Gegenteil zu dessen Prüfung und zur Abgabe ...