VVG § 103
Leitsatz
1. Ansprüche gegen den privaten Haftpflichtversicherer wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls sind nur dann ausgeschlossen, wenn sich der Vorsatz auch auf den eingetretenen Schaden bezieht.
2. Zum Schädigungsvorsatz eines 12-jähr. Jungen.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.12.2013 – 9 U 27/13
Sachverhalt
Der Kl. unterhält bei der Bekl. eine Haftpflichtversicherung. In diese Versicherung ist als mit versicherte Person einbezogen der am 27.12.1998 geborene C T, der im Haushalt des Kl. lebt. Der Kl. verlangt im Rechtstreit von der Bekl. Versicherungsschutz im Hinblick auf Schadensersatzansprüche, die von Dritten gegenüber C T geltend gemacht werden. Am 4.3.2011 hielt sich der damals 12-jähr. C T zusammen mit seinem damals 11-jähr. Freund M G in einem Gartengelände in der Nähe von E auf. In zwei Gartenhütten zündeten C T und sein Freund M G verschiedene Gegenstände an. Durch die brennenden Gegenstände wurden jeweils die Hütten in Brand gesetzt. Eine Gartenhütte brannte vollständig ab, die andere wurde erheblich beschädigt. Die jeweiligen Eigentümer der Hütten machten in der Folgezeit Schadensersatzansprüche gegen C T geltend.
2 Aus den Gründen:
" … 1. Der Kl. ist als VN berechtigt, Versicherungsschutz für den mitversicherten C T geltend zu machen. Unstreitig besteht ein Versicherungsvertrag, in welchem sich die Bekl. verpflichtet hat, Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche Dritter gegen C T zu gewähren. Die Bekl. ist zu Leistungen verpflichtet, da nach der fahrlässigen Inbrandsetzung von zwei Gartenhütten durch C T Schadensersatzansprüche der Geschädigten B H und A T gegen C T bestehen. Möglicherweise kommen Ansprüche weiterer Dritter, die durch dasselbe Ereignis geschädigt sind, in Betracht. Zu Recht hat das LG daher entsprechend dem Feststellungsantrag des Kl. erkannt."
Die Versicherung umfasst gem. § 101 Abs. 1 VVG auch die Kosten des Rechtsschutzes, die C T durch die Abwehr von Ansprüchen Dritter entstanden sind oder noch entstehen. Hinsichtlich der bereits entstandenen Kosten von C T bei der Verteidigung gegen Ansprüche des Geschädigten B H (LG F) ist zwischen den Parteien außer Streit, dass die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten war (§ 101 Abs. 1 S. 1 VVG). Soweit weitere Kosten bei der Verteidigung gegen Ansprüche des Geschädigten A T oder anderer Dritter entstehen, ist der Feststellungsausspruch des LG dahingehend zu verstehen, dass die Einstandspflicht der Bekl. von den Voraussetzungen gem. § 101 Abs. 1 S. 1 VVG (Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten) abhängt.
2. Die Bekl. kann sich nicht auf Leistungsfreiheit gem. § 103 VVG (Herbeiführung des Versicherungsfalles) berufen. Nach dieser Vorschrift ist der VR in der Haftpflichtversicherung nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der bei dem Dritten eingetretene Schaden vorsätzlich herbeigeführt wurde. Dabei schadet nicht nur der Vorsatz des VN, sondern auch der Vorsatz der versicherten Person (vgl. Prölss/Martin/Lücke, VVG, 28. Aufl. 2010, § 103 VVG, Rn 2). Die Bekl. wäre mithin nicht zur Leistung verpflichtet, wenn C T die Brandschäden vorsätzlich verursacht hätte. Zutreffend hat das LG jedoch festgestellt, dass sich ein vorsätzliches Handeln des versicherten Kindes nicht feststellen lässt. Die sorgfältige Beweisaufnahme des LG ist – auch unter Berücksichtigung der Einwendungen der Bekl. im Berufungsverfahren – nicht zu beanstanden.
a) Die Beweislast für ein vorsätzliches Handeln des Kindes liegt im Rahmen von § 103 VVG beim VR. Der Vorsatz muss sich dabei nicht nur auf die unmittelbare Handlung (Inbrandsetzen bestimmter Gegenstände wie Pullover oder Pappbecher) beziehen, sondern auf den eingetretenen Schaden, also das Abbrennen von zwei Gartenhütten (vgl. zur Beweislast Prölss/Martin/Lücke, § 103 VVG Rn 4 ff.). Es reicht nicht aus, wenn ein Vorsatz möglich erscheint. Entscheidend ist, dass ein Vorsatz jedenfalls, wie das LG zu Recht festgestellt hat, nicht nachweisbar ist.
b) Das LG hat zutreffend festgestellt, dass keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass C T und M G die beiden Hütten zielgerichtet abbrennen wollten. Vielmehr stand für die beiden Kinder im Vordergrund ein “Spiel mit Feuer‘. Dies ergibt sich aus den verschiedenen “Versuchen‘, welche die Kinder mit dem Anzünden von Grillanzündern, Pappbechern und einem Pullover angestellt haben. Allerdings weist die Bekl. im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass diese Vorstellungen einem vorsätzlichen Handeln von C T dann nicht entgegenstehen würden, wenn er gleichzeitig eine Inbrandsetzung der Hütten für möglich gehalten hätte, und diese Schadensfolge auch billigend in Kauf genommen hätte. Auch ein solcher bedingter Vorsatz ist jedoch nicht nachgewiesen.
c) Widersprüche zwischen den Angaben des Zeugen M G bei seiner Vernehmung vor dem LG am 5.12.2012 einerseits und bei seiner polizeilichen Vernehmung am 8.3.2011 andererseits stehen der Beweiswürdigung nicht entgegen. Dabei kann dahinstehen, welche Bedeutung den Angaben des anderen Kindes bei seiner Auss...