GG Art. 103 Abs. 1; OWiG § 80 Abs. 1 Nr. 2
Leitsatz
Verletzung rechtlichen Gehörs ist gegeben, wenn sich aus der Begründung der Abweisung eines Beweisantrags ergibt, dass das AG den Inhalt des Beweisantrages nicht zur Kenntnis genommen und nicht berücksichtigt hat sowie die Begründung des Beschl. nicht nachvollziehbar und ersichtlich abwegig ist.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Oldenburg, Beschl. v. 23.11.2011 – 2 SsRs 259/112
Sachverhalt
Der Betroffene befuhr am 28.1.2011 gegen 7.13 Uhr als Führer eines Lkw in der Stadt N den A-Ring in Fahrtrichtung Stadtring. An der dort bei der Einmündung D-Weg befindlichen Lichtzeichenanlage missachtete er nach den Feststellungen des AG das Rotlicht und überquerte die Haltelinie, nachdem zuvor bereits 3,02 Sekunden lang Gelblicht und anschließend seit mindestens 0,07 Sekunden Rotlicht erschienen war.
Das AG hat den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Rotlichtverstoßes gem. §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, § 24 StVG zu einer Geldbuße von 135 EUR verurteilt.
Auf Antrag des Betroffenen lässt das OLG die Rechtsbeschwerde zu, hebt auf seine Rechtsbeschwerde das Urt. des AG nebst den zugrunde liegenden Feststellungen auf und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG zurück.
2 Aus den Gründen:
“… II. … Es ist geboten, das Urt. wegen Versagung rechtlichen Gehörs aufzuheben.
Diese Verfahrensrüge ist in zulässiger Form erhoben worden.
Sie ist auch begründet. Die Rechtsbeschwerde ist nämlich zuzulassen, wenn es nicht zweifelhaft erscheint, dass das Urt. einer Nachprüfung durch das BverfG nicht standhalten würde (Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 80 Rn 16a m.w.N.). Zwar ist nicht jede rechtsfehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrags gem. § 77 OWiG zugleich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Eine Gehörsverletzung ist (nur) dann gegeben, wenn die Entscheidung auf einem Verfahrensfehler beruht, der seinen Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags einer Partei hat. Ein solcher Fall liegt hier vor: Der Betroffene hatte in der mündlichen Verhandlung den Beweisantrag gestellt, ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, “dass zum Zeitpunkt des Aufleuchtens des Rotlichtes/Erkennbarkeit des Rotlichtes für den Fahrer, das Fahrzeug die Haltelinie bereits überquert hatte.‘
Diesen Antrag wies das AG in der Sitzung durch Beschl. ab.
Zur Begründung führte es aus:
“Die Einholung eines Gutachtens ist zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich. Der Geschwindigkeitsverstoß wurde in einem standardisierten Messverfahren ermittelt. Eine fehlerhafte Messung ist nicht erkennbar.‘
Aus dieser Begründung ergibt sich klar, dass das AG den Inhalt des Beweisantrages nicht zur Kenntnis genommen und nicht berücksichtigt hat. Die Begründung des Beschl. ist nicht nachvollziehbar und ersichtlich abwegig.
Sie ist unter Berücksichtigung der das GG beherrschenden Gedanken nicht verständlich. … .“
Mitgeteilt von RA Heiner Breckweg, Ankum