Letztendlich entscheidet für die Ermittlung des "richtigen" Zinsfußes eine Prognose über dessen weitere Entwicklung. Grundsätzlich können 5 %, aber auch 2 % oder 1 % richtig sein. Genau weiß das heute niemand, weil es um einen Blick in die Zukunft geht. Dies ist deshalb auch weniger eine juristische als vielmehr eine finanzwirtschaftliche Frage.
Um die zukünftige Entwicklung wenigstens annähernd bestimmen zu können, ist es für eine seriöse Prognose notwendig, möglichst viele Anknüpfungspunkte zu finden.
Als Informationsquellen stehen u.a. zur Verfügung:
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Statistiken und Prognosen von Banken, Fachzeitschriften, professionellen Anlagegesellschaften; |
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Umgang der Lebensversicherer mit dieser Situation; |
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Regelung dieser Frage bei Überschreiten der Deckungssumme; |
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Vorhandene Regelungen durch den Gesetzgeber (Pflichtversicherungsverordnung); |
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Aktuelle Verzinsung von bei Versicherern und Banken getätigten Geldanlagen. |
In den vergangenen Monaten haben praktisch sämtliche Finanzexperten ein längeres Andauern der Niedrigzinsphase vorhergesagt. Besonders bemerkenswert ist dabei die Aussage von Bill Gross, dem Manager des weltgrößten Anleiheinvestors Pimco (die Gesellschaft ist eine 100 %-ige Allianz-Tochter). Er äußerte sich bereits 2012 dahingehend, dass es "so üppige Renditen wie in den vergangenen Jahrzehnten" nicht mehr geben wird. Fest verzinsliche Anlagen würden künftig maximal 2–3 % abwerfen, Aktien, die als seriöse Anlagemöglichkeit für Abfindungen ohnehin nicht in Betracht kommen, 4–5 %. Abzüglich der Kosten von 1–2 % käme aber selbst dort eine Rendite von höchstens 3 % heraus.
Weiterhin berichtete die Financial Times Deutschland, dass die Versorgungswerke der Freiberufler aufgrund der anhaltend niedrigen Zinsen vor gravierenden Finanzproblemen stünden.
Schließlich äußerte Allianz-Leben-Chef Markus Faulhaber: "In der neuen Normalität nach der Finanzkrise müssen wir akzeptieren, dass die in der Vergangenheit erzielten Renditen nicht als Maßstab für künftige Zinserträge gelten können."
Dies sind nur die prägnantesten einer Vielzahl von Äußerungen über die kurz- und mittelfristig zu erwartende Zinsentwicklung.
Das hat sich in einer deutlichen Senkung bzw. sogar Abschaffung der Zinsgarantien der Lebensversicherer sehr drastisch niedergeschlagen. Damit wird auch das Argument der Befürworter eines hohen Zinssatzes, dass es auch schon früher immer Niedrigzinsphasen gegeben habe, widerlegt. Keine der früheren Niedrigzinsphasen hatte nämlich zur Folge, dass die Lebensversicherer ihre Zukunftsprognosen derart reduziert haben. Dies unterscheidet die aktuelle Situation entscheidend von früheren und belegt, dass auch die Lebensversicherer auf lange Zeit von niedrigen Zinsen ausgehen.
Einen weiteren Anknüpfungspunkt hat der Gesetzgeber mit der Regelung in der Pflichtversicherungsverordnung bzgl. der Ermittlung des Rentenbarwertes bei Erschöpfung der Deckungssumme geschaffen. Dort ist geregelt, dass insoweit der Zinssatz mit der Durchschnittsrendite öffentlicher Anleihen der letzten zehn Jahre anzusetzen ist. Aktuell liegt der Zinssatz bei deutlich unter 2 %, der Durchschnitt der letzten zehn Jahre beträgt 2,9 %. Für die Zukunft dürfte der Zinssatz auf längere Sicht auf einem Niveau von unter 2 % stagnieren oder sogar noch weiter sinken.
Die zwingende Schlussfolgerung aus diesen Tatsachen ist, dass bei einer als nahezu sicher zu unterstellenden, mehrere Jahre weiter andauernden Niedrigzinsphase von unter 2 % eine aktuelle Kapitalisierung mit 5 % Abzinsung für die restliche Laufzeit die Zinsen dann deutlich höher als 5 % sein müssten, um einen Schnitt von eben diesen 5 % zu erzielen. Eine solche Erwartung ist unrealistisch.