BGB § 249 Abs. 2 S. 1 § 823 Abs. 1; PflVG § 1 § 3; StVG § 7 Abs. 1; BayStrWG Art. 16; VVG § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Leitsatz
1. Die Möglichkeit eines Kostenersatzes nach Art. 16 BayStrWG schließt zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nach § 7 Abs. 1 StVG oder § 823 Abs. 1 BGB nicht aus.
2. Bei einer zu beseitigenden Verschmutzung der Fahrbahn besteht für die zuständige Straßenbehörde ein weites Entscheidungsermessen.
3. Hinsichtlich des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrags genügt der Geschädigte regelmäßig seiner Darlegungs- und Beweislast durch Vorlage der Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Fachunternehmens. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des Rechnungsbetrags durch den Schädiger reicht dann nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen.
BGH, Urt. v. 15.10. 2013 – VI ZR 471/12
Sachverhalt
Die klagende Fachunternehmerin für Straßenreinigung macht nach Abtretung der Ansprüche des zuständigen Staatlichen Bauamts den Ersatz der Kosten für die Beseitigung einer Ölspur geltend. Der Bekl. zu 1) hatte als Halter eines bei der Bekl. zu 2) haftpflichtversicherten Kfz fahrlässig einen Ölspurschaden auf einer bayrischen Staatsstraße verursacht. Ein Mitarbeiter der Kl. beseitigte die Ölspur noch am gleichen Tag im sog. Nassreinigungsverfahren. Ein Mitarbeiter der Straßenmeisterei unterzeichnete eine mit "Forderungsabtretung" unterschriebene Erklärung. Darin trat das Staatliche Straßenbauamt seine Forderung auf Ersatz der Aufwendungen der Kl., soweit es sich um die Öl- und Extremschmutzbeseitigung handelte, unter Bezeichnung des beteiligten Kfz des Bekl. zu 1), des Datums des Schadensereignisses und dessen Ort an die Kl. ab. Die Kl. berechnete gegenüber der Bekl. zu 2) die Kosten des Einsatzes mit 2.079,01 EUR gegenüber der Bekl. ab, die ihre Einstandspflicht ablehnte. AG und LG haben die auf Ersatz der Kosten der Verschmutzung der Fahrbahn gerichtete Klage gegen die Bekl. zurückgewiesen. Mit der vom BG zugelassenen Berufung verfolgen die Bekl. die Abweisung der Klage.
Die Revision führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das BG.
2 Aus den Gründen:
[8] "… 1. Das BG geht allerdings zutreffend davon aus, dass der Kl. aufgrund wirksamer Abtretung dem Grunde nach Schadensersatzansprüche gegen die Bekl. gem. § 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1, § 249 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG zustehen."
[9] a) Aufgrund der unfallbedingten Verschmutzung, der nach den Feststellungen des BG im Eigentum des Freistaats Bayern stehenden Straße durch das ausgelaufene Motoröl steht dem Geschädigten grds. ein Anspruch auf Ersatz der zur Reinigung und Wiederherstellung der gefahrlosen Benutzbarkeit der Straße erforderlichen Aufwendungen nach § 7 Abs. 1 StVG, § 249 Abs. 2 BGB zu (vgl. Senat, Urt. v. 28.6.2011 – VI ZR 184/10, VersR 2011, 1070 Rn 14, und VI ZR 191/10, juris Rn 14; jeweils m.w.N.). Gleiches gilt für einen auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten Schadensersatzanspruch, wenn der Schädiger – wie hier – fahrlässig gehandelt hat.
[10] b) Da die geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus § 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB auf gesetzliche Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts zurückzuführen sind, besteht Versicherungsschutz nach § 10 Abs. 1 AKB a.F. bzw. A.1.1.1. AKB 2008, so dass auch ein Direktanspruch gegen die Bekl. zu 2) als Haftpflichtversicherer gem. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG begründet ist (vgl. Senat, Urt. v. 31.1.2012 – VI ZR 43/11, BGHZ 192, 261 Rn 6 f. m.w.N.; Beschl. v. 20.10.2009 – VI ZR 239/08, r+s 2010, 170; BGH, Urt. v. 20.12.2006 – IV ZR 325/05, VersR 2007, 200 Rn 10 f. m.w.N.). Die vereinzelt vertretene Gegenauffassung, wonach Straßen- bzw. Grundstückseigentümer von dem Direktanspruch ausgenommen sein sollen (Schwab, in: Halm/Kreuter/Schwab, AKB-Kommentar, § 115 VVG Rn 34 ff.; ders., DAR 2011, 610, 611), steht dem nicht entgegen. Die dort genannte 6. KH-Richtlinie (Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.9.2009 über die Kfz-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht, ABl EU 2009 L 263 S. 11), lässt gem. Art. 28 Abs. 1 weitergehende, für den Geschädigten günstigere Vorschriften ausdrücklich zu.
[11] c) Der Schadensersatzanspruch des Freistaats Bayern wurde wirksam gem. § 164 Abs. 1 S. 1 BGB an den Kläger abgetreten.
[12] aa) Nach Art. 42 Abs. 1, Art. 58 Abs. 2 Nr. 1 BayStrWG i.V.m. § 2 Abs. 2 der Verordnung über die Einrichtung und Organisation der staatlichen Behörden für das Bauwesen (OrgBauV, GVBl 2005, S. 626) und deren Anlage 2 Nr. 18 ist das Staatliche Bauamt S nach den Feststellungen des BG zuständiges Staatliches Bauamt als Unterbehörde und damit Straßenbaubehörde für das Gebiet der Gemeinde E und nimmt für den Träger der Straßenbaulast die hoheitlichen Befugnisse wahr (Edhofer/Willmitzer, BayStrWG, 14. Aufl., Art. 58 Erl. 1). Straßenbaulastträger ist der Freistaat Bayern, da ein Staatsstraßenabschnitt außerhalb einer Ortsdurchfahrt betroffen ist (vgl. Art. 41 S...