BGB § 241 Abs. 2 § 278 § 280 Abs. 1 § 311 Abs. 2
Leitsatz
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Aussagen des Verkäufers/Lieferanten im Rahmen von Vertragsverhandlungen, die auch die Anbahnung eines Leasingvertrages zum Gegenstand haben, dem späteren, auf Wunsch des Käufers von dem Lieferanten vermittelten Leasinggeber zugerechnet werden können.
BGH, Urt. v. 15.6.2011 – VIII ZR 279/10
Sachverhalt
Die Bekl., die einen Friseuersalon betreibt, schloss mit dem unter der Firma C. S. auftretenden G (im FoIgenden: Lieferant) einen Kaufvertrag über einen so genannten Business-Beamer inklusive Zubehör zu einem Kaufpreis von 8.500 EUR netto. Auf dem von dem Lieferanten vorformulierten Kaufvertrag wurde zur Zahlungsweise angekreuzt:
"Leasingvermittlung erwünscht: Laufzeit 51 Monate, monatliche Nettorate 199 EUR." Weiterhin enthielt der Kaufvertrag als besondere Vereinbarung den handschriftlichen Vermerk:
"Rückkaufgarantie zum Rückkaufwert i.H.v. 6.112 EUR zum Ablauf des zwölften Monats nach Vertragsschluss."
Der Lieferant wies die Bekl. vor Abschluss des Kaufvertrags nicht darauf hin, dass sie die Ausübung der Rückkaufoption nicht von der Pflicht befreie, die Leasingraten weiter an einen künftigen Leasinggeber zu zahlen. Die Bekl. schloss mit der Kl. einen von dieser vorformulierten Leasingvertrag, der eine monatliche Leasingrate von 250,57 EUR und eine Leasingzeit von 39 Monaten vorsah. Die Bekl. übernahm den Beamer, stellte jedoch die Zahlung der Leasingraten nach Ausübung der Rückkaufoption ein. Die Kl. kündigte daraufhin den Leasingvertrag und forderte die Bekl. unter Anrechnung eines angenommenen Verwertungserlöses zur Zahlung von drei rückständigen Leasingraten, den Ersatz des von ihr errechneten Kündigungsschadens und zur Herausgabe des Beamers auf. Die Bekl. hat ihre Leistungspflicht mit der Begründung verneint, zum Vertragsschluss von der Kl. mit der nicht eingehaltenen Zusage bewogen worden zu sein, sie könne sich durch die Ausübung der Rückkaufoption von dem Leasingvertrag lösen.
Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Die Revision der Kl. führte zur Aufhebung des angefochtenen Urt. und zur Zurückverweisung an das BG.
2 Aus den Gründen:
[7] “Die Revision hat Erfolg.
[8] Das BG hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
[9] I. Die Klage sei abzuweisen, da die Bekl. den Zahlungsansprüchen der Kl. einen auf Befreiung von dieser Verbindlichkeit gerichteten Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 i.V.m. § 249 BGB entgegenhalten könne.
[10] Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass der Lieferant die Bekl. nicht über den geschäftswesentlichen Umstand aufgeklärt habe, dass die Pflicht zur Zahlung der Leasingraten gegenüber dem Leasinggeber durch Ausübung der Rückkaufoption gegenüber dem Lieferanten nicht entfalle. Diese Aufklärungspflichtverletzung müsse sich die Kl. gem. § 278 BGB zurechnen lassen.
[11] Die Zurechnung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten durch den Verkäufer des Leasingguts über § 278 BGB an den Leasinggeber setze voraus, dass der die Verhandlungen mit dem Leasingnehmer führende Lieferant objektiv (auch) Pflichten verletzt habe, die im Bereich des vom Leasinggeber geschuldeten Gesamtverhaltens lägen, und dass der Lieferant in die den Leasingvertrag betreffenden Verhandlungen mit Wissen und Wollen des Leasinggebers eingeschaltet worden sei. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall gegeben.
[12] Der unterlassene Hinweis auf die rechtliche Selbstständigkeit von Kaufvertrag und Leasingvertrag betreffe beide Vertragsverhältnisse. Der Lieferant sei auch mit Wissen und Wollen der Kl. in die Vertragsverhandlungen über den Leasingvertrag eingeschaltet worden. Dabei könne offen bleiben, ob – wie die Kl. vorgetragen habe – der Text des Leasingvertrages nicht von dem Lieferanten, sondern von einem Untervermittler der Kl. an die Bekl. übersandt worden sei. Auch bedürfe es keiner Entscheidung, ob diese Behauptung der Kl. hinreichend nachvollziehbar und substantiiert sei. Denn selbst wenn man die vorgenannte Behauptung der Kl. als richtig unterstelle und ihr Untervermittler tatsächlich nach Aufsuchen durch den Lieferanten unmittelbar mit der Bekl. in Kontakt getreten sein sollte, wären die von dem Lieferanten vorher geführten Vertragsgespräche, ohne dass es auf die Kenntnis der Kl. vom Inhalt der Gespräche ankäme, als mit ihrem Wissen und Wollen erfolgt anzusehen. Die Überbringung der Vertragsurkunde durch den Lieferanten wäre lediglich ein dies unterstützendes Indiz.
[13] Zwar stelle die Überlassung der Leasingvertragsformulare an den Lieferanten einen gewichtigen Anhaltspunkt dafür dar, dass der Leasinggeber den Lieferanten in die Vertragsverhandlungen eingeschaltet habe. Entgegen der von der Kl. vertretenen Auffassung schließe das Fehlen dieser Umstände es aber nicht aus, dass dennoch der Lieferant als mit Wissen und Wollen des Leasinggebers in die Vertragsverhandlungen einbezogen anzusehen sei. Auch der Umstand, dass der Leasinggeber bei den Vertragsverhandlungen noch nicht festgestanden habe u...