Der Verfasser ist seit mehr als 30 Jahren anwaltlich tätig. Die Vorgehensweise in der forensischen Haftpflichtschadenregulierung war zunächst dadurch bestimmt, dass im Rahmen einer Leistungsklage die üblichen Schadenpositionen, Entgeltschaden, Haushaltsführungsschaden, vermehrte Bedürfnisse, sowie ein Schmerzensgeld kumulativ geltend gemacht wurden. Diese vormalige Vorgehensweise hat sich aber zunehmend als problematisch herausgestellt. Mit der zunehmenden Spezialisierung insbesondere der auf Passivseite tätigen Anwaltschaft hat sich eine neue "Bestreitenskultur" entwickelt. Während in der ersten Hälfte des Berufslebens die forensische Tätigkeit sich dadurch auszeichnete, dass man gelegentlich auf Aktivseite und dann im Folgenden wieder auf Passivseite tätig war, hat sich dies in den letzten 20 Jahren grundlegend geändert. Da Versicherer sich regelmäßig durch hochspezialisierte Rechtsanwaltssozietäten vertreten lassen, hat sich eine völlig neue "Bestreitenskultur" entwickelt. Es wird sozusagen alles bestritten. Dies in einem Umfang, der letztlich dazu führt, dass umfangreiche Prozesse kaum mehr in angemessener Zeit entschieden werden können.
Gerichte können regelmäßig auch nicht ihrer Verpflichtung aus § 278 ZPO nachkommen, wonach stets in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung hingearbeitet werden soll. Ausschlaggebend hierfür ist, dass zu viele Streitpunkte bestehen und hier regelmäßig kein qualifizierter Vergleichsvorschlag unterbreitet werden kann. Dementsprechend "schleppen" sich entsprechende Prozesse erstinstanzlich schon über Jahre hin. Die entsprechende Prozessführung ist regelmäßig dadurch bestimmt, dass zunächst einmal Zeugenbeweis erhoben wird zum Unfallhergang. Die Praxis zeigt, dass kaum noch ein Haftpflichtschadenprozess ohne ein nachfolgendes verkehrsunfallanalytisches Gutachten zu entscheiden ist, mit der Folge, dass eine solche Gerichtsakte sich dann regelmäßig Monate, wenn nicht Jahre beim gerichtlichen verkehrsanalytischen Sachverständigen befindet, bevor dessen Gutachten vorliegt. Da auch nach Vorlage des Gutachtens ergänzende Fragen gestellt werden und viel zu selten sogleich von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen Gebrauch gemacht wird, dauert es schon recht lange, bis Klarheit zum Haftungsgrund besteht. Im Folgenden schließt sich dann die weitergehende Prozessführung an durch weitergehende Zeugenvernehmung im Hinblick auf den Umfang einer zuvor ausgeübten Tätigkeit, zum Umfang von Haushaltsführungstätig etc. Auch hier zeigt die Praxis, dass dann aufgrund des umfangreichen Bestreitens weitergehende Gutachten einzuholen sind.
Zur Vermeidung solch unbefriedigender Situationen sollte man sich nun die Praktikabilitätsgesichtspunkte des BGH zunutze machen.
Dies zunächst einmal dadurch, dass zeitnah nach dem Unfallereignis Klarheit zum Haftungsgrund herbeigeführt wird. In diesem Sinne ist der Versicherer zunächst einmal aufzufordern, die bereits eingangs angesprochene titelersetzende Erklärung abzugeben. Geschieht dies nicht, so ist nach Fristablauf zum Grund des Anspruchs Feststellungsklage zu erheben. Die Praktikabilität zeigt sich bereits darin, dass nun allein zum Haftungsgrund ein Sachvortrag erfolgen muss. Warum sollen sich die Parteien umfangreich mit der Höhe des Schmerzensgeldes, eines Entgeltschadens oder Haushaltsführungsschadens beschäftigen, wenn nicht einmal Klarheit zur Haftungsquote besteht. Von daher sollte zunächst allein die Haftungsquote, sei es durch titelersetzendes Anerkenntnis oder aber durch Feststellungsklage festgelegt werden. Wie die Praxis zeigt, lassen sich diese Feststellungen relativ zeitnah treffen. Oft gelingt auch eine einvernehmliche Erledigung z.B. dergestalt, dass statt der beanspruchten 100 %igen Haftung einvernehmlich eine Haftung von 80 % oder 90 % vereinbart wird, wenn allein streitig ist, ob eine Mithaftung aus der Betriebsgefahr besteht. Diese Vorgehensweise erspart nicht nur den Prozessparteien, sondern auch dem Gericht, sich bereits mit einem Sachvortrag auseinandersetzen zu müssen, auf den es möglicherweise nicht einmal ankommt. Hinzu kommt, dass unter Mitwirkung des Gerichts eine einvernehmliche Erledigung herbeigeführt werden kann, wenn es allein um die Haftungsquote geht. Die praktische Erfahrung zeigt schließlich, dass die einzelnen Schadenpositionen regelmäßig auch außergerichtlich erledigt werden können, wenn denn Klarheit zur Haftungsquote besteht.