Die Bearbeitung von Sachschäden in der Unfallschadenregulierung ist kaum schadenträchtig. Neben der bereits angesprochenen Warnfunktion bei nicht bestehender Vorfinanzierungsmöglichkeit birgt die 130 %-Regulierung ein gewisses Haftungsrisiko. Der BGH judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass der Geschädigte den Reparaturkostenbetrag beanspruchen kann, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um bis zu 30 % überschreiten. Bei einem angenommenen Wiederbeschaffungswert von EUR 10.000,- sind mithin Reparaturkosten bis EUR 13.000,– zu erstatten, obwohl bei einem anzunehmenden Restwert von EUR 4.000,- der Geschädigte bei einer Totalschadenabrechnung allein EUR 6.000,- beanspruchen könnte. Diese Rechtsprechung ist der Versicherungswirtschaft ein "Dorn im Auge", so dass nichts unversucht bleibt, dem Geschädigten allein den Wiederbeschaffungsaufwand zukommen zu lassen. In dem konkreten Beispielsfall mithin allein EUR 6.000,- statt EUR 13.000,-. Aufgrund dessen lassen Versicherungen regelmäßig nachbesichtigen, um festzustellen, ob das Kraftfahrzeug fachgerecht und nach Maßgabe des Gutachtens repariert wurde. Besondere Bedeutung kommt der sechsmonatigen Haltedauer zu. Nach der BGH-Rechtsprechung soll das den Zuschlag von 30 % rechtfertigende Integritätsinteresse nur gegeben sein, wenn der Geschädigte das Kraftfahrzeug nach der Reparatur für einen längeren Zeitraum nutzt, den der BGH mit sechs Monaten annimmt. Da die Sechs-Monats-Frist keine Fälligkeitsvoraussetzung für die Zahlung der Reparaturkosten ist, kann für den Geschädigten ein "böses Erwachen" eintreten, wenn er sich plötzlich eines Rückzahlungsanspruchs des Versicherers ausgesetzt sieht. Während er im Beispielsfall die Reparaturkosten von EUR 13.000,– brav an den Reparaturbetrieb gezahlt hat, fordert nun der Haftpflichtversicherer EUR 7.000,– bei ihm zurück. Die HUK-Coburg fragt bei 130 %-Fällen nach Ablauf der Sechs-Monats-Frist regelmäßig bei der Zulassungsstelle nach, ob das Kraftfahrzeug nach wie vor auf den Geschädigten zugelassen ist. Wird festgestellt, dass dies nicht der Fall ist, so werden Rückzahlungsansprüche geltend gemacht. Von daher ist der Rechtsanwalt gut beraten, seinen Mandanten in den 130 %-Fällen darauf hinzuweisen, dass die Reparatur nicht nur nach Maßgabe des Gutachtens zu erfolgen hat, sondern dass das Kraftfahrzeug jedenfalls für weitere sechs Monate auf den Geschädigten zugelassen bleibt. Da im Mandatsverhältnis üblicherweise nicht mit Einschreiben/Rückschein kommuniziert wird, bietet es sich auch hier an, dem Mandanten einen Vordruck – z.B. zur Bankverbindung – mit der Bitte um Rückgabe zu übersenden, damit später ein Nachweis geführt werden kann, dass er das Belehrungsschreiben erhalten hat.