BB-BUZ § 4 Ziff. 3 § 8 S. 1
Leitsatz
1. Die Obliegenheit eines VN, sich in einem Nachprüfungsverfahren ärztlich untersuchen zu lassen, ist nicht auf diejenigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen beschränkt, die dem Anerkenntnis zugrunde liegen.
2. Grob fahrlässig handelt ein VN, wenn die Durchführung einer Nachuntersuchung mehrfach gescheitert ist und er sich nicht bemüht, einem erneuten Scheitern entgegenzuwirken.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Köln, Urt. v. 19.7.2013 – 20 U 26/11
Sachverhalt
Der VR erbringt dem VN seit dem 1.2.1988 wegen einer zur Berufsunfähigkeit führenden Innenohrschwerhörigkeit Leistungen. Ab dem 1.4.1998 stellte er die Leistungen erfolglos ein, wurde jedoch zur Fortzahlung verurteilt. Am 18.3.2005 forderte der VR den VN erneut zu einer (uneingeschränkten) Nachuntersuchung auf und unterbreitete ihm drei Terminvorschläge. Der VN nahm die Termine – wegen "anderweitiger Belegung", nämlich wegen Urlaubs und Zahnarztbehandlungen nicht wahr.
2 Aus den Gründen:
" … Die Bekl. ist nicht verpflichtet, dem Kl. für die Zeit vom 1.4.2005 bis 31.12.2008 Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zu erbringen. Die Bekl. ist für diesen Zeitraum gem. § 8 der vereinbarten BB-BUZ leistungsfrei, weil der Kl. grob fahrlässig seiner Obliegenheit, sich ärztlich nachuntersuchen zu lassen, nicht nachgekommen ist. Der Kl. war grds. gehalten, sich zur Vorbereitung einer Nachprüfungsentscheidung durch die Bekl. einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Das folgt aus § 7 Ziff. BB-BUZ, der lautet:"
“Der VR ist berechtigt, den Grad der Berufsunfähigkeit nachzuprüfen. Zu diesem Zweck kann er auf seine Kosten jederzeit sachdienliche Auskünfte und – jedoch nur einmal im Jahr – eine Untersuchung des Versicherten durch einen von ihm beauftragten Arzt verlangen. Die Bestimmungen des § 4 finden entsprechende Anwendung.‘
Nach § 4 Ziff. 3 BB-BUZ kann der VR “ärztliche Nachuntersuchungen durch von ihm beauftragte Ärzte auf seine Kosten‘ verlangen.
Die Aufforderung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, dient der Vorbereitung der Entscheidung, ob der VR weiterhin gem. seinem Leistungsanerkenntnis die vertragsgemäßen Leistungen zu erbringen hat oder ob er zu einer Leistungseinstellung berechtigt ist. Entgegen der Auffassung des Kl. war die Bekl. nicht gehalten, den Untersuchungsauftrag auf diejenigen Gesundheitsbeeinträchtigungen zu beschränken, die nach seiner Darstellung dem Leistungsanerkenntnis zugrunde gelegt worden sind. Eine solche Einschränkung ist den Versicherungsbedingungen nicht zu entnehmen. Richtig ist zwar, dass das Nachprüfungsverfahren nicht dazu dienen kann, eine Fehleinschätzung des VR beim Leistungsanerkenntnis zu korrigieren. Diese Frage stellt sich jedoch erst im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens, dem die ärztliche Untersuchung vorausgeht; diese soll erst die Grundlage für die Nachprüfungsentscheidung schaffen. Insoweit besteht auch keine Veranlassung, den Untersuchungsauftrag an den Arzt von vornherein zu beschränken. Das lässt sich den einschlägigen Entscheidungen des BGH (VersR 1993, 559 und VersR 1993, 470; vgl. insoweit auch Rixecker in: Beckmann/Matusche-Beckmann, VerRHdb., 2. Aufl., § 46, Rn 187) nicht entnehmen. Der VN ist vielmehr verpflichtet, sich umfassend ärztlich untersuchen zu lassen (Rixecker, a.a.O.; Voit/Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, 2. Aufl., Rn L 30). Auch wenn in den hier vereinbarten Bedingungen das Wort “umfassend‘ nicht ausdrücklich aufgeführt ist (wie etwa jetzt in § 13 Abs. 2 BU 2008), ist das Recht, vom VN ärztliche Nachuntersuchungen zu verlangen, in § 4 Ziff. 3 BB-BUZ – auch für den durchschnittlichen VN erkennbar – in keiner Weise eingeschränkt. Etwas anderes mag ausnahmsweise dann gelten, wenn feststeht, dass sich der zur Berufsunfähigkeit führende Gesundheitszustand nicht verändert hat oder unveränderbar ist (vgl. insoweit OLG Bremen, Urt. v. 22.8.2011 – 3 U 12/11 … ). Dazu fehlt vorliegend jeder Anhalt.
Richtig ist auch die Auffassung des LG, dass an die Aufforderung zur Nachuntersuchung keine besonderen formalen Anforderungen zu stellen sind. Das sehen die Bedingungen – anders als gem. § 7 Ziff. 2 BB-BUZ bei der Nachprüfungsentscheidung – nicht vor.
Der Obliegenheit, sich ärztlich nachuntersuchen zu lassen, wird ein VN gerecht, wenn er einen vom VR vorgeschlagenen Untersuchungstermin wahrnimmt. Ist ihm dies nicht möglich, ist er jedenfalls gehalten, dies dem VR unter Angabe der Hinderungsgründe alsbald mitzuteilen. Darüber hinaus muss sich der VN zumindest dann, wenn – wie vorliegend – die Durchführung einer Nachuntersuchung in der Vergangenheit mehrfach (wenn auch ohne sein Verschulden) gescheitert ist und der VR zudem Alternativtermine angeboten hat, im Rahmen des Zumutbaren bemühen, einer Verhinderung entgegenzuwirken. Dahingestellt bleiben kann, ob der Kl. vorliegend von sich aus einen anderen, zeitnahen Termin hätte vorschlagen müssen. Jedenfalls hätte er versuchen müssen, eine Verlegung des auf den 9.6.2005 angesetzten Zahnarzttermins bei der Zeugin Dr. M zu erreichen, ...