Dieselfahrverbot
a. Das mit dem Anbringen des Zusatzzeichens 2 "Diesel (außer Lieferverkehr) erst ab Euro 5/V frei" zu dem Verkehrszeichen 270.1 sowie dem Zusatzzeichen zum Zeichen 270.1 bekannt gegebene Fahrverbot für Diesel-Pkw unterhalb der Abgasnorm Euro 5/V in der Umweltzone der Stadt Stuttgart findet seine Rechtsgrundlage in § 40 Abs. 1 S. 1 BImSchG (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 5.7.2019 – 10 S 1059/19, Der Verkehrsanwalt 2019, 202). Der Katalog der Zusatzzeichen nach der StVO ist nicht abschließend, sondern kann um geeignete Zusatzzeichen ergänzt werden (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 5.7.2019 – 10 S 1059/19, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 27.2.2018 – 7 C 30.17 – BVerwGE 161, 201 = juris Rn 55 = zfs 2018, 419, Leits., u. zfs 2018, 235, Pressemitteilung).
b. Erweist sich ein auf bestimmte Straßen oder Straßenabschnitte beschränktes Verkehrsverbot für (bestimmte) Dieselfahrzeuge als die einzig geeignete Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte, verlangt Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG, diese Maßnahme zu ergreifen. Die Anordnung eines Verkehrsverbotes muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Ein streckenbezogenes Verbot für (bestimmte) Dieselfahrzeuge geht seiner Eingriffsintensität nach nicht über straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahr- und Halteverbote hinaus, mit denen Autofahrer und Anwohner stets rechnen und die sie grds. hinnehmen müssen. Sondersituationen, insb. für Anwohner, ist durch Ausnahmeregelungen Rechnung zu tragen (BVerwG, Urt. v. 27.2.2018 – 7 C 26.17, NVwZ 2018, 890 zum Luftreinhaltplan Düsseldorf; dazu Pressemitteilung BVerwG v. 27.2.2018, zfs 2018, 235).
Erweist sich ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge mit schlechterer Abgasnorm als Euro 6 sowie für Kraftfahrzeuge mit Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro 3 innerhalb einer Umweltzone als die einzig geeignete Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte, verlangt Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG, diese Maßnahme zu ergreifen. Da die Anordnung eines Verkehrsverbotes dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen muss, ist ein Verkehrsverbot zeitlich gestaffelt nach dem Alter und Abgasverhalten der betroffenen Fahrzeuge und unter Einschluss von Ausnahmeregelungen einzuführen (BVerwG, Urt. v. 27.2.2018 – 7 C 30.17, NVwZ 2018, 883 zum Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge in der Umweltzone Stuttgart; dazu Pressemitteilung BVerwG v. 27.2.2018, zfs 2018, 235). Im Einklang mit dem Urt. des BVerwG v. 27.2.2018 (NVwZ 2018, 883) bleibt es nach VGH Bad.-Württ. bei dem in der Umweltzone Stuttgart ganzjährig in Kraft gesetzten Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5/V. Der VGH Bad.-Württ. hat mit Beschlüssen vom 5.7.2019 in neun Eilverfahren Beschwerden gegen das Verbot zurückgewiesen (Az.: 10 S 1059/19, 10 S 1060/19, 10 S 1086/19, 10 S 1087/19; 10 S 1088/19; 10 S 1089/19, 10 S 1090/19, 10 S 1184/19 und 10 S 1188/19). Nach VGH Bad.-Württ. muss das Fahrverbot für Euro-5-Diesel in Stuttgart festgeschrieben werden (Beschl. v. 28.6.2019 – 10 S 1429/19). Das Land Baden-Württemberg bleibt danach verpflichtet, den Luftreinhalteplan für Stuttgart so fortzuschreiben, dass dieser bereits jetzt ein (mögliches) Verkehrsverbot für Euro-5-Dieselfahrzeuge verbindlich vorsieht. Die Beschwerde des Landes gegen einen weiteren vollstreckungsrechtlichen Beschluss, mit dem das VG Stuttgart dem Land die Festsetzung eines weiteren Zwangsgelds i.H.v. 10.000 EUR angedroht hatte, wies der VGH mit seinem Beschl. v. 28.6.2019 zurück (10 S 1429/19, unanfechtbar).
Das BVerfG hat mit Beschlüssen vom 1.10.2019 (1 BvR 1798/19, 1 BvR 1799/19, 1 BvR 1800/19, 1 BvR 1801/19, 1 BvR 1802/19, 1 BvR 1803/19, 1 BvR 1804/19, 1 BvR 1805/19, 1 BvR 1898/19) insgesamt neun Verfassungsbeschwerden gegen Beschlüsse des VGH Bad.-Württ. und des VG Stuttgart nicht zur Entscheidung angenommen. Die Anträge betrafen das Verkehrsverbot für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro 5/V in der Umweltzone Stuttgart und hierzu im Wege des Eilrechtsschutzes ergangene verwaltungsgerichtliche Entscheidungen.
Zur bislang teilweise nur unzureichenden Umsetzung des Urt. des BVerwG v. 27.2.2018 – 7 C 30.17 s.a. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 9.11.2018 – 10 S 1808/18, zfs 2019, 54 mit den weiterführen Hinweisen.
Bei der Diskussion darüber, dass die Verhängung von Diesel-Fahrverboten wegen zu schmutziger Luft in deutschen Städten erschwert werden kann, weil die Fahrverbote i.d.R. nicht verhältnismäßig seien, wenn die Grenzwerte für Stickstoffdioxid nur in geringem Umfang überschritten werden (siehe dazu das 13. Gesetz zur Änderung des BImSchG v. 8.4.2019 [BGBl I 2019, 432] § 47 BImSchG; vgl. dazu: Albrecht/Nentwich, Die neuen Regelungen zur elektronischen Überwachung von umweltbedingten Verkehrsverboten, NZV 2019, 377, 379), gilt es auch die Rspr. des EuGH (Urt v. 26.6.2019 – Rechtssache C-723/17) zu beachten. Dabei sind vor allem die Platzierung von Messstellen ...