AHB 2008 § 2 Nr. 2c
Leitsatz
Wird bei dem Herunterlassen einer Hebebühne bei einem Reifenwechsel durch einen unsachgemäß abgelegten Reifen der Tragarm verbogen, so verwirklicht sich das Risiko der Hebebühne, nicht des Kfz.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Karlsruhe, Urt. v. 23.5.2014 – 9 S 460/13
Sachverhalt
Der Kl. nimmt die Bekl. auf Gewährung von Versicherungsschutz aus einer zwischen den Parteien bestehenden Privathaftpflichtversicherung in Anspruch. Der Kl. macht geltend, er habe anlässlich eines Reifenwechsels in einer Hobbywerkstatt die dort befindliche Hebebühne beschädigt. Im Zuge der Demontage der Reifen habe er einen Reifen im Lot eines Hebearms abgelegt, was dazu geführt habe, dass beim Herunterlassen der Hebebühne der Tragarm auf den Reifen getroffen sei, wodurch es zum Verbiegen des Tragarms und der Spindel gekommen sei. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dieser angezeigte Schaden an der Hebebühne in der Privathaftpflicht versichert ist oder wegen der sog. "Benzinklausel" vom Versicherungsschutz ausgenommen ist.
2 Aus den Gründen:
" … Die Bekl. ist gem. § 1 VVG verpflichtet, dem Kl. vertragsgemäß Deckungsschutz aus Anlass des Schadensereignisses vom 10.1.2013 beim Absenken der Hebebühne zu gewähren. Für den streitgegenständlichen Schadensfall besteht Versicherungsschutz in der bei der Bekl. unterhaltenen Privathaftpflichtversicherung. Es besteht keine Haftungsbeschränkung gem. § 2 Nr. 2c (Benzinklausel) der Allgemeinen Haftpflicht-Versicherungsbedingungen (AHB 2008)."
Danach erstreckt sich der Versicherungsschutz nicht auf Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden. Sinn und Zweck dieser sog. “Benzinklausel‘ ist, Überschneidungen zwischen von der Kfz-Haftpflicht gedeckten Versicherungsfällen und solchen, für die die Privathaftpflicht eintritt, zu vermeiden. Diese Klausel ist nicht anders auszulegen als Versicherungsbedingungen im Allgemeinen, nämlich so, wie ein durchschnittlicher VN diese Bestimmung bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGH2 123, 83, 85). Als Ausschlussklausel ist sie grds. eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche VN braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass ihm diese hinreichend verdeutlicht werden (st. Rspr., BGH VersR 2003, 1389 unter 2b m.w.N.)
Die Klausel in der Privathaftpflicht nimmt vom Versicherungsschutz die Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kfz wegen Schäden aus, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden. Es muss sich also eine Gefahr verwirklicht haben, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen ist, diesem somit selbst und unmittelbar zuzurechnen ist (BGH VersR 1994, 83 unter 3a). Mit der Ausschlussklausel soll ein Risiko aus dem Bereich der Privathaftpflicht ausgenommen werden, das typischerweise dem Risikobereich der Kfz-Haftpflichtversicherung zuzuordnen ist. Das wird auch der verständige VN bedenken; er wird Versicherungsschutz für das mit dem Gebrauch eines Kfz verbundene Risiko in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung erwarten. Insoweit erkennt ein VN, dass mit der Benzinklausel grds. vom Versicherungsschutz ausgenommen werden soll, was als typisches Kraftfahrzeuggebrauchsrisiko in der Kfz-Haftpflicht versicherbar ist. Damit sollen einerseits Doppelversicherungen, andererseits aber auch Deckungslücken vermieden werden.
Das AG hat zutreffend ausgeführt, dass ein Gebrauch des Fahrzeugs auch anzunehmen sein kann, wenn noch kein “unmittelbarer Betrieb‘ des Fahrzeugs vorliegt, sondern nur Vorbereitungshandlungen zu einem bevorstehenden Fahrtantritt getroffen werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um solche Tätigkeiten handelt, die dem Kreis der Verrichtungen eines Fahrers zuzurechnen sind und im Zusammenhang mit einer konkreten Fahrt vorgenommen werden, bei der die in Anspruch genommene Person das Fahrzeug lenken soll. Damit können grds. auch Reparaturarbeiten dem Gebrauch des Fahrzeugs zuzurechnen sein (BGH VersR 1988, 1283; OLG Hamm zfs 1993, 312).
Die Anwendung der Benzinklausel setzt jedoch weiter voraus, dass das Fahrzeug im Zusammenhang mit der schadensstiftenden Verrichtung aktuell, unmittelbar, zeitlich und örtlich nahe eingesetzt wird, also sich dabei ein spezifisches Risiko des Kfz-Gebrauchs verwirklicht oder die Gefahr vom Fahrzeug selbst ausgeht (OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 1344).
Unter Anwendung dieser Grundsätze findet der Haftungsausschluss vorliegend keine Anwendung. Zwar mag der vorgenommene Reifenwechsel der Vorbereitung des Einsatzes des Fahrzeugs zu seinem typischen Verwendungszweck, nämlich dessen Gebrauch durch den Kl. als Fahrzeugführer gedient haben. Gleichwohl hat der Kl. aber nicht das Fahrzeug gebraucht, sond...