"VW-Dieselskandal"
Musterfeststellungsklage vor dem OLG Braunschweig
Am 18.11.2019 fand in dem Musterfeststellungsverfahren (Az. 4 MK 1/18) des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände e.V. gegen die Volkswagen AG die zweite mündliche Verhandlung vor dem OLG Braunschweig statt. In dem Verfahren sollen die Grundlagen für Schadensersatzansprüche der Verbraucher wegen der in Fahrzeugen der Marken VW, VW Nutzfahrzeuge, Audi, Skoda und Seat verbauten Dieselmotoren der Baureihe EA189 mit einer Abschalteinrichtung sowie der Umfang etwaiger Schadensersatzansprüche geklärt werden. Der Senat erörterte die Feststellungsziele, die sich mit den vertraglichen und vertragsähnlichen Ansprüchen der Verbraucher auseinandersetzen. Der Kl. begründe eine solche Haftung damit, dass VW für die hergestellten Fahrzeuge die EG-Übereinstimmungsbescheinigung ausgestellt habe. Nach Einschätzung des Senats reiche dies für eine vertragliche oder vertragsähnliche Haftung von Volkswagen aber nicht aus. Ein besonderes Vertrauen der Verbraucher habe VW durch das Ausstellen der Übereinstimmungsbescheinigung nicht in Anspruch genommen. Nach vorläufiger Auffassung gehe der Senat davon aus, dass die EG-Übereinstimmungsbescheinigungen gültig seien. Schon aus diesem Grund seien auch die Kaufverträge zwischen den Verbrauchern und VW selbst nicht wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig. Die hierauf gerichteten Feststellungsziele seien daher unbegründet. Zu einer Haftung aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung oder einer sonstigen unerlaubten Handlung positionierte sich der Senat noch nicht. Ein weiterer Termin soll noch bekanntgegeben werden. Bis zum 31.12.2019 sollen die Parteien mitteilen, ob eine gütliche Einigung möglich ist. Über die erste mündliche Verhandlung wurde bereits im Oktober-Heft in zfs Aktuell berichtet (zfs 2019, 542).
Quelle: Pressemitteilung des OLG Braunschweig v. 18.11.2019
Verkehrsverwaltungsrecht
Tempo-10-Zone unzulässig (OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.11.2019 – OVG 1 B 16.17)
Das OVG Berlin-Brandenburg hat mit Urt. v. 20.11.2019 die Anordnung eines verkehrsberuhigten Geschäftsbereichs mit einer Zonenhöchstgeschwindigkeit von 10 km/h in der Dircksenstraße in Berlin-Mitte aufgehoben und damit ein Urteil des VG Berlin geändert.
Im Straßenverkehrsrecht gelte der Ausschließlichkeitsgrundsatz. Der Verkehr dürfe nur durch die in der Straßenverkehrsordnung abgebildeten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sowie mit den im Verkehrszeichenkatalog dargestellten Varianten geregelt werden. Einer Auslegung seien daher enge Grenzen gesetzt. Insb. könne durch Auslegung kein neues, in den einschlägigen Vorschriften nicht vorgesehenes Vorschriftzeichen eingeführt werden. Ebenso wenig sei die Einführung mit Zustimmung der obersten Landesbehörde zulässig. Dieser Weg sei nur für sog. Zusatzzeichen, die i.d.R. unter einem Verkehrszeichen angebracht werden, eröffnet.
Quelle: Pressemitteilung des OVG Berlin-Brandenburg v. 20.11.2019
Strafprozessrecht
Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679
Am 26.11.2019 ist das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679 v. 14.11.2019 in Kraft getreten (BGBl I S. 1724). Mit dem Gesetz werden datenschutzrechtliche Vorgaben der EU-Verordnungen in deutsches Recht umgesetzt. Dazu erfolgen Änderungen in der Strafprozessordnung und zahlreichen weiteren Gesetzen und Verordnungen. Neu gefasst werden u.a. die Vorschrift des § 161 StPO über die Ermittlungsbefugnis der Staatsanwaltschaft und die Vorschriften der §§ 477 ff. StPO über die Datenübermittlung.
Quelle: BR-Drucks 433/18
Haftpflichtrecht
Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ausländischer Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger
Am 23.11.2019 ist die Neunte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ausländischer Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger v. 14.11.2019 in Kraft getreten (BGBl I S. 1623). Danach wird Art. 1 § 1 Nr. 1 der Verordnung über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ausländischer Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger neu gefasst und bestimmt nunmehr, dass eine Versicherungsbescheinigung nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger nicht erforderlich ist für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger, die ein vorgeschriebenes Kennzeichen aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union führen, unabhängig davon, ob es sich um ein endgültiges oder ein vorläufiges Kennzeichen handelt. Bislang waren in der Vorschrift die EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Kroatien aufgelistet. Damit wird Kroatien den übrigen Mitgliedstaaten gleichgestellt. Die Neufassung führt zudem dazu, dass Großbritannien nach dem Ausscheiden aus der EU nicht mehr vom Geltungsbereich der Vorschrift erfasst wird.
Autor: Karsten Funke
Karsten Funke, Richter am Landgericht, München
zfs 12/2019, S. 662 - 663