"… II. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil es geboten ist, das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 OWiG)."
1. Die Verfahrensrüge, das Gericht habe einen rechtlichen Hinweis dahingehend unterlassen, dass es möglicherweise von vorsätzlichem Verhalten des Betr. ausgehe, ist angesichts ihrer erkennbaren Angriffsrichtung ungeachtet dessen, dass sie die Vorschrift des § 265 Abs. 2 StPO und nicht des § 265 Abs. 1 StPO zitiert, zulässig und auch begründet. Weder der Betr. noch sein Verteidiger waren auf diese Möglichkeit hingewiesen worden und hatten demgemäß insoweit keine Gelegenheit, ihr prozessuales Verhalten auf die neue Situation einzustellen. Dieses Vorgehen verletzt zugleich den Anspruch des Betr. auf rechtliches Gehör.
a) Der Umstand, dass im Bußgeldbescheid die Schuldform nicht angegeben war, hatte zur Folge, dass vom Vorwurf fahrlässigen Handelns auszugehen war (OLG Bamberg, Beschl. v. 2.5.2017 – 2 Ss OWi 293/17, DAR 2017, 383), zumal sich die Zentrale Bußgeldstelle mit ihrer Rechtsfolgenentscheidung ersichtlich an dem für Fahrlässigkeitsdelikte (§ 1 Abs. 2 S. 2 BKatV) geltenden Regelsatz nach Nr. 99.1 BKat orientiert hatte.
b) Ein Hinweis dahingehend, dass die Verurteilung wegen einer vorsätzlich begangenen Tat erfolgen könne, ist ausweislich der Verfahrensakte und des Hauptverhandlungsprotokolls weder dem Betr. selbst noch dessen Verteidiger, insb. auch nicht in der Hauptverhandlung, erteilt worden.
2. Das Urteil beruht auch auf dem Rechtsfehler. Es ist nicht auszuschließen, dass der Betr. – wie er vorträgt – seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückgenommen hätte, wenn der gebotene Hinweis nach § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 265 Abs. 1 StPO erteilt worden wäre.
III. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, § 353 StPO). Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das AG zurückverwiesen (§ 79 Abs. 6 OWiG).
IV. Allerdings kommt ein Freispruch des Betr. mangels Entscheidungsreife des Verfahrens nicht in Betracht. Ungeachtet des Umstands, dass der Bußgeldbescheid von einem falschen Datum der Tat (16.9.2017 statt richtig: 15.9.2017) ausgeht, sind die dort beschriebene und die vom AG festgestellte Tat identisch.
a) Tat i.S.d. § 264 Abs. 1 StPO ist ein einheitlicher geschichtlicher Vorgang, der sich von anderen ähnlichen oder gleichartigen unterscheidet und innerhalb dessen der Betr. einen Bußgeldtatbestand verwirklicht haben soll (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 264 Rn 2 m.w.N.). Verändert sich im Laufe eines Verfahrens das Geschehensbild, so kommt es darauf an, ob die “Nämlichkeit der Tat' trotz der Abweichung noch gewahrt ist. Dies ist dann der Fall, wenn bestimmte Merkmale die Tat weiterhin als einmaliges, unverwechselbares Geschehen kennzeichnen, selbst wenn die Beweisaufnahme im Vergleich zum Bußgeldbescheid eine andere Tatzeit ergibt (vgl. BGH, Beschl. v. 22.6.2006 – 3 StR 79/06, NStZ-RR 2006, 316).
b) Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Der dem Betr. zur Last gelegte Sachverhalt ist durch einen präzise eingegrenzten Tatort, ein konkretes Fahrzeugfabrikat als Tatobjekt, bestimmte Tatbeteiligte und Zeugen und einen nicht alltäglichen Tatvorwurf zu einer bestimmten Uhrzeit gekennzeichnet. All diese Gesichtspunkte formen einen unverwechselbaren Tatvorwurf, welchem der genaue Tattag nicht das entscheidende Gepräge gibt. …“
zfs 12/2018, S. 709 - 710