VVG § 84 Abs. 1; AKB 2010 A.2.18
Leitsatz
Ein Mitarbeiter einer Partei ist kein Sachverständiger im Rahmen des Sachverständigenverfahrens nach A.2.18 AKB.
BGH, Urt. v. 10.12.2014 – IV ZR 281/14
Sachverhalt
Der Kl. begehrt vom Bekl. Ersatz eines Unfallschadens. Zwischen den Parteien besteht ein Kfz-Versicherungsvertrag unter Einbeziehung der AKB. Der Kl. verlangt von dem Bekl. den Ausgleich eines am 10.6.2011 erlittenen Glasbruchschadens an seinem Pkw sowie aufgewandter Gutachterkosten. Die Einstandspflicht des Bekl. ist dem Grunde nach unstreitig; die Parteien streiten über die Fälligkeit und Höhe des klägerischen Anspruchs. Der Bekl. macht geltend, das gem. A.2.18 AKB vereinbarte Sachverständigenverfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Nach Anzeige des Schadens bezifferte der Bekl. diesen mit Schreiben v. 18.7.2011 zunächst auf 509,92 EUR. Der Kl. zweifelte an der Richtigkeit der Abrechnung und beauftragte am 27.7.2011 einen Diplom-Ingenieur mit der Prüfung der Abrechnung sowie erforderlichenfalls mit der Einleitung des Sachverständigenverfahrens. Mit Gutachten v. 5.8.2011 bezifferte dieser den Schaden mit 1.734,12 EUR netto. Für das Gutachten fielen 437,55 EUR an. Der vom Kl. beauftragte Ingenieur forderte den Bekl. zur Benennung seines Ausschussmitglieds für das Sachverständigenverfahren auf. Der Bekl. korrigierte die von ihm akzeptierte Schadenhöhe auf 1.019,84 EUR und benannte den Leiter seiner Sachverständigenabteilung als Ausschussmitglied, den der Ingenieur des Kl. wegen seiner beruflichen Tätigkeit für den Bekl. als befangen ablehnte. Nachdem der Bekl. innerhalb der Zweiwochenfrist kein anderes Ausschussmitglied benannt hatte, berief der vom Kl. beauftragte Ingenieur für den Bekl. einen weiteren Diplom-Ingenieur als Ausschussmitglied. Diese beiden Ingenieure bezifferten den Schaden auf 1.734,12 EUR. Abzüglich der vom Kl. zu tragenden Selbstbeteiligung ergab sich ein Anspruch des Kl. i.H.v. 1.584,12 EUR. Der Kl. begehrt mit der Klage diesen Betrag abzüglich vom Bekl. bereits gezahlter 869,84 EUR, zuzüglich der Kosten für das Sachverständigenverfahren i.H.v. 820,43 EUR, insgesamt damit einen Betrag von 1.534,71 EUR. Das LG hat auf die Berufung des Kl. hin die Klage abgewiesen.
2 Aus den Gründen:
[7] "… II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand."
[8] 1. Entgegen der Ansicht des BG ist der Anspruch des Kl. fällig. Das nach A.2.18 AKB vereinbarte Sachverständigenverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Der Kl. war nach A.2.18.2 S. 2 AKB berechtigt, selbst einen weiteren Sachverständigen zu benennen, nachdem der Bekl. dies trotz Aufforderung und Ablauf von zwei Wochen nicht getan hatte.
[9] Der Senat braucht die Frage, ob ein Sachverständiger im Sachverständigenverfahren als befangen abgelehnt werden kann, hier nicht zu entscheiden. Der von dem Bekl. benannte Leiter seiner Sachverständigenabteilung ist als Mitarbeiter einer der Parteien nicht Sachverständiger i.S.v. A.2.18.2 AKB.
[10] a) Das ergibt die Auslegung von A.2.18.1 und A.2.18.2 AKB.
[11] Welche Anforderungen an die Person und die Sachkunde eines Sachverständigen zu stellen sind, richtet sich nach den zugrunde liegenden AKB.
[12] aa) AVB sind nach ständiger Senatsrechtsprechung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch seine Interessen an (vgl. Senat BGHZ 123, 83, 85; st. Rspr.).
[13] bb) AVB sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist dabei vom Wortlaut auszugehen (Senat VersR 2012, 1149 Rn 21 m.w.N.; st. Rspr.). Diesem entnimmt der VN, dass nach A.2.18.1 AKB bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Schadens ein Sachverständigenausschuss entscheidet und dieser Ausschuss nach A.2.18.2 S. 1 AKB gebildet wird, indem VN und VR je einen “Kfz-Sachverständigen‘ benennen. Im Übrigen sind in den Versicherungsbedingungen keine Anforderungen an die Person und Sachkunde des Sachverständigen genannt. Der VN kann aus dem Wortlaut nur ersehen, dass es sich bei dem Ausschussmitglied um einen Kfz-Sachverständigen handeln muss, maßgeblich also der technische Sachverstand der Person ist. Es erscheint daher zweifelhaft, ob er – wie die Revision meint – bereits dem Wortlaut der Regelung eine Einschränkung dahin entnehmen wird, dass ein Mitarbeiter des VR nicht als Ausschussmitglied benannt werden kann, weil nach dem üblichen Verständnis des Begriffs ein Sachverständiger seine “gutachterlichen Leistungen persönlich, unabhängig, unparteiisch, gewissenhaft und weisungsfrei erbringt‘. Ein durchschnittlicher VN kennt diese Definition nicht. Mit dem Begriff “Kfz-Sachverständiger‘ wird er lediglich ein besonderes Fachwissen verbinden. Da jede Partei einen Sachverständigen zu benennen hat, wird er dem Wortlaut der Klausel nicht entnehmen, dass der jeweils benannte Sachverständige neutral sein muss.
[14] cc) Dem mit der Regelung verfol...