Bedingungen für die Unfallzusatzversicherung § 3 Abs. 2h
Leitsatz
Der Risikoausschluss für Gesundheitsschädigungen durch Heilmaßnahmen erfasst auch solche, die durch ärztliche Behandlungsfehler entstehen.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 9.7.2014 – 5 U 89/13
Sachverhalt
Die Parteien streiten darüber, ob die Kl. wegen der Folgen eines operativen Eingriffs Leistungen aus einer Unfallzusatzversicherung verlangen kann.
Die Kl. unterhält bei der Bekl. einen Versicherungsvertrag zur "Hinterbliebenen-Absicherung" mit Zusatzversicherungen, darunter eine Unfallzusatzversicherung der die Bedingungen der Bekl. für die Unfallzusatzversicherung (BUZV) zugrunde liegen. § 3 Abs. 2 BUZV enthält Risikoausschlüsse. Gem. § 3 Abs. 2h S. 1 BUZV besteht kein Versicherungsschutz für
"Gesundheitsschädigungen durch Heilmaßnahmen oder Handlungen, die die versicherte Person an ihrem Körper vornimmt oder vornehmen lässt."
Nach der in § 3 Abs. 2h S. 2 BUZV geregelten Rückausnahme bleibt der VR auch in solchen Fällen allerdings dann zur Leistung verpflichtet,
"wenn die Handlungen oder Heilmaßnahmen … durch einen unter diese Versicherung fallenden Unfall veranlasst waren."
Im November 2011 begab sich die Kl. wegen plötzlich aufgetretener Brustschmerzen in die Asklepios Klinik Hamburg Harburg. Dort wurde eine Dissektion der thorakalen Aorta diagnostiziert. Im Rahmen eines operativen Eingriffs wurde zunächst eine Stentprothese in das betroffene Gefäß gesetzt und, nachdem eine intraoperative Verletzung der Arterie aufgefallen war, ein Bypass gelegt. In der Folgezeit kam es zu Wundheilungsstörungen und wiederholten Bypassverschlüssen, die schwere Durchblutungsstörungen im Bein verursachten. Das Bein musste letztlich amputiert werden. Ursache war eine fehlerhafte Bestimmung des Gefäßdurchmessers und die darauf beruhende Verwendung einer zu großen Schleuse.
2 Aus den Gründen:
" … 2. Die Kl. kann keine Entschädigung aus der Unfallzusatzversicherung verlangen, weil der Verlust ihres Beins nicht infolge eines nach dem Vertrag versicherten Unfallereignisses eingetreten ist."
a. Allerdings hatte die Kl. einen Unfall gem. § 2 BUZV.
Ein Unfall ist danach ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis), durch das die versicherte Person unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Als Unfallereignis kommt auch eine von außen induzierte, plötzliche Abweichung vom geplanten Ablauf eines medizinischen Eingriffs mit schädlichen Gesundheitsfolgen in Betracht. Das Verletzen der Beckenarterie beim Einsetzen der Stentprothese im Rahmen der Operation vom 5.12.2011 war demnach ein bedingungsgemäßer Unfall (vgl. für einen ähnlichen Fall – Verletzung der Venenwand bei einer Herzkatheteruntersuchung – OLG Schleswig VersR 2003, 587).
b. Gleichwohl ist die Bekl. nicht leistungspflichtig. Das folgt aus der vom LG zutreffend ausgelegten und angewendeten Risikoausschlussklausel dass § 3 Abs. 2h BUZV.
Nach § 3 Abs. 2h S. 1 BUZV besteht, vom Ausnahmefall des § 3 Abs. 2h S. 2 BUZV abgesehen, kein Versicherungsschutz für Gesundheitsschädigungen durch Heilmaßnahmen oder Handlungen, die die versicherte Person an ihrem Körper vornimmt oder vornehmen lässt. Damit soll das mit jeder therapeutischen Maßnahme verbundene Risiko einer Vertiefung vorhandener oder eines Eintritts weiterer Gesundheitsschäden vom Versicherungsschutz ausgenommen werden. Die Klausel ist rechtlich unbedenklich (siehe OLG Celle VersR 2010, 803).
(1) Dass der operative Eingriff, bei dem eine Stentprothese gesetzt wurde, um eine Aortendissektion zu therapieren, eine Heilmaßnahme i.S.d. Klausel gewesen ist, liegt auf der Hand (zu den einschlägigen Begriffsdefinitionen Grimm, Unfallversicherung, 5. Aufl. 2013, Ziff. 5 AUB 2010, Rn 82, 84).
(2) Der Verlust des Beins ist ein “durch‘ die Heilmaßnahme verursachter Gesundheitsschaden.
(a) Für die Beurteilung, ob ein Gesundheitsschaden die vom Versicherungsschutz ausgeschlossene Folge einer Heilbehandlung ist, ist danach zu differenzieren, ob sich in dem Unfall eine solchen Behandlungen innewohnende Gefahr realisiert hat oder aber das allgemeine Lebensrisiko. Besteht zwischen der Heilmaßnahme und dem Unfall ein nur zufälliger Zusammenhang und hätte das Ereignis ebenso gut im täglichen Leben eintreten können, kommt der Ausschluss nicht zum Tragen und der VR muss leisten (Grimm, Unfallversicherung, 5. Aufl. 2013, Ziff. 5 AUB 2010, Rn 82; BGH NJW 1989, 1546 …).
Die Klausel gilt nicht nur für die Fälle kunstgerecht durchgeführter Heilmaßnahmen, sondern auch dann, wenn dem Arzt oder sonstigen Behandler Fehler unterlaufen sind (so die wohl einhellige Auffassung in Literatur und Rspr.; siehe z.B. Grimm, Unfallversicherung, 5. Aufl. 2013, Ziff. 5 AUB 2010, Rn 82 und Rn 80 … ). Weder gibt der Wortlaut der Klausel einen Anhalt für eine hierauf bezogene Differenzierung, noch besteht unter dem Gesichtspunkt des mit dem Ausschluss verfolgten Zwecks, das jeder Heilbehandlungsmaßnahme anhaftende Risiko einer Verschlechterung des Gesundheitszustands vom Versicherungsschutz auszunehmen, ein vernünftiger Grund, den Au...