BGB § 249 Abs. 2 § 254 Abs. 2
Leitsatz
1. lm Rahmen der Schadensabrechnung kann der Schädiger den an seinem Kfz Geschädigten bei fiktiver Abrechnung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt verweisen, wenn er darlegt und ggf. beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt dem Qualitätsstandard einer Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und die Reparatur zumutbar ist.
2. Eurogarant-Fachbetriebe entsprechen bei ihrer Reparaturtätigkeit dem Qualitätsstandard der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt, wenn es sich
a) um Meisterbetriebe für Karosserie- und Lackierarbeiten mit besonderer Erfahrung in der Unfallinstandsetzung handelt,
b) die Eurogarant-Betriebe zertifiziert sind und in diesem Rahmen die Ausstattung der Werkstatt sowie die Qualifikation der Mitarbeiter am jeweiligen Stand der Technik orientiert sind,
c) die Reparaturen unter Verwendung von modernen Spezialwerkzeugen auch nach Herstellervorgaben bzw. -richtlinien und mit Originalersatzteilen durchgeführt werden,
d) sämtliche Eurogarant-Betriebe auf die Unfallinstandsetzung eine 3-jährige Garantie gewähren,
e) Garantieansprüche gegen den Fahrzeughersteller im Hinblick auf die nicht reparaturbetroffenen Teile und Anbauteile nicht beeinträchtigt sind,
f) der Qualitätsstandard der Werkstatt und der Mitarbeiter regelmäßig durch Prüfungsorganisationen und auch durch die Verpachtung zur Zertifizierung überprüft wird.
(Leitsätze der Schriftleitung)
LG Saarbrücken, Urt. v. 11.10.2013 – 13 S 23/13
Sachverhalt
Nach einem Verkehrsunfall wählte der an seinem Kfz Geschädigte die Abrechnung auf Gutachtenbasis. Der von ihm beauftragte Gutachter ermittelte Reparaturkosten von 2.320,03 EUR netto, während die beklagte Haftpflichtversicherung des Schädigers in einem eigenen Prüfbericht auf der Grundlage der Preisstruktur einer Eurogarant-Werkstatt lediglich 1.614,57 EUR ermittelte und zahlte. Die Bekl. ging davon aus, mit ihrem dem Kl. gegenüber erfolgten Hinweis auf eine qualitativ gleichwertige und räumlich zugängliche Reparaturwerkstatt mit gegenüber den höheren Stundensätzen einer markengebundenen Werkstatt eine für die Bestimmung des ersatzfähigen Schadens bei fiktiver Abrechnung maßgeblichen Betrag nachgewiesen zu haben.
Das AG wies die auf Ersatz der Differenz zwischen den von dem Gutachter des Kl. geschätzten Kosten der Reparatur zu den von der Bekl. angeführten Kosten der Reparatur in einer Eurogarant-Werkstatt ab. Die Berufung des Kl. wurde von dem LG nach Einholung eines Gutachtens über die Gleichwertigkeit der Reparatur in einer Eurogarant-Werkstatt zu der in einer markengebundenen Werkstatt abgewiesen. Der Gutachter traf die in Leitsatz 2 getroffenen Feststellung, aus denen das BG unter Anwendung des § 287 ZPO den Schluss auf die Gleichwertigkeit der Reparatur in einer Eurogarant-Werkstatt zu der in einer markengebundenen Werkstatt zog.
2 Aus den Gründen:
" … c) Der erfolgte Verweis war auch inhaltlich ausreichend, da der von der Bekl. vorgelegte Prüfbericht sich nicht mit einem pauschalen Hinweis auf die Referenzwerkstatt begnügt, sondern die maßgeblichen Kriterien zur Überprüfung der Gleichwertigkeit benennt (vgl. OLG Düsseldorf NJW 2012, 2044). Die Vorlage eines annahmefähigen Reparaturangebots war insoweit nicht erforderlich (vgl. OLG Düsseldorf NJW 2012, 2044; LG Düsseldorf SP 2012, 182; LG Essen SP 2012, 222; LG Berlin, Urt. v. 1.3.2012 – 41 S 87/11, juris)."
d) Umstände, die dem Kl. eine Reparatur in der bezeichneten freien Fachwerkstatt unzumutbar machen könnten, sind nicht nachgewiesen.
aa) Unzumutbar ist eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt im Allgemeinen dann, wenn das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre war (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09, VersR 2010, 225; v. 13.7.2010 – VI ZR 259/09, MDR 2010, 1181, und v. 22.6.2010 – VI ZR 302/08, VersR 2010, 1096), was hier zu verneinen ist. Jedoch kann es dem Geschädigten auch bei älteren Fahrzeugen unzumutbar sein, sich auf eine günstigere gleichwertige und ohne weiteres zugängliche Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt verweisen zu lassen, wenn er konkret darlegt, dass er sein Fahrzeug bisher stets in der markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen oder – hier nicht relevant – sein besonderes Interesse an einer solchen Reparatur durch die Reparaturrechnung belegt (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09, VersR 2010, 225, und v. 23.2.2010 – VI ZR 91/09, VersR 2010, 923; Kammer, Urt. v. 21.9.2012 – 13 S 3/12). Dies ist dem Kl. aber nicht gelungen.
bb) Die Vorlage einer Kopie des Scheckheftes, in dem sich neben dem Übergabevermerk lediglich ein einziger Eintrag findet über eine Wartung im Jahre 2009 bei einem im Jahr 2006 zugelassenen BMW 320i Touring mit knapp 75.000 km im Unfallzeitpunkt, und die Vorlage einer Reparaturrechnung aus dem Jahr 2012 reichen nämlich – wie der Erstrichter zu Recht festgestellt hat – nicht aus, um beweissicher festzustellen, dass d...