Werden dort gedeckte Krankheiten und Krankheitserreger in Form einer tabellarischen Auflistung angeführt, ohne dass durch bestimmte Zusätze wie "insbesondere" oder "beispielsweise" für den VN deutlich wird, dass es sich nur um eine beispielhafte Aufzählung handelt, spricht dies dafür, dass sich die Deckung des Versicherers regelmäßig nur auf die konkret angeführten Krankheiten und Krankheitserreger bezieht, die allein versichert sind. Werden Krankheiten und Krankheitserreger in den AVB namentlich aufgeführt, besteht in den aktuellen Bedingungswerken auch in der Regel kein Gleichklang zu Krankheiten und Krankheitserregern, wie sie in dem – sich im Übrigen seit der ersten Fassung vom 20.7.2000 stetig ändernden – IfSG enthalten sind.
SARS-CoV-2 ist in dieser Aufzählung naturgemäß nicht enthalten, da dieser Krankheitserreger erst nach Abschluss des jeweiligen Versicherungsvertrages erstmalig aufgetreten ist. Dieser Krankheitserreger lässt sich auch nicht unter Influenzaviren fassen – dass es sich insofern um unterschiedliche Viren handelt, ist auch allgemein bekannt. Aufgrund der Pandemie und der damit einhergehenden erheblichen Risiken ist eine Aufnahme in eine solche bewusst selektierte Aufzählung in den AVB auch betriebswirtschaftlich seitens des Versicherers nicht zu erwarten. Festzuhalten ist daher, dass ein auch in diesen Bedingungen ggf. vorhandener allgemeiner Hinweis auf das IfSG zumindest dann grundsätzlich unbeachtlich ist, wenn aufgrund einer vom Wortlaut her unmissverständlich abschließenden Aufzählung der Versicherungsbedingungen für den verständigen VN erkennbar ist, dass es alleine auf die angeführten Krankheiten und Krankheitserreger ankommt. Wenn die im Versicherungsumfang angeführte Klausel nämlich ausdrücklich hervorhebt, dass die Aufzählungen der Krankheiten und Krankheitserreger abschließend und nicht deckungsgleich mit den Vorgaben der §§ 6, 7 IfSG ist, wird ein durchschnittlicher VN ohne Weiteres erkennen, dass der Deckungsschutz der Police nur die im nachstehenden Katalog ausdrücklich genannten Krankheiten und Erreger umfasst – erst Recht bei einem geschäftserfahrenen Vertragspartner im gewerblichen Bereich. Dies wird auch zusätzlich und deutlich unterstrichen, wenn ein Verweis auf das IfSG im Klauselwerk an dieser Stelle gar nicht vorgenommen wird.
Praxishinweis: Dies kann beispielsweise mit den Worten klargestellt werden, dass meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger "nur" die im IfSG namentlich genannten Fälle sind und diese Aufstellung vollständig ist. Noch klarer wird die Formulierung mit dem Zusatz, dass Krankheitserreger, die in der nachfolgenden Aufstellung des Versicherers nicht enthalten sind, keinem Versicherungsschutz unterfallen.
Die entsprechende Beschreibung ist transparent und benachteiligt den VN auch nicht unangemessen – denn versichert sind und bleiben alle ihm ausdrücklich bekannten und angeführten Krankheiten. Umgekehrt würde eine ansonsten vorgenommene erweiterte Betrachtung gegen das Analogierverbot bei der Auslegung von AVB verstoßen und das Risiko bei der Prämienkalkulation – trotz der namentlichen Aufzählungen – für den Versicherer unkalkulierbar machen.
Dies wird auch in der Rechtsprechung genau so gesehen. Beispielsweise hat das LG Bochum über eine Klausel zu entscheiden gehabt, die folgende Vereinbarung vorsah:
"Meldepflichtige Krankheiten oder meldepflichtige Krankheitserreger im Sinne dieses Vertrages sind nur die im Folgenden aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger:"
Der Einleitungssatz in dieser Klausel enthält – so die überzeugende Begründung der Kammer – mit dem Wort "nur" eine ausdrückliche Erklärung, wonach eben nur die im Folgenden aufgeführten meldepflichtigen Krankheiten oder meldepflichtigen Krankheitserreger solche im Sinne dieses Vertrages sind. Angesichts des klaren Wortlauts und des Sinnzusammenhangs kann ein Verständnis dahingehend, dass auch weitere, etwa erst zum Zeitpunkt der Betriebsschließung bekannte und in das Infektionsschutzgesetz aufgenommene Krankheiten oder Krankheitserreger vom Versicherungsschutz umfasst seien, obwohl sie in der Auflistung nicht genannt sind, überzeugenderweise nicht angenommen werden. Die Klausel ist aus Sicht des Gerichts auch interessengerecht, denn die klare enumerative Auflistung ermöglicht es dem VN wie auch dem Versicherer gleichermaßen, den Umfang des Versicherungsschutzes klar nachzuvollziehen und möglichen Streitigkeiten hierüber von vornherein aus dem Weg zu gehen.