I. Der Gerechtigkeitsgewinn
Der BGH hat schon in mehreren Entscheidungen die Auffassung vertreten, bei dem Kostenfestsetzungsverfahren handele es sich um ein Massenverfahren, das einer zügigen und möglichst unkomplizierten Abwicklung bedarf. Folglich sei eine typisierende Betrachtungsweise bei der Prüfung geboten, ob eine Maßnahme der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig i.S.v. § 91 ZPO sei, so etwa BGH RVGreport 2007, 235 (Hansens) = NJW 2007, 2048 für die Bestellung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten oder BGH RVGreport 2005, 476 (ders.) = NJW-RR 2005, 1662 für die Reisekosten eines nicht am Gerichtsort ansässigen Anwalts. Dabei sieht der BGH den Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer "übermäßig differenzierenden Betrachtung" im Einzelfall zu erzielen ist, als nicht verhältnismäßig gegenüber den sich einstellenden Nachteilen an, wenn in nahezu jedem Einzelfall über die Notwendigkeit bestimmter Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahmen gestritten werden kann.
In dem vom BGH hier entschiedenen Fall wird dies der Kl. vermutlich anders sehen. Aus der Festsetzung des "Gegenstandswertes des Rechtsbeschwerdeverfahrens" auf knapp 65.000 EUR kann man folgern, dass der Kl. Mehrkosten in dieser Höhe abzüglich der sonst angefallenen 0,3 Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG an den Bekl. zu 3) zu erstatten hat. Man hat den Eindruck, dass sich der BGH möglichst viele Rechtsbeschwerdeverfahren fernhalten will, um nicht die von den Vorinstanzen vorgenommenen Einzelfallprüfungen auf Rechtsfehler überprüfen zu müssen. Dabei erfordert eine Einzelfallprüfung im Kostenfestsetzungsverfahren vom Rechtspfleger und/oder dem Beschwerdegericht meist keinen größeren Arbeitsaufwand, führt aber zu einem "Gerechtigkeitsgewinn". Würde man demgegenüber mit dem BGH auf eine Einzelfallprüfung verzichten, könnte man das Kostenfestsetzungsverfahren – wie etwa das Mahnverfahren – auf elektronischem Wege betreiben. Der Antragsteller müsste dann lediglich die geltend gemachten Gebühren und Auslagen beziffern und in Fallgestaltungen wie diesen lediglich ankreuzen, ob eine atypische Konstellation vorliegt oder nicht.
II. Weitere Rechtsprechung
Abgesehen von der besonderen gesetzlichen Regelung in § 50 WEG im Beschlussanfechtungsverfahren für die Kostenerstattung bei mehreren Wohnungseigentümern – siehe hierzu BGH NJW 2009, 3168 sowie RVGreport 2011, 432 (Hansens) = NJW 2011, 3165 – hat sich die Rspr. zur Erstattungsfähigkeit der Kosten gesonderter Rechtsanwälte bei Streitgenossen in verschiedenen Fallgestaltungen geäußert und dabei die Einzelheiten des Einzelfalls berücksichtigt: Nach Auffassung des BVerfG BVerfGE 81, 387 = NJW 1990, 2124 = Rpfleger 1990, 387 ist die Selbstvertretung zweier einer Sozietät angehörenden Anwälte im Verfassungsbeschwerdeverfahren, die das Verfahren mit gemeinsam verfassten und unterschriebenen Schriftsätzen betrieben hatten, notwendig. Demgegenüber hat der BGH RVGreport 2004, 188 = NJW-RR 2004, 536 = JurBüro 2004, 322 im Kfz-Haftpflichtprozess gegen den Haftpflichtversicherer und den Halter bzw. Fahrer des Fahrzeugs die Bestellung eines gesonderten Prozessbevollmächtigten für den Halter bzw. Fahrer im Hinblick auf dessen Verpflichtung, die Prozessführung dem Haftpflichtversicherer zu überlassen, als nicht notwendig erachtet. Mit derselben Argumentation hat das OLG Köln AGS 2009, 615 bei einer Klage gegen den Fahrer des Unfallfahrzeugs und dessen Dienstherren die Notwendigkeit der Vertretung durch gesonderte Anwälte verneint. Selbst ein möglicher Regress des Dienstherrn gegen den Fahrer stellt nach Auffassung des OLG keinen Grund für die gesonderte Bestellung eines eigenen Anwalts dar.
Nach Auffassung des OLG Köln JurBüro 1999, 418 ist es notwendig, wenn sich mehrere als Streitgenossen verklagte Rechtsanwälte selbst vertreten oder sich anderweitig vertreten lassen, wenn sie nicht derselben Sozietät angehören. Mehrere verklagte frühere Mitmieter, die nicht mehr zusammenwohnen und in verschiedene Städte verzogen sind, sind ebenfalls grds. berechtigt, einen Anwalt an ihrem jeweiligen Wohnort zu beauftragen, so BGH RVGreport 2009, 153 (Hansens) = zfs 2009, 284 mit Anm. Hansens = AGS 2009, 306. Werden mehrere Anwälte im Regressprozess verklagt, so ist die gesonderte Bestellung eines Prozessbevollmächtigten nicht notwendig, so OLG München AGS 2000, 103; OLG Köln OLGR 2006, 132; Hess. LAG, Beschl. v. 21.9.2006 – 13 Ta 202 und 203/06.
Dies gilt auch dann, wenn gegen mehrere Rechtsanwälte identische Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden. Dann ist die Einschaltung eines gesonderten Anwalts bei deckungsgleicher Interessenlage nicht notwendig, so OLG Karlsruhe AnwBl. 1994, 41; OLG Brandenburg RVGreport 2011, 307; OLG Naumburg, Beschl. v. 16.10.2001 – 3 W 187 und 188/01. Nach Auffassung des OLG Naumburg – Rpfleger 2005, 482 – sind im Schadensersatzprozess gegen Anwälte einer Sozietät die Kosten gesonderter Anwälte nicht erstattungsfähig. Im entschiedenen Fall hatte ein Anwalt den anderen im Termin vertr...