Klassischer Kernbereich des Reiserechts ist das Pauschalreiserecht bzw. Reisevertragsrecht[2] der §§ 651a bis 651m BGB. Der Untertitel Reisevertragsrecht im deutschen BGB dient der Umsetzung der Europäischen Pauschalreise-Richtlinie.[3] Zu unterscheiden von der (durchaus verbraucherfreundlich geregelten) Pauschalreise ist die Individualreise.[4] Gemäß § 651a Abs. 1 S. 1 BGB zeichnet sich ein (Pauschal-)Reisevertrag dadurch aus, dass sich der Reiseveranstalter verpflichtet, dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen (Reise) zu erbringen. Im Zusammenhang mit der Buchung von Pauschalreisen verkündete der BGH im Jahr 2014 mehrere Grundsatzentscheidungen.

[2] Vgl. allgemein zum Pauschalreiserecht: Bergmann, VuR 2014, 293–300; Erman/Schmid, BGB, 14. Aufl. 2014, §§ 651a-651m; zur Vertiefung: Führich, Reiserecht, 7. Aufl. angekündigt für Februar 2015.
[3] Richtlinie 90/314/EWG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.6.1990 über Pauschalreisen, Abl. EG Nr. L 158 vom 23.6.1990, S. 59.
[4] Vgl. zur Abgrenzung: Flöthmann, Reiserecht für Individualreisende, 2006, S. 13 ff. m.w.N.

I. Flugzeitenangabe in Reisebestätigung

Der BGH hatte sich mit der Frage zu befassen, unter welchen Voraussetzungen ein Reiseveranstalter in einer Reisebestätigung davon absehen darf, genaue Uhrzeiten für Hin- und Rückflug anzugeben. Im konkreten Fall hatte der beklagte Reiseveranstalter in der Bestätigung lediglich das Hin- und Rückflugdatum angegeben und hinzugefügt "Genaue Flugzeiten noch nicht bekannt!". Wie schon die Vorinstanzen[5] entschied nun auch der BGH, dass die beanstandeten Angaben nicht gegen die Vorgaben von § 6 Abs. 2 Nr. 2 BGB-InfoV verstoßen.[6] Der BGH führt dazu aus, dass in einem Reisevertrag durchaus vereinbart werden könne, dass die genauen Uhrzeiten für die Hin- und Rückreise erst zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt werden. § 6 Abs. 2 Nr. 2 BGB-InfoV schreibe gerade nicht vor, mit welcher Genauigkeit im Reisevertrag die Zeit der Abreise und die Zeit der Rückkehr festzulegen sind. Wenn die Parteien die genauen Zeitpunkte nicht näher festlegen (bzw. nicht wenigstens eingrenzen), so müsse auch die Reisebestätigung keine genaueren Angaben enthalten. Der vom Reiseveranstalter angegebene Zusatz ("Genaue Flugzeiten noch nicht bekannt!") gebe also den Inhalt des Reisevertrages zutreffend wieder und sei deshalb nicht zu beanstanden.

In diesem Zusammenhang ist kurz auf das bereits im Vorjahresaufsatz erwähnte Urteil des BGH vom 10.12.2013 hinzuweisen. Demnach dürfen einmal in Aussicht gestellte Reisezeiten nicht ohne sachlichen Grund geändert werden und der aus den vorläufigen Angaben ersichtliche Zeitrahmen nicht vollständig aufgegeben werden.[7]

[5] LG Düsseldorf, Urt. v. 4.7.2012 – 12 O 223/11, RRa 2012, 242; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2013 – I-7 U 271/12, RRa 2014, 15.
[6] BGH, Urt. v. 16.9.2014 – X ZR 1/14 (Pressemitteilung Nr. 129/2014), StBW 2014, 800 = WM 2014, 2383 = zfs 2014, 542 (PM).
[7] BGH, Urt. v. 10.12.2013 – X ZR 24/13 (Pressemitteilung Nr. 198/2013), DAR 2014, 265 = MDR 2014, 450 = NJW 2014, 1168 (m. Anm. Führich) = RRa 2014, 132 = VersR 2014, 1010.

II. Anzahlungen und Rücktrittspauschalen

In drei Verfahren urteilte der BGH[8] jeweils am 9.12.2014 über die zulässige Höhe von Reisepreisanzahlungen und über die Bemessung von Rücktrittspauschalen. Nach den dort streitgegenständlichen Reisebedingungen sollten relativ kurzfristige Anzahlungen gezahlt werden. Bei einem Rücktritt des Reisenden sollten an den Veranstalter gestaffelte Entschädigungspauschalen nach § 651i Abs. 3 BGB gezahlt werden (von 25 % bis zu 90 % des Reisepreises). Zunächst gelangte der BGH in dem ersten Verfahren X ZR 85/12 zu dem Zwischenergebnis, dass auch ein Veranstalter, der unter anderem über das Internet die Bündelung von Reiseteil- und Einzelleistungen zu einem Leistungspaket ("Dynamic Packaging") anbietet, als Reiseveranstalter im Sinne des Pauschalreiserechts anzusehen sei, weil der Veranstalter dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen zu einem Gesamtpreis zur Verfügung stelle. Weiter führte der BGH aus, dass ein Reiseveranstalter nur unter engen Voraussetzungen eine höhere Anzahlung als die bisher anerkannten 20 % des Reisepreises verlangen könne. Eine von § 320 BGB abweichende Vorleistungspflicht (also eine Pflicht zur Reisepreisanzahlung) könne zwar durch AGB begründet werden, jedoch nur, wenn die Vorleistungspflicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Anzahlungen bis zu 20 % des Reisepreises hat der BGH bisher für zulässig erachtet, zumal es sich dann nur um eine verhältnismäßig geringfügige Vorleistung handele und der Reisende auch durch den zwingend zu übergebenden Sicherungsschein gegen die Insolvenz des Reiseveranstalters abgesichert sei. Der BGH führt nun aus, dass auch die Vereinbarung einer höheren Anzahlungsquote in den AGB nicht ausgeschlossen sei, dann aber zumindest voraussetze, dass der Reiseveranstalter darlege, dass seine eigenen bei Vertragsschluss zu leistenden Aufwendungen bei den konkreten Reisen typischerweise die geforderte Quote erreichen. Dieser Darlegungspflic...

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