ZPO § 544 Abs. 2 Nr. 1
Leitsatz
Revision und Rechtsbeschwerde werden in getrennten Verfahren geltend gemacht. Für jedes dieser Rechtsmittelverfahren ist die Beschwer gesondert danach zu bemessen, welche Änderung der Entscheidung des Berufungsgerichts der Kläger in diesem Verfahren erreichen kann und möchte. Eine Zusammenrechnung der Werte der Beschwer aus den verfahrensrechtlich und inhaltlich getrennten Rechtsmittelverfahren kommt dabei nicht in Betracht.
BGH, Beschl. v. 13.8.2024 – VIII ZR 139/23
1 Sachverhalt
[1] I. Der Kläger erwarb im August 2019 von der Beklagten (vormals Beklagte zu 1) ein Wohnmobil H. 600 zum Kaufpreis von 44.000 EUR. Das Basisfahrzeug, ein F. 130 PS (Abgasnorm EUR 6), das über einen 2,3-Liter-Dieselmotor mit 96 kW verfügt, wurde von der am hiesigen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht beteiligten Beklagten zu 2 hergestellt. Der Kläger behauptet das Vorliegen mehrerer unzulässiger Abschalteinrichtungen. Er begehrt deshalb von der Beklagten als Verkäuferin die Minderung des Kaufpreises und von der vormaligen Beklagten zu 2 als Herstellerin Schadensersatz.
[2] Das Landgericht hat die gegenüber der Beklagten unter anderem auf Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Minderungsbetrags, mindestens jedoch in Höhe von 11.000 EUR, nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Auch die Klage gegen die vormalige Beklagte zu 2, die unter anderem auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 51.263 EUR nebst Zinsen abzüglich einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs, gerichtet war, ist erstinstanzlich ohne Erfolg geblieben.
[3] Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers in demselben Beschluss gegenüber der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen und gegenüber der vormaligen Beklagten zu 2 gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen.
[4] Im Verhältnis zur Beklagten möchte der Kläger mit der beabsichtigten Revision, deren Zulassung er mit der vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerde begehrt, den Anspruch auf Zahlung eines Minderungsbetrags von mindestens 11.000 EUR nebst Zinsen weiterverfolgen. Bezüglich der Verwerfung der Berufung gegen die vormalige Beklagte zu 2 hat der Kläger zudem Rechtsbeschwerde eingelegt. Der Senat hat das Rechtsbeschwerdeverfahren zuständigkeitshalber an den VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs abgegeben.
2 Aus den Gründen:
[5] II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer den Betrag von 20.000 EUR nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
[6] Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts. Dieses Interesse ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO zu ermitteln. Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden (vgl. Senatsbeschl. v. 14.2.2023 – VIII ZR 268/21, juris Rn 5; v. 12.10.2021 – VIII ZR 255/20, NJW 2022, 194 Rn 15; jeweils m.w.N.). Hiernach beläuft sich die Beschwer des Klägers nur auf 11.000 EUR.
[7] 1. Durch die Abweisung der Klage bezüglich des von ihm weiterverfolgten Minderungsanspruchs ist der Kläger in Höhe des von ihm geltend gemachten Mindestbetrags von 11.000 EUR beschwert (vgl. BGH, Urt. v. 31.10.2018 – XII ZR 90/17, NZM 2019, 65 Rn 4 m.w.N.).
[8] 2. Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint, ist diese Beschwer nicht um den Betrag der Beschwer zu erhöhen, deren Beseitigung der Kläger gegenüber der ehemaligen Beklagten zu 2 im Wege der Rechtsbeschwerde verfolgt.
[9] a) Der angegriffene Beschluss des Berufungsgerichts enthält der Sache nach zwei getrennte Entscheidungen, nämlich einerseits eine Verwerfung der Berufung gegen die vormalige Beklagte zu 2 gemäß § 522 Abs. 1 ZPO und andererseits eine Zurückweisung der Berufung gegen die Beklagte gemäß § 522 Abs. 2 ZPO. Dies hat zur Folge, dass der Kläger, der sich gegen beide Entscheidungen wehren möchte, – anders als in der von der Nichtzulassungsbeschwerde herangezogenen Fallgestaltung der Wertaddition bei dem gegen zwei Streitgenossen übereinstimmend eingelegten Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde (siehe hierzu Senatsbeschl. v. 26.1.2021 – VIII ZR 369/19, juris Rn 17) – zwei unterschiedliche Rechtsbehelfe einzulegen hatte und diese auch eingelegt hat, nämlich einerseits das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung der Berufung gegen die vormalige Beklagte zu 2 (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und andererseits den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde bezüglich der Zurückweisung der Berufung gegen die Beklagte (§ 522 Abs. 3, § 544 ZPO). Für jedes dieser Rechtsmittelverfahren ist die Beschwer gesondert danach zu bemessen, welche Änderung der Entscheidung des Berufungsgerichts der Kläger in diesem Verfahren erreichen kann und möchte. Eine Zusammenrechnung der Werte der Beschwer aus den verfahrensrechtlich und inhaltlich getrennten Rechtsmittelverfahren kommt dabei nicht in B...