PAuswG § 22 § 24 § 25; OWiG § 47
Leitsatz
1. Die Beiziehung des beim zuständigen Einwohnermeldeamt hinterlegten Personalausweisfotos des Betroffenen zur Fahreridentifizierung in Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahren durch die Bußgeldbehörde ist zulässig und stellt keinen Verstoß gegen das Personalausweisgesetz (PauswG) dar.
2. § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 PAuswG ist im Lichte von § 22 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 PAuswG und des insoweit spezielleren § 25 Abs. 2 S. 1 PAuswG auszulegen, wonach die Übermittlung von Lichtbildern durch die Passbehörden an die Ordnungsbehörden im Rahmen der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten ausdrücklich ermöglicht werden sollte.
OLG Koblenz, Beschl. v. 2.10.2020 – 3 OWi 6 SsBs 258/20
Sachverhalt
Gegen den Betr. ergingen eine Geldbuße sowie ein Fahrverbot wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes. Zuvor hatte die Behörde den Betr., der Halter des gemessenen Pkw ist, mit Schreiben angehört. Nachdem dieser sich zu dem Tatvorwurf nicht geäußert hatte, bat die Bußgeldbehörde die Einwohnermeldebehörde der Stadt um Übersendung eines Vergleichsfotos des Betr. zum Zwecke der Fahreridentifizierung, dem diese Behörde nachkam. Das AG hat auf die bereits im Bußgeldbescheid festgesetzten Rechtsfolgen erkannt.
Gegen das Urteil hat der Betr. Rechtsbeschwerde eingelegt. Er rügt, dass die Bußgeldbehörde sein Personalausweisfoto angefordert habe, was einen Verstoß gegen § 24 Abs. 2 Personalausweisgesetz (PAuswG) darstelle. Dieser vorsätzlich begangene, erhebliche Gesetzesverstoß gebiete unter dem Gedanken des Opportunitätsgrundsatzes die Einstellung des Verfahrens. Eine Sanktionierung mittels der Rechts- und Regelfolgen der Bußgeldkatalogverordnung sei damit nicht vereinbar. Darüber hinaus beanstandet der Betr., dass die Bußgeldakte elektronisch geführt worden sei, da es in Rheinland-Pfalz mangels Rechtsverordnung zu § 110a OWiG an einer Rechtsgrundlage hierfür fehle. Insoweit werde sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 4a Abs. 1 S. 1 der Landesverfassung Rheinland-Pfalz verletzt. Des Weiteren wendet der Betr. ein, dass das Messfoto nicht geeignet gewesen sei, ihn als Fahrer zu identifizieren. Er rügt ferner die Erhöhung der Regelgeldbuße sowie dass das Gericht § 4 Abs. 4 BKatV nicht ausreichend beachtet habe.
Das OLG Koblenz hat die Sache zur Fortbildung des Rechts auf den Senat übertragen und sodann die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.
2 Aus den Gründen:
"… II."
Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eingelegt und begründet worden.
In der Sache hat sie keinen Erfolg. Die Überprüfung des Urteils nach Maßgabe der Rechtsbeschwerdebegründung und der Gegenerklärung v. 22.9.2020 hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. ergeben.
1. Verfahrenshindernisse, die aufgrund der ordnungsgemäß erhobenen Sachrüge vom Senat von Amts wegen zu berücksichtigen wären (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 26.8.2013 – 2 SsBs 128/12 – NStZ-RR 214, 189; OLG Koblenz, Beschl. v. 15.6.2011 – 2 SsBs 22/11), liegen nicht vor. Insbesondere ging dem Urteil ein ordnungsgemäß erlassener Bußgeldbescheid voraus und die Übersendung des Anhörungsbogens gem. § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG hatte verjährungsunterbrechende Wirkung, so dass die Ordnungswidrigkeit nicht verjährt ist. Dem steht nicht entgegen, dass die Zentrale Bußgeldstelle die Bußgeldakten in elektronischer Form führt, auch wenn die Landesregierung es bisher versäumt hat, die dazu notwendige Rechtsverordnung i.S.d. § 110a Abs. 1 S. 2, 3 OWiG zu erlassen. Denn mit vollständigem Ausdruck der gespeicherten Verfahrensunterlagen ist die Bußgeldbehörde zu einer Aktenführung in Papierform übergegangen. Die Ausdrucke bilden eine ausreichende Grundlage des weiteren Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens, zumal ein Großteil der Unterlagen von vornherein nur in digitaler Form ohne Papierurschrift – wie etwa die Messdaten – oder jedenfalls nicht als Originalurkunde – wie etwa der Eichschein oder Schulungsnachweise – vorlagen. Der Anhörungsbogen und der Bußgeldbescheid sind vorliegend ausgedruckt und in Papierform an den Betr. versandt worden; in dieser Gestalt bilden sie die nach §§ 65 f. OWiG erlassene Urschrift. Einer Unterschrift oder besonderen aktenmäßigen Dokumentation seines Erlasses bedarf es nicht. Dass der Bescheid auf einem individuellen Entschluss des bei der Bußgeldbehörde befassten Sachbearbeiters beruht, geht aus der Akte hinlänglich hervor (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 14.7.2018 – 1 OWi 6 SsBs 19/18; OLG Koblenz, Beschl. v. 17.7.2018 – 1 OWi 6 SsBs 19/18; OLG Koblenz, Beschl. v. 12.12.2017 – 2 OWi 4 SsRs 122/17).
2. Der als Verfahrensrüge zu behandelnde Einwand, die Verwaltungsbehörde habe gegen § 24 Abs. 2 und 3 PAuswG verstoßen und damit einen Verfahrensverstoß begangen, der die Einstellung des Verfahrens gebiete, ist nicht geeignet, der Rechtsbeschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Denn das Beschaffen des Personalausweisfotos des Betr. durch die Bußgeldbehörde beim zuständigen Einwohnermeldeamt stel...