Das Pauschalreiserecht bzw. Reisevertragsrecht[2] (also das Reiserecht im engeren Sinne) ist in Deutschland in den §§ 651a ff. BGB gesetzlich geregelt. Nach der Legaldefinition des § 651a Abs. 1 S. 1 BGB liegt ein Reisevertrag im Sinne einer Pauschalreise immer dann vor, wenn sich der Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden verpflichtet, eine "Gesamtheit von Reiseleistungen" (Reise) zu erbringen. Die pauschalreiserechtliche Rechtsprechung des BGH kreiste im Jahr 2013 insbesondere um die Frage der Zulässigkeit der nachträglichen Änderung von ursprünglich zugesagten Reiseleistungen durch den Reiseveranstalter.

[2] Vgl. allgemein zum Pauschalreiserecht: Bergmann, VuR 2013, 283; Teichmann, in: Jauernig, BGB, 15. Aufl. 2014, §§ 651a-651m; zur Reisevermittlung: Führich, RRa 2013, 269.

I. Änderung der Kreuzfahrtroute

Der BGH hatte über Ansprüche der unzufriedenen Reisenden gegen einen Kreuzfahrtveranstalter[3] im Zusammenhang mit einer weitgehend abgeänderten Kreuzfahrtroute zu entscheiden. Die betroffenen Reisenden mussten einen Großteil der Gesamtreisezeit unplanmäßig auf hoher See verbringen. Einzelne Reisende brachen die Kreuzfahrt ab und reisten auf eigene Kosten zurück. Zu entscheiden war über die Reisepreisminderung nach § 651d BGB, über den Kostenerstattungsanspruch wegen der vorzeitigen Kündigung nach § 651e Abs. 1 BGB und über eine etwaige Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit nach § 651f Abs. 2 BGB. Die beiden Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen[4] bzw. die Berufung zurückgewiesen.[5] Demgegenüber entschied der BGH[6] nun, dass zwar der grundlegende Charakter der Reise als "Grönland-Kreuzfahrt" nicht in Frage gestellt gewesen sei, jedoch sei auch der Verlauf des zweiten Teils der Reise hinreichend zu berücksichtigen. Da der Aufenthalt in Reykjavik stark verkürzt wurde und die geplanten Besuche der Färöer und der Orkney-Inseln vollständig durch eine bloße (verlangsamte) Rückreise ersetzt wurden, müsse die Reisepreisminderungsquote neu geprüft werden. Somit könne dann – anders als von den Vorinstanzen angenommen – durchaus auch ein Kündigungsrecht der betroffenen Reisenden und auch eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Betracht kommen. Voraussetzung sei jeweils eine "erhebliche" Beeinträchtigung der Reise. Nur durch eine Gesamtbewertung aller Reisemängel lasse sich beurteilen, ob diese Erheblichkeitsschwelle überschritten sei. Die (noch zu ermittelnde) Minderungsquote biete dafür nur einen ersten Anhalt. Vor diesem Hintergrund hat der BGH die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

[3] Zum maritimen Reiserecht: Tonner, RRa 2013, 206.
[4] LG Bremen, Urt. v. 28.1.2010 – 7 O 1674/08, BeckRS 2013, 09316.
[5] OLG Bremen, Urt. v. 24.1.2011 – 3 U 13/10, BeckRS 2013, 09315.
[6] BGH, Urt. v. 14.5.2013 – X ZR 15/11 (Pressemitteilung Nr. 88/2013), MDR 2013, 1151 = RRa 2013, 218.

II. Flugzeitenänderung

Bereits in dem Vorjahresaufsatz war der damalige Stand der Diskussion über die Frage der Zulässigkeit von Flugzeitenverlegungen im Rahmen von Pauschalreisen dargestellt worden.[7] Bisher wurde üblicherweise danach differenziert, ob eine nachträgliche Flugzeitenänderung dem Reisenden "zumutbar" ist.[8] Im aktuellen Berichtszeitraum äußerte sich nun der BGH ausdrücklich zur Bindung des Reiseveranstalters an "vorläufige Flugzeiten". Streitgegenständlich waren zwei Klauseln in den Reisebedingungen eines Reiseveranstalters mit folgendem Inhalt: "Die endgültige Festlegung der Flugzeiten obliegt dem Veranstalter mit den Reiseunterlagen. Informationen über Flugzeiten durch Reisebüros sind unverbindlich." Der BGH[9] führte dazu jetzt aus, dass beide Klauseln der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB unterliegen. Weiter gelangte der BGH dann zu dem Ergebnis, dass die Klauseln den Reisenden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen und daher gemäß §§ 308 Nr. 4, 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam seien.

Nach Bekanntwerden der Pressemitteilung zu dem BGH-Urteil vom 10.12.2013 kursierte in den einschlägigen Foren zunächst die Meinung, dass bei Pauschalreisen nunmehr jede Angabe von "unverbindlichen" oder "vorläufigen" Flugzeiten unzulässig sei bzw. dass der Reiseveranstalter die einmal veröffentlichten Flugzeiten nachträglich überhaupt nicht mehr ändern könne.

Ganz so weit geht der BGH jedoch wohl nicht. Allein schon aus dem Text der Pressemitteilung[10] wird ersichtlich, dass der BGH die erste angegriffene Klausel insbesondere wegen ihrer Beliebigkeit für unangemessen und unwirksam hielt. So soll der Reisende berechtigterweise erwarten dürfen, "dass die Reisezeiten nicht ohne sachlichen Grund geändert werden und dass der aus den vorläufigen Angaben ersichtliche Zeitrahmen nicht vollständig aufgegeben wird."

Wenn sich diese Argumente so später auch im Volltext des Urteils wiederfinden, dann ist davon auszugehen, dass der BGH den Vorbehalt einer Flugzeitenänderung aus sachlichen Gründen bzw. bei grundsätzlicher ...

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