Ich halte die Entscheidung im Ergebnis für zutreffend. Das AG hat es sich allerdings bei der Begründung etwas einfach gemacht.
I. Gebühr für Beratung
Hat der Rechtsanwalt mit dem Auftraggeber nicht – wie in § 34 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt – eine Gebührenvereinbarung getroffen, erhält der Anwalt gem. § 34 Abs. 1 S. 2 RVG "Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts", wobei hier auf die Bestimmungen der § 315, 316 BGB abzustellen ist. Geschuldet wird deshalb die übliche Gebühr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, wobei die für gleiche oder ähnliche Dienstleistungen an dem betreffenden Ort mit Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse gewöhnlich gezahlte Vergütung zu ermitteln ist (siehe BGH NJW-RR 1990, 349). Bei der Bemessung der üblichen Gebühr im Rahmen des § 34 Abs. 1 S. 2 RVG muss festgestellt werden, welche Gebühr die Rechtsanwälte in dem betreffenden Kammerbezirk für gleiche oder ähnliche Beratungen berechnen (siehe Hansens, ZAP Fach 24, S. 997, 998). Feststellungen hierzu hat das AG Siegburg nicht getroffen. Es hat lediglich die Behauptung aufgestellt, die von dem Rechtsanwalt getroffene Gebührenbestimmung sei angemessen.
1. Zu berücksichtigende Umstände
a) Haftungsrisiko
Das AG Siegburg hat den "Streitwert" – mithin den Schadensbetrag, der Gegenstand des Beratungsmandats war – für die Bestimmung des Haftungsrisikos des Rechtsanwalts berücksichtigt. Es ist nicht ganz eindeutig, ob dies überhaupt bei der Gebühr für die Beratung zu berücksichtigen ist. Zwar verweist § 34 Abs. 1 S. 3 RVG auf die entsprechende Anwendung von § 14 Abs. 1 RVG. Nach § 14 Abs. 1 S. 2 RVG kann ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts bei der Bemessung herangezogen werden. Ein solches besonderes Haftungsrisiko dürfte hier nicht vorgelegen haben. Allenfalls kommt die Berücksichtigung des Haftungsrisikos nach der Bestimmung des § 14 Abs. 1 S. 3 RVG in Betracht, die Rahmengebühren betrifft, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten.
b) Gegenstandswert
Zutreffend hat das AG Siegburg den Gegenstandswert nicht für die Ermittlung der üblichen Gebühr herangezogen. Denn die Gebühr für die Beratung bestimmt sich gerade nicht nach dem Gegenstandswert (a.A. unrichtig: AG Stuttgart RVGreport 2014, 304 [Hansens]). Jedoch kann der Gegenstandswert natürlich auch bei dem Kriterium "Bedeutung der Angelegenheit" eine Rolle spielen.
2. Gebühr für erste Beratung
Das AG Siegburg hat die von dem Rechtsanwalt berechnete Vergütung als "Höchstgebühr" angesehen. Dabei hat das AG wohl die Bestimmung des § 34 Abs. 1 S. 3 letzter Hs. RVG im Blick gehabt, wonach die Gebühr für ein erstes Beratungsgespräch höchstens 190 EUR beträgt, wenn der Auftraggeber Verbraucher ist. Diese Begrenzung war hier jedoch nicht anwendbar, da der Rechtsanwalt seine Tätigkeit nicht im Rahmen eines ersten Beratungsgesprächs ausgeübt hat. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt fanden in der Kanzlei des Anwalts vielmehr zwei Gespräche statt.
3. Keine Begrenzung der üblichen Gebühr auf die Vergütung für die Vertretung
Zutreffend führt das AG Siegburg aus, dass die Gebühr für die Beratung nicht zwingend günstiger sein muss als die (gesetzliche) Vergütung für die Vertretung nach Nr. 2300 VV RVG. Die Verweisung auf die übliche Gebühr kann – auch bei Anwendung der sog. Erstberatungsgebühr – im Einzelfall dazu führen, dass die übliche Gebühr für die Beratung höher ist als eine für die Vertretung anfallende Geschäftsgebühr oder eine für ein gerichtliches Verfahren entstehende Verfahrensgebühr in derselben Angelegenheit.
4. Vertretung gegenüber der Haftpflichtversicherung
Die Einholung ergänzender Informationen bei der Haftpflichtversicherung des Kl. dürfte den Rahmen der Beratung überschritten haben. Bei entsprechendem Auftrag dürfte der Rechtsanwalt insoweit im Rahmen eines Vertretungsmandats tätig gewesen sein, wofür die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG anfällt. Das AG Siegburg hat dies nicht problematisiert, zumal die beklagte Versicherung sich nur zur Übernahme der Kosten für die Beratung bereit erklärt hat.
II. Berechnung der Postentgeltpauschale
Das AG Siegburg ist ohne weitere Erörterungen vom Anfall der ebenfalls berechneten Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV RVG ausgegangen. Dies setzt voraus, dass dem Rechtsanwalt zumindest ein einziges Postentgelt bei der Ausführung des Beratungsmandates angefallen ist (so bereits OLG München JurBüro 1970, 242; LG Berlin JurBüro 1985, 1343 für die Vorgängerregelung des § 26 S. 2 BRAGO), was der Kl. hier wohl hätte vortragen müssen. Das kann auch bei einer mündlichen Beratung der Fall sein, wenn etwa der Anwalt im Rahmen des Beratungsgesprächs mit einer Auskunftsperson telefoniert. Auch Telefongespräche mit dem Auftraggeber, auch zur Vereinbarung eines weiteren Beratungstermins, fallen hierunter. Vorliegend könnte ein Postentgelt für die Einholung ergänzender Informationen bei der Haftpflichtversicherung des Kl. angefallen sein, sei dies telefonisch oder auch schriftlich erfolgt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man diese...