Kontrovers erörtert wird auch, ob lediglich Teilschließungen aufgrund einer behördlichen Anordnung einen entsprechenden Deckungsschutz auslösen.
a) Grundsätzliche Erwägungen
Einer Teilschließung lässt sich im Regelfall der Wortlaut der betroffenen Klausel entgegenhalten, nach der eine Betriebsschließung ein Vorgang ist, bei dem eine öffentliche wirtschaftliche Einrichtung in ihre Arbeit dauerhaft beenden muss. Dies spricht für eine vollständige Schließung des Betriebes als Voraussetzung, zumal die AVB begrifflich schon auf eine Schließung "des versicherten Betriebes" abstellt und im Gegenzug eine volle Tagesentschädigung gewährt wird. Danach fehlt es erst recht an einer Betriebsschließung, wenn der Betrieb als solches öffnen kann, jedoch lediglich Teile seines Betriebes nicht nutzen darf oder aber Kunden alleine aufgrund von Ausgangssperren ohne konkreten Bezugspunkt zum Betrieb ausbleiben.
Praxistipp: Auch hierzu ist immer genau das Klauselwerk zu betrachten und in der Praxis werden auch Klauseln verwendet, welche eine teilweise Schließung erfassen.
Jedenfalls sollte eine rein faktische Betriebsschließung kritisch gesehen werden und im Regelfall nicht erfasst sein. Es ist nur daran zu erinnern, dass alleine eine behördliche Warnung im Zusammenspiel mit ansteigenden "Coronafällen" z.B. im Bereich des Hotelgewerbes zu einer erheblichen Umsatzeinbuße geführt hat. Es kann mithin nur auf rechtliche und nicht auf betriebswirtschaftliche Schließungen ankommen und dieser erfordern auch zumindest eine behördliche Verfügung.
b) Erste gerichtliche Entscheidungen
Das LG Mannheim hat in seiner Entscheidung im Übrigen zugunsten des VN eine weitergehende Auslegung vorgenommen: Wenn einem Hotelbetrieb mittels einer Rechtsverordnung lediglich touristische Übernachtungen untersagt werden, jedoch der weitere Hotelbetrieb für Geschäftsreisende grundsätzlich gestattet ist, liegt aus Sicht des Gerichtes dennoch eine bedingungsgemäße Betriebsschließung vor.
Auch in der Literatur wird dies zumindest dann bejaht, wenn der reguläre Geschäftsbetrieb überwiegend aufgrund einer behördlichen Anordnung eingestellt werden muss und lediglich ein eingeschränkter Betrieb weitergehend möglich ist. Diesem schließt sich allerdings die Frage an, ab welchem Anteil einer verbleibenden Resttätigkeit bei dieser Auffassung noch von einer ausreichend erheblichen Betriebsschließung ausgegangen werden kann. Auch wäre zu prüfen, ob nicht bestimmte Ausweich- oder Ersatztätigkeiten bei der Bewertung mitberücksichtigt werden müssten (beispielsweise ein Lieferdienst statt einem Servieren der Speisen im Restaurant). Festzuhalten ist jedenfalls, dass nicht jede Teilbetriebsschließung, die nur zu einem überschaubaren Umsatzeinbruch führt, einen Deckungsschutz zur Folge haben kann.
Das LG München hatte jedenfalls eine Teilschließung bei dem von ihm zugrunde gelegten Bedingungswerk nicht ausreichen lassen und die Klage abgewiesen: Die Kindertagesstätte war als VN nicht vollständig, sondern nur bezüglich des regulären Betriebs geschlossen, hat aber gleichzeitig aber eine Notbetreuung aufrechterhalten. Die einschlägigen Versicherungsbedingungen setzten aus Sicht der Kammer für den Eintritt des Versicherungsfalls jedoch eine vollständige Betriebsschließung voraus.
c) Vollständige Schließung und Schadensminderungsobliegenheit
Über die §§ 28, 82 VVG kann der Einwand einer Obliegenheitsverletzung an Bedeutung gewinnen, wenn der VN in zumutbarer Weise einen Teilbetrieb aufrechterhalten könnte – und dies wiederum dem Eintritt des Versicherungsfalls entgegenstehen würde. Bei der Prüfung, ob ein Betrieb tatsächlich mindestens als faktisch geschlossen anzusehen ist, weil ein Weiterbetrieb unter den noch zulässigen Umständen unzumutbar wäre, ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Belange der Beteiligten und des Grundsatzes von Treu und Glauben eine Einzelfallprüfung vorzunehmen.
Ist z.B. ein Gastronomiebetrieb rein auf die Bewirtung von Gästen vor Ort ausgelegt und stellt ein möglicher Außerhausverkauf lediglich ein vollkommen untergeordnetes Mitnahmegeschäft dar, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auf keinen Fall fortgeführt werden kann, soll nach Ansicht des LG München ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung vorliegen, wenn die beklagte Versicherung sich darauf berufen würde, dass dieser Bereich des Geschäftsbetriebs trotz der Verordnungen fortzuführen gewesen wäre. Auf einen Außerhausverkauf, der insoweit keine unternehmerische Alternative darstellt, muss sich der VN nach Ansicht des LG München nicht verweisen lassen. Wenn aber § 82 VVG im Bereich der Betriebsschließungsversicherung anwendbar ist, müsste der denkbare Ertrag aus einer solchen Tätigkeit jedoch zumindest summarisch ohne weiteres angerechnet w...