VVG § 28; AWB A. § 1 Nr. 3
Leitsatz
1. Eine Bestimmung in AVB, die wegen der Folgen einer Obliegenheitsverletzung Leistungsfreiheit "nach Maßgabe der §§ 28 und 82 VVG" vorsieht, trägt dem gesetzlichen Erfordernis einer vertraglichen Vereinbarung (§ 28 Abs. 2 Satz 1 VVG) in genügender Weise Rechnung. Eine solche Verweisung auf das geltende Gesetzesrecht genügt auch den Anforderungen des Transparenzgebotes.
2. Der Kausalitätsgegenbeweis ist erst dann geführt, wenn feststeht, dass die Obliegenheitsverletzung sich in keiner Weise auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder das Ob und den Umfang der Leistungspflicht ausgewirkt hat. Leistungsfreiheit tritt nicht ein, wenn alle durch die Verzögerung der Schadenanzeige oder die vorzeitige Schadensbeseitigung begründeten Nachteile ausgeglichen sind, wenn also die Beweislage des Versicherers zum Zeitpunkt ihres (verspäteten) Eingangs mit der vorher bestehenden identisch ist.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.6.2019 – 5 U 99/18
Sachverhalt
Der Kl. unterhielt bei der Bekl. eine gebündelte Gebäudeversicherung für sein vierstöckiges Geschäftshaus. Der Versicherungsschutz umfasste insb. eine Leitungswasser- sowie eine Mietverlustversicherung. Die Räumlichkeiten des versicherten Anwesens sind an die M-GmbH vermietet, die im Erdgeschoss und den beiden darüber gelegenen Obergeschossen eine Buchhandlung betreibt.
Am 18.2.2011 stellte das Personal der Mieterin zu Arbeitsbeginn große Wassermengen auf Boden-, Wand- und Deckenflächen im gesamten Anwesen fest, wobei das Wasser noch aus den abgehängten Decken herauslief. Grund dafür war ein unbemerkter Wasseraustritt aus einer Gewerbe-Kaffeemaschine im 3. Obergeschoss des Anwesens, die über ein Kupferrohr unmittelbar an eine Kaltwasserleitung angeschlossen war und ständig mit Leitungswasser versorgt wurde, in deren Innern es zum Bruch eines flexiblen Metallschlauchs gekommen war. Das austretende Wasser hatte sich zunächst auf dem Fußboden im 2. Obergeschoss verteilt, bevor es durch die Decke drang und über Wand-, Boden- und Deckenflächen über zwei weitere Etagen bis in die Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens lief. Das Ausmaß der Schäden ist streitig. Die M, die bei der Bekl. eine Inhaltsversicherung unterhielt, zeigte der Bekl. in dieser Eigenschaft den Leitungswasserschaden an, woraufhin der Außenregulierer der Bekl., der Zeuge K., den Schaden besichtigte. Mit Schreiben vom 25.2.2019 teilte die M der Bekl. den Namen des "Hausbesitzers" mit.
Mit Schreiben des Kl. und seiner Ehefrau vom 3.2.2012 wurde der Bekl. "vorsorglich" ein Versicherungsfall angezeigt.
2 Aus den Gründen:
"… Wie das LG zu Recht angenommen hat, ist die Bekl. insoweit wegen nach Eintritt des Versicherungsfalles begangener Obliegenheitsverletzungen des Kl. von ihrer Leistungspflicht freigeworden. Ohnehin kann auch nicht festgestellt werden, dass der dem Kl. anlässlich des Versicherungsfalles entstandene Schaden die von der Bekl. bereits geleisteten Entschädigungsbeträge, die sich unter Berücksichtigung der Abschlagszahlungen und der erstinstanzlich zugesprochenen Beträge zuletzt auf 21.310,19 EUR belaufen, übersteigt."
[Mit dem Rohrsystem verbundene Einrichtungen ]
1. Wie das LG zutreffend annimmt, kann sich eine Leistungspflicht der Bekl. für den geltend gemachten Leitungswasserschaden hier nur aus dem seinerzeit zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag (…) ergeben, der auf der Grundlage der AWB das Leitungswasserrisiko mit einschloss und nach Maßgabe von A. § 1 Nr. 3 AWB (…) auch sog. “Nässeschäden', wie sie hier geltend gemacht werden, umfasste. Dass die am 18.2.2011 von der Mieterin des Kl. festgestellten Schäden auf einem vom Vertrag gedeckten Versicherungsfall beruhen, ist auf der Grundlage des übereinstimmenden Parteivorbringens nicht zweifelhaft. Voraussetzung hierfür ist, dass versicherte Sachen durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden oder abhandenkommen, wobei das Leitungswasser insb. aus Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) oder damit fest verbundenen Schläuchen oder mit dem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen oder deren wasserführenden Teilen ausgetreten sein muss (A. § 1 Nr. 3 Buchst. a und b AWB). Zu den Einrichtungen im vorgenannten Sinne zählen alle Anlagen, in denen Wasser fließt, ge- und verbraucht oder zu sonstigen Zwecken aufgenommen wird (…), mithin auch die hier – unstreitig – schadensursächlich gewesene Kaffeemaschine, die fest mit dem Leitungswassernetz verbunden war und aus der Leitungswasser infolge einer Undichtigkeit ausgetreten ist. Dieser Wasseraustritt war auch bestimmungswidrig, wobei, weil beides zutrifft, offen bleiben kann, ob für diese Beurteilung auf die subjektive und wirtschaftliche Bestimmung des Wassers durch den Versicherungsnehmer oder durch einen berechtigten Besitzer abzustellen ist (…) oder auf die objektive und technische Bestimmung der Rohre, Einrichtungen oder sonstigen Anlagen (…).
2. Zu Recht wendet die Bekl. aber ein, nicht zur Erstattung der (…) Kosten der Beseitigung von ...